Imágenes de páginas
PDF
EPUB

V.

Die

Evangelienhandschrift

zu Cividale.

Von

C. L. Bethmann.

Die alte Evangelienhandschrift des Kapitels in Cividale, von Bianchini 1749 im Evangelium quadruplex abgedruckt und von della Torre ebenda beschrieben, ist im sechsten oder fünften Jahrhundert von einer einzigen sehr schönen und festen Hand in grossen Unzialen geschrieben, in grösstem Quart, in zwei Columnen, mit breitem Rande, auf sehr weissem und feinem Pergamente, das durch Feuchtigkeit schon an vielen Stellen violett und mürbe geworden ist. Eine andere Hand hat im sechsten oder siebenten Jahrhundert in sehr alter Cursiv an vielen Stellen die ganze Hs. hindurch ganz kurze liturgische Bemerkungen an den Rand gesetzt, meist um die Tage anzuzeigen, wo die Evangelien vorgelesen wurden; die bedeutenderen davon gibt della Torre bei Bianchini S. 553 an. Noch später ist eine Verkündigung des Osterfestes und der Fasten eingetragen, in ganz alter runder Minuskel des achten Jahrhunderts, die Ostern auf 17. April und die Sexagesima auf 20. Febr. angibt, also im Jahre 735 oder 746.

Die erste Heimath der Hs. ist völlig unbekannt. Nur aus der mehrfachen Erwähnung der Autentica in einigen vom ersten Schreiber selbst herrührenden Ueberschriften am Rande vermuthet della Torre, dass sie in einer Kirche des Ambrosianischen Ritus geschrieben sei. Wenn er aber weiter dafür Pavia annimmt, so beruht das bloss auf den später zu erwähnenden Inschriften der langobardischen Könige, also auf ganz unhaltbarer Autorität. Ebenso unbekannt ist, wann sie nach Aquileja gekommen. Zu Paulinus' Zeiten war sie noch nicht da, wie della Torre scharfsinnig aus einer Stelle desselben beweist, wo er von der Lesart 'neque filius' sagt, sie finde sich in keiner der alten Hss. seines Kirchenarchivs, während sie in dieser Hs. steht. Wenn della Torre aber weiter vermuthet, weil Theutemer der erste und einzige Patriarch sei, der darin vorkommt, und weil er auch mit K. Ludwig auf der Synode zu Pavia war, so möchte der vielleicht die Hs. von da eben nach jener Synode mitgebracht haben: so ist das völlig ungewiss und hat nicht die geringste Autorität; vielmehr scheint mir durch das fortdauernde Namenseinschreiben glaub

Neues Archiv etc. II.

8

haft, dass die Hs. auch noch nachdem K. Ludwig eingeschrieben, ebenda geblieben ist, wo sie vorher war 1).

Auch das ist nicht gewiss, wo sie sich in Aquileja befunden hat. Della Torre meint, in S. Martin de Belliuna; doch sind keine Gründe dafür. Das 'in hoc monasterio' auf f. 4, wenn es sich auf Aquileja und auf die frühere Heimath der Hs. bezieht, kann nach dem alten Sprachgebrauch auch ebenso gut den Münster, die Domkirche, bedeuten, der sie im vierzehnten Jahrhundert ganz unbezweifelt angehörte.

Auch das ist unbekannt, wann der Glaube entstanden, dass das Evangelium des Marcus sein Autograph sei. Paulus diaconus und der h. Paulinus kennen ein solches Autograph, wie della Torre bemerkt, in Aquileja nicht; also ist dieser Glaube erst nach ihnen aufgekommen. Ebenso wenig erwähnt es das Chronicon Venetum, das den Marcus als Apostel Aquilejas kennt und der Translation seiner 'sedes' erwähnt (SS. VII, p. 4. 5).

Im 13. oder 14. Jahrh. aber veranlasste dieser Glaube einen Patriarchen aus dem Hause della Torre, die sieben Quaternionen des Marcus herauszunehmen und besonders einbinden zu lassen in Silberblech mit seinem und Aquilejas Wappen, wie sie noch jetzt sind. Von diesem vorgeblichen Autograph bekam 1354 Karl IV. die zwei letzten Quaternionen für seine Domkirche in Prag, welche noch dort sind 2); der Rest blieb in Aquileja. Im Jahre 1409 übergaben die Kanoniker von Aquileja wegen der beständigen Kriegsunruhen zu grösserer Sicherheit ihren Schatz zur Aufbewahrung der Stadt Cividale, und damit, nach einem von della Torre gesehenen Inventar auch diese Evangelienhandschrift; im Jahre 1418 auch das Evangelium des Marcus, nämlich die noch übrigen fünf Quaternionen. Letzteres erbat sich 1420 die Republik Venedig von der Stadt, und zwar so nachdrücklich, dass die Stadt es ihr überliess. In Venedig wurde es als Staatsheiligthum in den Schatz von San Marco gebracht, hier aber durch Feuchtigkeit und Mangel an Luft so schnell verderbt, dass schon Montfaucon nicht einmal unterscheiden konnte, ob es Pergament oder Papyrus sei. Jetzt ist es ganz zusammengeklebt, eine unkenntliche Masse. Die Evangelienhandschrift dagegen blieb in Cividale, und kam ans Kapitel,

1) Herr Prof. Sickel sagt in der Hist. Zeitschr. XXVII, 449, dass die Handschrift, so weit er die Herkunft habe verfolgen können, aus dem Kloster Duino bei Triest stamme. W. 2) Beschrieben von Dobrowsky, Fragmentum Pragense Evangelii S. Marci, Pragae, 1778, 4. mit Schriftprobe. Von eingeschriebenen Namen sagt D. nichts. Eine Seite phototypiert in: Zangemeister et Wattenbach, Exempla codicum Latinorum. T. XXXVI.

W.

« AnteriorContinuar »