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Schönfärberei fern liegt, dass derselbe auf Glaubwürdigkeit Anspruch hat.

Endlich aber liegt in dem gegen die Vita vorher gemachten Vorwurfe, dass dieselbe nur Thatsachen gebe ohne pragmatischen Zusammenhang und ohne innere Motivirung, zugleich ein Vorzug; denn zweifelsohne ist ein umfangreicher Bericht von Thatsächlichem zumal aus der Hand eines glaubwürdigen Zeugen für die Geschichtsforschung mehr werth und fruchtbarer als etwa eine ausführliche innere Motivirung weniger Thatsachen, welche weitmehr der Irrthumsfähigkeit des Schreibenden unterliegt und von dessen rein subjectiver Anschauung weit mehr abhängig ist als die Mittheilung der Thatsachen selbst. Gerade bei jenem Mangel war es möglich, dass Wipo auf kleinem Raume ein so ausführliches Lebensbild lieferte; ein Werk, zu welchem alle übrigen Quellen für die Geschichte Konrads II. nur als Ergänzungen hinzutreten können.

§. 6.

Benutzung der Vita.

Bei Wipos Stellung und der Reichhaltigkeit seiner Arbeit wäre es in der That ein eigenthümliches Spiel des Zufalles, wenn die Vita, wie noch Stenzel meinte, im Mittelalter nicht benutzt und ganz unbekannt geblieben

wäre.

Für uns kommen hier zunächst die Annales Sangallenses in Betracht. Nichts stand der Annahme entgegen, dass dieselben ihrem letzten Theile nach erst Mitte des 11. Jahrhunderts, also nach der Vita verfasst seien; nichts nöthigte uns eine beiden Werken gemeinsame Quelle zu statuiren; vieles liess uns eine augenfällige Verwandtschaft beider Quellen erkennen; nach allem haben wir Grund genug anzunehmen, dass von den uns erhaltenen Quellen diese Annalen die erste sind, der die Vita als Vorlage gedient hat. Ferner liegt, wie schon Pertz bemerkte, die Vita der Chronik des Hermann von Reichenau zu Grunde, welcher, wie Papst bewiesen hat, zugleich die Annales Sangallenses mit benutzte. Beides zeigt sich schon in Hermanns Chronicon 1026, wo das 'Italiam totam pene subjugaviť' mit den Annalen und der Vita cap. 12 gleich lautet, das 'ex hac parte Romae' dem 'cis Romam' der Annalen und inhaltlich dem 'omnemque Tusciam' der Vita cap. 15 und die Mittheilung über das Constanzer Bisthum den Annalen entspricht. Zum Jahre 1027 bezeichnet das Chronicon den Ort der Reichsversammlung wie die Vita cap. 15 'apud Ulmam' gegenüber dem Ulme der Annalen, hat aber mit letzteren hinwiederum das 'dedentes deputaviť'

gemeinsam. Hermann füllt auch die Lücke der Annalen zu 1029 mit dem Bericht von Vita cap. 24 aus. Den Todestag des Herzogs Ernst bestimmte Hermann wie Wipo nach den Kalenden. Rudolfs Tod und Odos Anspruch auf Burgund wird Vita cap. 29 und Chronicon 1032 wenigstens mit denselben Prädicaten.. obiit, cujus regnum Odo sororis suae filius invasit erzählt; ebenso erinnert Chronicon 1033 das .. supplex adveniens . . satisfactionem promitteret' an Vita cap. 31. . humiliter adveniens promittens.. satisfacere' und mit dem Zusatze licet ficte' an das 'quamvis ficte' der Annalen. Auch der Bericht Hermanns über die Bewegungen zu Mailand und den Aufstand zu Parma schliesst sich mehr an die Vita als an die Annalen an.

Hundert Jahre nach Wipo schrieb Otto von Freising seine Chronik. Auch ihr liegt für die Geschichte Konrads II.) die Vita Chuonradi zu Grunde, so sehr auch die mehr philosophische Behandlung des Stoffes von Wipos Darstellung abweichen mag. Schon lib. VI. cap. 28 citirt Otto die von Wipo aus dem Tetraloge in die Vita cap. 4 herübergenommenen Verse über die Herkunft der Gisela von Carl dem Grossen; und in der Darstellung des Polenkrieges, den er von Wipo abweichend gleich von Anfang bis zu Ende erzählt, zeigt sich von dem Vita cap. 9 entsprechenden .. Boleslaus. rexque per se vocare molitur' bis zu dem mit Vita cap. 29.. fideliter serviebat huc usque imperatoribus nostris' verwandten Schlusse 'Exhine provincia regibus nostris servire cognoscitur' die Aehnlichkeit beider Berichte in den einzelnen Zügen und nicht selten in der Form. Auch die Berichte Ottos über den Herzog Ernst, über Burgund, wo die dem Orosius entnommene Beschreibung Galliens seine eigene Zuthat ist, und über Italien bestätigen gerade durch die Aufnahme einzelner Züge wie der Geschichte vom Räuber Thasselgard, vom Aufstande zu Parma die Abhängigkeit von Wipos Schrift; und am Schlusse von cap. 31 citirt Otto den Anfang der cantilena Wipos, mit der auch die Vita endigt.

Wenn Wipos historiographische Thätigkeit nun aber über die Abfassung der Vita Chuonradi hinausgegangen, wenn er auch der Verfasser einer Vita Heinrici ist, die Hermann von Reichenau vollendet und mit den Thaten Konrads zu einem Ganzen, 'Gesta Chuonradi et Heinrici imperatorum' verbunden haben soll, dann erstreckt sich nach Papsts eingehender Untersuchung Wipos Einfluss in dritter Linie wenigstens auch auf die Verfasser der Reichsgeschichte 'Annalista Saxo' und der Magdeburger Jahrbücher.

1) Lib. VI. cap. 28-31.

In der späteren Zeit scheint allerdings Wipo unbekannt geblieben zu sein, bis er am Anfange des 17. Jahrhunderts erst wieder an das Licht gezogen wurde, um fortan unter den Quellenschriftstellern des Mittelalters die Stellung einzunehmen, die seinem besonderen Werthe für uns entspricht.

VII

Die Quellen

der Reichenauer Chronik

des Gallus Öhem

und der

historische Werth dieses Werkes.

Von

Oskar Breitenbach.

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