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XIII.

Miscellen.

Einige Bemerkungen

über

die Bibliothek des verstorbenen Sir Thomas Phillipps.

Von R. Pauli.

Die berühmte Handschriftensammlung des verstorbenen Baronet Sir Thomas Phillipps, einst in seinem Landsitze Middlehill in Worcestershire befindlich, wurde noch bei seinen Lebzeiten nach Cheltenham in Gloucestershire übergeführt, in das dem Lord Northwick, einem reichen Mäcen, abgekaufte Thirlestaine House. Es ist ein palastähnliches Gebäude, in Garten und Park gelegen und von hoher Steinmauer umgeben, mit weiten Flügeln, die, zum Theil mit Oberlicht versehen, zur Aufnahme von Galerien und Bibliotheken ganz vorzüglich geeignet scheinen. Hier hat denn auch Sir Thomas seine Manuscripte, Bücher, Gemälde und Curiositäten aller Art bequem unterbringen und sämmtlich, zum Theil geschmackvoll aufstellen können. Hier hat er bei seinem Tode diese Schätze, in die er ein sehr bedeutendes Vermögen gesteckt hatte, zurücklassen müssen. Hier müssen sie unter der Hut seiner Nachkommen noch für geraume Zeit beisammen und durch eigenthümliche Restrictionen der allgemein erspriesslichen Benutzung entzogen bleiben.

Der Verstorbene, ein Sonderling, wie Sammler zu sein pflegen, denen Alles nur auf Besitz, nicht auf Verwerthung unvergleichlicher Schätze ankommt, hatte in seinem Leben auch mancherlei Verdruss erfahren. Ohne männliche Nachkommen muste er erleben, dass seine älteste Tochter eine ihm widerwärtige Ehe eingieng. Er konnte nicht, wie er wohl gewünscht, ihr und ihrem Manne das durch fideicommissarische Bestimmung (entail) auf drei Menschenleben gebundene väterliche Erbe entziehen. Und so befindet sich denn heute der Shakespeare - Kritiker J. Orchard Halliwell - Phillipps im Besitze von Middlehill mit einem Jahreseinkommen von 5 bis 6000 Pfund Sterling. Die Familie der jüngeren Tochter dagegen ist durch ein von Sir Thomas errichtetes anderweitiges

Entail mit den Sammlungen beschenkt, hat aber, da die Mittel behufs Verwaltung derselben nur knapp bemessen werden konnten, Mühe, mit dem Reste des Vermögens auszukommen. In seinem Testament verfügte der Erblasser, dass sein dritter Enkel, welcher gegenwärtig in Oxford studiert, der Erbe sein solle. Nach englischem Gesetz kann an solchen. Verfügungen erst gerührt werden, wenn eine dritte Generation mündig geworden ist. Erst durch eine Uebereinkunft zwischen Enkel und Urenkel also steht eine Abänderung hinsichtlich des Schicksals der Manuscripte und Bücher zu erwarten. Regierung und Parlament vermögen einstweilen Nichts, auch wenn sie die höchsten Summen bieten wollten, um die grossartigen Sammlungen vollständig zu erwerben. Selbst eine vor einiger Zeit an den Lord Kanzler gerichtete Anfrage, eine Menge Doubletten von Incunabeln, frühen und späten Druckwerken, die ich in einem grossen Raume wie Berge aufgeschichtet liegen sah, veräussern zu dürfen, ist bisher ohne Entscheidung geblieben.

Von dem Inhalt und Werth der in Thirlestaine House bewahrten literarischen Schätze kann man sich nur annähernd einen Begriff machen. Der noch von Phillipps selber in mehreren Folgen gedruckte Katalog der Handschriften umfasst 23,837 Nummern, ist aber kaum mehr als eine dürftige Aufzählung der Bände und Hefte, deren verschiedenartige Bestandtheile nur in wenigen Fällen genauer untersucht, bestimmt und beschrieben werden. Es gibt noch eine grosse Menge gar nicht näher angegebenen handschriftlichen Materials, nicht nur ganze Familienarchive, welche Sir Thomas durch seine Agenten und Anwälte bis zuletzt aufkaufen liess, sondern unter zahllosen Fragmenten und Fetzen ungezählte Urkunden älteren und neueren Datums und von vielleicht unberechenbarer Bedeutung namentlich für britische Geschichte. Alle Kisten und Kasten im Hause sind vollgestopft. Ich sah, was zu den allergrösten Seltenheiten gehört, zwei Originalurkunden des Schottenkönigs Wilhelms des Löwen, die eine mit noch anhängendem Siegel in der ursprünglichen Lederka psel. Nach einer im Auftrage der Regierung vorgenommenen Abschätzung allein des handschriftlichen Besitzes durch die ersten diplomatischen Capacitäten Englands ist derselbe in Bausch und Bogen über 200,000 Pfund Sterling werth. Wie mir an Ort und Stelle erzählt wurde, war der verstorbene Baronet mit allen heimathlichen Umgebungen der Art überworfen, dass er im Unmuth äusserte, er möchte die Handschriften am Liebsten durch Schenkung nach Deutschland und zwar nach Berlin vermachen.

Die Druckwerke, im Ganzen 80,000 Nummern, werden gegenwärtig sorgfältig verzeichnet und verständig aufgestellt,

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