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DIE WIEDERVEREINIGUNG

DER LAUSITZ MIT BÖHMEN

(1462).

VON

DR. ADOLPH BACHMANN,

A. O. PROFESSor der österr. GESCHICHTE AN DER K. K. UNIVERSITÄT zu prag.

I.

Eine so mächtige Erschütterung und Umänderung aller inneren Zustände Böhmens, wie sie die furchtbaren Husitenkämpfe mit sich brachten, eine Periode so blutiger Kriege, die anderthalb Decennien hindurch vor Allem des Landes eigene Söhne gegen einander mit wachsender Erbitterung durchkämpften, konnte nicht ohne nachhaltige verderbliche Wirkung auch für die äussere Machtstellung des böhmischen Reiches sein. Thatsächlich bildet die Entgliederung der böhmischen Monarchie Carl IV. den starken Schatten dem hellen Glanze husitischer Tapferkeit und Kriegskunde gegenüber, in dem Böhmen noch Jahrzehnte nach Beendigung der grossen Kriege erstrahlte. Als dann der Friede wieder ins Land kam, freilich erst, nachdem man den Kern der waffentrotzigen Taboritenhaufen auf den Feldern von Lipan begraben hatte, da besassen oder beanspruchten ziemlich alle Grenznachbarn wichtige Theile des Krongebietes. So betonten die Habsburger, ganz abgesehen von ihren Erbeinungen mit dem luxemburgischen Hause, noch 1458 ihre besonderen Anrechte an das wichtige Mähren, die sie auf die Abmachungen Herzog Albrecht V. (König Albrecht II.) mit König Sigmund bei der Vermählung mit dessen Tochter zurückführten; die Wittelsbacher, speciell die von Niederbaiern-Landshut, hielten wichtige Lehen fest, die einst Böhmen in der Oberpfalz angehört

1 Man vergleiche a. A. Palacky, Urkundliche Beiträge zur Geschichte Böhmens 1450-1471, Fontes rer. Austriac. Abth. II. XX (Wien 1860), 146-148, Nr. 152.

hatten; all' den reichen und werthvollen Besitz, den Přemys liden und Luxemburger im Nordwesten von Böhmens Grenze, vom Elbethal bis nach Franken hinauf durch Meissen und Thüringen, erworben, hatten die Wettiner in ihre Gewalt gebracht, ja sogar noch diesseits des Waldes' Brüx und Dux mit ihren festen Burgen, ein unerträglicher Pfahl im böhmischen Fleische, der die Grenzfehde nicht erlöschen liess; 2 die Lausitz aber verwaltete Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg aus dem ruhelos aufstrebenden Hohenzollern-Hause, zwar nur als Vogt, nachdem er die Pfandschaft im Herbste 1448 von den Brüdern von Polenz erkauft hatte, aber nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge mit der fast sicheren Aussicht, das Land in seinen erblichen Besitz zu bringen; kein Wunder, dass der Markgraf einst den Waffengang nicht gescheut hatte, als das gleichfalls nach dem Lande strebende Kursachsen dem nicht ganz correcten Kaufhandel in den Weg trat.3

Doch begannen um die Mitte des Jahrhunderts sich die Verhältnisse zu ändern. Seitdem Georg von Kunstatt auf Podiebrad sich zum mächtigsten Parteiführer in Böhmen emporgeschwungen, seitdem er vor Allen als allseitig anerkannter Gubernator die Gegner gebändigt, das Land zum Frieden gebracht, die Kraft des Königreiches verfügbar geschaffen hatte für eine energische Action nach aussen, schien auch die Zeit gekommen, die verlorenen Gebiete für die Krone wieder zu

1 Ebendort 190-191, Nr. 194; 192-194, Nr. 198-200. Dieselben Actenstücke vollinhaltlich bei v. Stockheim, Urkunden und Beilagen zur Geschichte Herzog Albrecht IV. 1459-1465, Leipzig 1865, 117-119, Nr. XIX; 133-134, Nr. XXIV.

2 Die Lehen sind aufgezählt bei Müller, Reichstagstheatrum unter Friedrich V., Jena 1713 ff., I. 537 ff. Eine weitere Aufzählung mit speciellem Nachweise des Besitztitels der Wettiner (nach Allem für die Verhandlungen zu Eger, April 1459, gefertigt) fand ich im kgl. sächs. Hauptstaatsarchive zu Dresden, Cop. 1317, fol. 267, 270.

3 K. v. Weber, Archiv für die sächs. Geschichte X. 257. J. G. Droysen, Geschichte der preuss. Politik, 2. Aufl., Leipzig 1869, II. 1. 84 ff. Vgl. auch H. Knothe, Geschichte des Oberlausitzer Adels, Leipzig 1879, 422 Hans von Polenz, der sich als tapferer Anhänger König Sigmunds während der ganzen Dauer der Husitenkämpfe um diesen so grosse Verdienste erwarb, dass ihm die Vogtei der Niederlausitz auf eine Forderung von 7800 Schock Gr. verpfändet ward, ist auch der glückliche Vertheidiger Karlssteins gegen die belagernden Prager 1421. Vgl. zuletzt W. W. Tomek, Johann Zižka, Prag 1882, 155 ff.

gewinnen. Und schon war damit begonnen, war in wiederholten Feldzügen Brüx den sächsischen Herzogen abgerungen worden (1456), als die Erhebung des Gubernators auf den plötzlich verwaisten Thron Böhmens derlei patriotischen Wünschen neue Gewähr lieh, die stolze Hoffnung erregte, nun sei die Wiedereinbringung aller einst böhmischen Gebiete, die brandenburgischen Marken nicht ausgenommen, nur eine Frage der Zeit. Und der König machte Miene dazu. Er begegnete dem Versuche der Habsburger, in Mähren sich festzusetzen, 2 mit einem verheerenden Kriegszuge, er betonte in Landshut mit aller Entschiedenheit seine Ansprüche an die oberpfälzischen Städte und Schlösser, und mit schwerer Sorge vernahmen die sächsischen Brüder jede Kunde über Aufgebot und Truppenansammlung in Böhmen, dessen Schaaren in Folge ihrer feindlichen Haltung gegen den,Uffgeruckten zu Prag jeden Moment über das Grenzgebirge vorbrechen konnten.5

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Es kam aber doch völlig anders. Nur zu gut erkannte der neue Böhmenkönig, dass er bei Verfolgung jener Restaurationspolitik, wie sie der national-böhmische Standpunkt begehrte, in schwere Kämpfe mit den Wittelsbachern, Wettinern und den mit diesen verbrüderten Hohenzollern verwickelt werden müsse, ja nach Allem in einen Krieg gegen Alle zu gleicher Zeit, da sie trotz der tiefen Spaltung zwischen Markgraf Albrecht von Ansbach und Herzog Ludwig von Niederbaiern auf dem Nürnberger Tage, im Herbst 1458, sich gegen ihn verständigten. Dagegen gingen des Königs Wünsche

1 Urkundl. Beiträge in den Fontes rer. Austriac. XX. 151–152, Nr. 156. Im Uebrigen vgl. man Palacky, Gesch. v. Böhmen, IV. 1. v. 1. und mein Buch Ein Jahr böhm. Geschichte', Archiv f. österr. Gesch. LIV. (Wien 1876), 142.

2 Fontes rer. Austriac. XX. 146-148, Nr. 152 a. a. O. Kürschner, Jobst von Einsiedel und seine Correspondenz mit der Stadt Eger, 21, Nr. 7. Archiv f. österr. Gesch. XXXIX (Wien 1867).

3 Darüber zuletzt H. v. Zeissberg, Der österr. Erbfolgestreit nach dem Tode des Königs Ladislaus Posthumus, Archiv f. österr. Gesch. LVIII. 1. Hälfte (Wien 1879), 147 ff.

4 Vgl. v. Stockheim 1. c.

5 Urkunden und Actenstücke zur österr. Gesch. 1440-1471, Fontes rer. Austriac. Abth. II. XLII (Wien 1879), 241--245, Nr. 171 und 172.

6 Vgl. A. Kluckhohn, Ludwig der Reiche von Baiern-Landshut, Nördlingen 1865, 38-89; mein Buch Böhmen und seine Nachbarländer 1458 bis 1461', Prag 1878, 26-27.

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