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Während Sporeno den diplomatischen Gedankenaustausch zwischen Rom und Innsbruck vermittelte, fand sich nun wieder, Mai 1576, ein päpstlicher Gesandter bei Ferdinand ein, um die Sache womöglich ins Reine zu bringen. Es war dies Cardinal Morone, der eben auf der Reise zum Reichstag nach Regensburg begriffen war. Morone war dem Erzherzog persönlich befreundet und hatte sich, wie wir sahen, schon früher der Sache Ludwigs angenommen. Er versicherte Ferdinand der gnädigen Gesinnung des Papstes, der auch geneigt sei, den Andreas ins Cardinalscollegium aufzunehmen, und verlangte dagegen die Eingabe der Temporalien an Ludwig. Der Erzherzog erklärte sich hiezu bereit, wenn der Speirer Vorschlag unverändert angenommen werde, aber Trient müsse diese Annahme mit unzweideutigen Worten versichern. In einem einzigen Punkte konnten sich Morone und Ferdinand nicht vereinigen, nämlich in jenem über die vom Bischof zu leistenden Hilfen. Allein in der Erwartung, dass man wohl auch hierin noch zusammenkommen werde, reisten Beide nach Regensburg, um hier vor dem Kaiser mit dem Trientiner Bevollmächtigten, der auch dahin berufen ward, den letzten Schlussstein zum Ausgleiche zu legen.

Maximilian hatte seit der Fällung seiner Sentenz, vom Papste dazu ermuntert, 2 seine Ausgleichsversuche fortgesetzt, aber bis zum gegenwärtigen Zeitpunkte ohne Resultat. Er hatte neue Verhandlungstage anberaumt und den Erzherzog zur Beschickung derselben aufgefordert, aber dieser hatte die.

Trient; möglich, dass Cardinal Ludwig selbst ihre Bekanntmachung beschleunigte. Tremeno interpellirt schon am 15. December 1575 den Erzberzog, ob es wahr sei, dass seine Aussöhnung mit Ludwig durch die Verleihung der Bisthümer Münster und Bamberg an Andreas erwirkt werden sollte, und erklärt, die österreichische Partei sei darüber nicht wenig bestürzt,intendendo raggionarsi cosi fra li Madruceschi della reputazione et negotii di V. Alt. et questo istesso rispetto ha mosso ancor me a darne ragvalio a V. Alt. St.-A. Abth. Schlögl Nr. 488. So ähnlich schreibt Balduino an den Erzherzog: Man sagt hier, ,che sua Santa vincerà con tante sorte di benefici (eine Anspielung auf das Cardinalat) et favori V. A. che disponera a suo modo di questa città a favore del cardinale' etc. Ferd. Versieg. Schreiben Nr. 332.

1 St.-A. Abth. Schlögl. Nr. 489 und Ferd. Miss. von Sporeno Nr. 83.

2 Theiner, Annal. eccl. II. 178,postulamus, ut illud quam celerrime fieri poterit, explices'; so drängte Gregor den Kaiser.

Archiv. Bd. LXIV. II. Halfte.

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Bestellung eines Gesandten wiederholt für überflüssig erklärt. da man ja seinen Standpunkt kenne, den er festzuhalten entschlossen sei. Aus den Erklärungen, die beide Parteien dem Kaiser gaben, konnte derselbe nicht wohl auf eine friedliche Entscheidung hoffen; so recapitulirte Ludwig nochmals in einer an ihn gerichteten Schrift, dass das Stift mit der Grafschaft Tirol höher nit verbunden sein kann als allein mit lieblicher und bestendiger Verbindung desjenigen, so der Kirchen Freiheit nit zuwider', also auf Grund der Verträge der letzten hundert Jahre, während Ferdinand auf unbedingter Anerkennung der ältesten Verträge bestand. Um so angenehmer mochte jetzt die Kunde den Kaiser berühren, dass Ferdinand nun selbst zum Reichstage kommen wolle, um hier die Unterhandlungen zu Ende zu führen. Als Rathgeber und eventuell als Bevollmächtigter begleitete den Erzherzog sein Vicekanzler, der in der Trientiner Sache wohlbewanderte Dr. Holzapfl.'

Aber schnell verdüsterten sich in Regensburg wieder die Aussichten auf eine friedliche Lösung. Wie nämlich Cardinal Ludwig bemerkte, dass der Erzherzog, um die Erhöhung seines Sohnes zu erlangen, mit sich handeln lasse, so versuchte er es sogleich, den Bogen noch strenger zu spannen. Sein Gesandter beim Reichstage gab die Erklärung ab, dass man sich auf den Speirer Vertrag keineswegs einlassen könne. denn derselbe enthalte eine ganze Reihe unannehmbarer Punkte: der narrative Eingang des. Tractates, die mit den betreffenden Datums versehene Aufzählung der alten Verträge, die Forderung persönlicher Eidleistung, jene über die bischöflichen Hilfen, über die Eingabe von Bonconsilio, über die Aufnahme des Vertrages in die Statuten der Domherren, über die Hauptleute, über die Sedisvacanz und endlich die Clausula reservatoria das Alles wurde als drückend und verwerflich bezeichnet. Diesem neuen Anlaufe Ludwigs fehlte auch nicht die Unterstützung Roms. Des Erzherzogs einflussreicher Beichtvater Johann Cavalerii erhielt von Gregor den gemessensten Befehl, seine Beredsamkeit zu Gunsten des Stiftes aufzubieten

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1 Dass der Erzherzog selbst nach Regensburg ging, wird wahrscheinlich gemacht aus St.-A. Ferd. Nr. 399. Vgl. Haeberlin, Neueste deutsche Reichsgesch., 10. Bd., p. 5. Die Gegenwart des Erzherzogs bezeugt der Abschied des Reichstags. Siehe Reichstagsabschiede 1692, p. 866.

und kam demselben auch unverzüglich nach, und an Ferdinand selbst erging ein päpstliches Breve, worin ihm in den wärmsten Ausdrücken zugesprochen und das Heil der Kirche nahegelegt ward. Auch die Regierung in Innsbruck gab ihr Gutachten dahin ab, dass man die meisten von Trient beanständeten Punkte fallen lassen sollte oder sie wenigstens der kaiserlichen Entscheidung anheimstelle; der Hofkanzler mahnte ausserdem noch den Erzherzog in einem eigenen Schreiben 2 zur weitestgehenden Nachgiebigkeit, denn wenn der Streit noch weiter fortdauere, so würden desto mehr ,andere E. F. D. bewisste Sachen dadurch verhindert. Ferdinand aber war von dieser Haltung Trients nicht blos überrascht, sondern auch sehr erbittert. Er verliess bald den Reichstag (ob in Folge dessen, ist ungewiss), liess aber nicht lange auf eine Antwort gegen die Einwürfe seines Gegners warten. Dem Kaiser gegenüber erklärte er vor Allem sein grosses Erstaunen, wie man sich nach den mit Morone in Innsbruck gepflogenen Verhandlungen erkühnen könne, auf solche Bedingungen zurückzugreifen, wie sie nur zur Zeit des Beginnes des Streites, bevor noch irgend ein Vergleichsversuch gemacht worden, gehört worden waren; besonders aber bekam Morone heftige Worte zu hören, dem er geradezu vorhielt, man müsse annehmen, dass dessen scheinbar entgegenkommende Haltung in Innsbruck überhaupt nie aufrichtig gemeint gewesen sei.3

St.-A. Ferd. Versieg. Stücke Nr. 332, 18. August 1576, und Pestarch., I. 1, 27. Juli 1576. Dem Sporeno gegenüber äusserte sich Gregor über den Erzherzog schärfer; er fand das Zurückgehen auf die Speirer Notl unbillig. Ferd. Miss. von Sporeno Nr. 83, 3. August 1576.

2 St.-A. Ferd. 305, 3. Juli 1576.

3 Der Erzherzog sagte ihm, er sei jetzt geneigt zu glauben,aliquid fraudis in ea tractatione (in Innsbruck) subesse'. Zur Illustration der Stimmung Ferdinands gebe ich ein Bruchstück aus einem Schreiben desselben an Morone: Während ich glaubte, dass die Sache ruhig in der Entscheidung des Kaisers liege, ,ipse cardinalis Madrucius aut ejus legitimi procuratores novis quibusdam suis commentationibus istud negotium conturbarint imo vero, quod certe minime futurum putabamus, ad totius sacri Romani imperii ordines ac status ambitiose detulerint, verbis amplificaverint et ad respondendum nos coegerint, quae res magnam expediendae causae moram adferat simul et nobis in eo aliquam injuriam faciat, non tamen ob eam causam usque adeo commovemur ut ab iis, quae principem virum maxime deceant, desistere velimus' St.-A. Abth. Schlögl Nr. 489, 20. September 1576.

Morone suchte zwar durch freundliche Worte den Unmuth etwas zu dämpfen, ja er brachte sogar den Vorschlag wieder in Anregung, der unter sonstigen Verhältnissen für den Erzherzog am meisten Reiz gehabt hätte, nämlich die Resignation Ludwigs zu Gunsten des Andreas, aber das Vertrauen war vorläufig verscherzt; nur das Eine erklärte der Erzherzog, dass er, wenn es trotz des Vorgefallenen nochmals zu freundlichen Verhandlungen kommen sollte, nichts von dem zurücknehmen werde, was er bisher bereits, in Vielem nachgebend, dem Papste zugesagt hatte.

Der trientinische Gesandte aber bekam eine unbedingt abweisende Antwort. Gleich darauf reichte derselbe seine Klageschrift gegen den Erzherzog beim Reichstage ein, verlangte die unverweilte Uebergabe der Temporalien an den Cardinal und bestritt die Rechtmässigkeit der Sequestration, da man dasjenige nicht rechtmässig sequestriren könne, was Einem rechtlich gehöre, wenn es auch ein Anderer bestreite. In ausführlicher Deduction wurden alle 14 Punkte des Speirer Vertrages angegriffen und zurückgewiesen.2 Holzapfl säumte nicht mit einer widerlegenden Antwort. 3

Man steht mit einiger Verwunderung vor dieser unerwarteten Wendung. Trient zeigte auf einmal eine Energie, wie sie uns während des ganzen bisherigen Verlaufes nicht begegnete. Das Staunen muss sich noch vergrössern, wenn wir keinerlei Weisung des Cardinals zu dieser Wendung und ebensowenig irgend welche neue innere Motive dazu finden können. Wir werden uns zur Erklärung derselben mit dem begnügen müssen, worüber uns ein Brief Ferdinands an den Kaiser belehrt. Er beklagt in demselben die ihm so feindliche Haltung des Madruzischen Gesandten in Regensburg, Dr. Alberti, von dem er ausdrücklich hervorhebt, dass er ohne jeden

'Holzapfl berichtet diesen Vorschlag Morone's dem Erzherzoge mit dem Beisatze: Ich schreibe das nur, damit man es wisse, wenn Morone wieder nach Innsbruck kommt, dann ich weiss dieser Nation Branch ziemlich und will noch der Zeit nit viel darauf halten. St.-A. Abth. Schlögl Nr. 489, 28. Sept. 1576.

2 Ibid. und Schatzarch., Rep. VI. 777.

3 Freilich nur nothgedrungen; denn dass dem Erzherzog die Verhandlung der Streitsache vor den Reichsständen nicht gelegen kam, das zeigt das oben angeführte Citat aus seinem Brief an Morone.

Auftrag des Cardinals auf eigene Verantwortung hin den Streit vor die Reichsstände gebracht und durch seine Machinationen deren ungünstige Entscheidung erwirkt habe.1

Die Sache lag also jetzt bei den Reichsständen. Es ist aber zu bemerken, dass es sich hier nicht um eine meritorische Behandlung der ganzen Rechtsfrage handelte, sondern nur um die allerdings vom Kaiser schon entschiedene possessorische Klage und die darüber gefällte Sentenz, deren Aufhebung zu erwirken von Seite Trients,supplicationsweise die Intercession des Reiches durch diesen Schritt Alberti's angerufen war.

In diesem Sinne gingen denn auch die Stände an die Behandlung der Sache. Bereits am 1. October überreichte der Reichsrath dem Kaiser sein Bedenken' in dieser Angelegenheit, worin er ersuchte, die Sequestration aufzulassen und dem Bischof das Stift zu übergeben, der ein Stand des Reiches sei, wenn ihn auch der Erzherzog in den Reichsanlagen vertrete; durch die Aufhebung des Sequesters, sagte die Schrift der Stände, werde keiner von den streitenden Theilen präjudicirt, der Kaiser möge im Weiteren,die Hauptsach des Stritts durch rechtliche Mittel entscheiden' und dabei im Auge behalten, dass dieser Streit auch die Interessen des Reiches berühre. Nebstbei erklärten die Stände, die Auslegung der Clausula reservatoria von Seite des Erzherzogs sei zu weitgehend, es genüge für den Bischof die Bestätigung der Verträge der letzten hundert Jahre.

So gross die Befriedigung Alberti's über diesen seinen gelungenen Coup war, so verstimmt war man darüber in Innsbruck. Alberti verliess gleich nach der ständischen Entschei

1 Ibid. 7. December 1577. Daraus erklärt sich auch die starke Animosität des Erzherzogs gegen Alberti und dessen Geschlecht. Als es sich um die Besetzung eines Pflegamtes auf dem Nons durch den Kaiser handelte, erklärte ihm der Erzherzog, er möge es einem Beliebigen verleihen, nur keinem Alberti. Ein dem Dr. Alberti übertragenes Geschäft war ihm übrigens vom Erzherzog schon in dem Augenblicke abgenommen worden, als derselbe die Vertretung des Cardinals bei den ersten Verhandlungen übernommen hatte. St.-A. Entb. und Bef. 1569, fol. 938.

2 St.-A. Wolkenst. Cod. fol. 108, Brixener Arch. XXIX, 6 E, Ferd. 305. Dieses Bedenken der Stände ist in den Historien des Reichstages von 1576, soweit ich die Literatur kenne, nirgends verzeichnet. Haeberlin X. 319, erwähnt nur im Allgemeinen der Sache, nämlich von der Klage einer (nicht genannten) Privatpartei gegen den Erzherzog.

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