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Vipera berus Daud.

Eine ethnologisch-faunistische Skizze.

Von

A. Treichel.

Von giftigen Schlangen kommt für unsere Gegend die Kreuzotter, Vipera berus Daud., nach meinen Ermittelungen in Westpreußen vielfach vor. Bestätigt ist mir ihr Vorkommen aus dem Kreise Berent um Gr. Paglau und dem nahen Schweinebude bei Schöneck, um Orle (Wald Novinna) und dem nahen Czernikau, aus dem waldreicheren Kreise Carthaus aus Tokkar, Warzenko und im Forstbelaufe Bülow, um Carthaus selbst, sowie in den Forsten um Neustadt. Sehr zahlreich sollen sie vorkommen im Forstrevier Lindenberg bei Schlochau.

Je nachdem ist ihr Vorkommen daselbst häufig, selbst massig, vereinzelt oder mehrmals oder selten.

Mit ihr hat die glatte Natter, Coronella laevis, in Farbe und Aussehen, wie im Benehmen eine gewisse und häufig zu Verwechselungen Anlaß gebende Aehnlichkeit.

Nach meinen Meldungen bewohnt sie besonders Buchenwald oder diesen in Gemisch mit Eichenbestand, aber auch Kiefernwälder. Auch liebt sie Gebüsch und Gesträuch oder kommt in Schonungen vor, also Waldboden mit Laub. Auch findet sie sich in größeren Torfbrüchern, die mit der Drunkelbeere (Vaccinium uliginosum L.) oder mit niedrigerem Farrenkraute, meist Aspidium Filix mas Sw., daher auch Schlangenkraut genannt, bestanden sind. Ebenso findet sie sich in Roggenfeldern auf Neuland, wahrscheinlich weil das nachschießende Farren ihm Nässe und Deckung giebt. Häufig wird sie hier

von den Sensen der Mäher durchgeschnitten oder mit den Garben, in welchen sie sich verkriecht, zusammen auf die Fuder geladen und zur Scheune gefahren, wo sie beim Abstaken schleunigst in dem übrigen Korn verschwindet.

Während sie in den Niederungen auf Moor oder aufgelagertem Sande vorkommt, wird der Untergrund ihrer Berge oder Hügel meist aus Lehm bestehen und zieht sie hier die Abhänge mit Insolation vor.

Namentlich geschieht dies über Mittag, wenn sie sich sonnt, meist in den Monaten Juni bis August (Erntezeit). Um Neustadt wird sie häufig beim Excursioniren angetroffen und mit Stöcken erschlagen. Im Zustande des Winterschlafes ist sie hier niemals in Mehrzahl zusammengedrängt gefunden worden.

Die jungen und kleineren Thiere haben meist am Bauche eine blaugrüne Färbung. Einfarbig schwarze Thiere sind niemals beobachtet.

Verletzungen an Thieren durch Bisse sind mir nur von Kühen gemeldet. Die Bisse brachten ein starkes Geschwulst bis zur Grösse eines Eimers hervor, ohne daß die Stücke crepirten. Schafe wurden in Czernikau gebissen, ohne daß ich nähere Angabe über den Verlauf machen könnte. Von gebissenen Hunden oder Geflügel hörte ich nichts.

Die Anzahl der gebissenen Personen ist nicht anzugeben, weil die meisten Fälle nur in kleinerem Kreise bekannt werden. Ungereizt soll die Kreuzotter nicht verwunden. Vielfach werden getroffen barfüßige Schnitter auf den Feldern oder Kinder beim Beerensuchen. Der Stich soll sich kurz und nicht empfindlich anfühlen, wie wenn man auf ein kleines Aestchen tritt. Der Verlauf ist das allmähliche Anschwellen des ganzen Körpers, auch das Schwarzwerden der Biẞstelle. In den mir bekannten Fällen wurden die Menschen gesund, selbst ohne Arzt, ohne daß ein Siechthum zurückblieb. Es ist möglich, daß besondere Umstände der Jahreszeit, des Lebensalters oder der körperlichen Beschaffenheit auf die Folgen der Verwundung Einfluß haben.

Welche Gegenmittel wurden bei der Behandlung angewandt? Nach guter Instruction für die Arbeitsleute ist augenblicklich das Beste ein sofortiges Aussaugen des Giftstoffes durch einen Kameraden, der aber gesunde, d. h. heile Lippen haben muss; das Gift selbst greift den Magen nicht an, selbst wenn man es nicht ausspuckte. Aerztliche Mittel sind das Aetzen mit einem Glüheisen und desinficirende Behandlung mit starker Carbolsäure. Ueber die volksthümlichen Mittel spreche ich zum Schlusse.

Besondere Maßregeln zum Zwecke der Verminderung ihrer Zahl bestehen leider nicht, wie also Prämien auf ihren Fang. Als Feinde und Nachfolger der Kreuzotter sind hier bekannt der Storch, der sie hinunterschluckt, und der Igel, Erinaceus, dem ihr Gift auch nichts schaden soll, wie auch selbst ätzende Sachen an seiner Widerstandsfähigkeit spurlos vorübergehen. Vom Storch sagt man, daß er sie erst mit einem seiner Flügel reize, welchem die Kreuzotter durch Einbiß erst ihr Gift verspritzen müsse.

Die volksthümlichen Mittel hängen vielfach mit dem Aberglauben zusammen; doch greifen selbst vorurteilsfreie Leute in der Noth zu ihnen, bis sie die Hülfe des Arztes genießen können, was immer als das Beste gelten muß. Andererseits werden die gewöhnlichen unschädlichen Schlangen in der Anschauung des Volkes mit ihnen zusammengeworfen, so daß ich beide Arten auch hier für den Aberglauben nicht trennen mag. Ostpreußische Beiträge sind entnommen Frischbier's „Zur volksthüml. Naturkunde" in Altpr. M.-Schrft. Jg. XXII. 1884.

1. Die Eidechse ist der Vorbote der Schlange: wo erstere sind, trifft man auch bald Schlangen. (Saalfeld, E. Lemke.) 2. Vor Marien (25. März) kommen die Schlangen nicht aus der Erde.

3. Einer vor Marien gefundenen Schlange soll man den Kopf abschlagen und den Rumpf in die Krippe der Pferde einbohren, damit sie gut fressen und immer im Stande sind. (Kr. Carthaus.)

4. Legt man eine Schlange in einen Ameisenhaufen, so sollen die Ameisen davon sterben.

5. Eine vor Aufgang der Sonne zu zu tödten versuchte Schlange (oder Wurm) muß bis zu ihrem Untergange fortleben, selbst wenn sie in Stücke gehackt ist. (Kr. Carthaus.)

6. Man soll die (giftigen) Schlangen besprechen können, damit sie nicht beißen können. (Auch Saalfeld.) Ein Besitzer im Carthäuser Kreise vermag ohne Schaden jede Schlange in die Hand zu nehmen. Um Saalfeld siechte ein Kind und starb, weil die Mutter ihm die geliebte Schlange, der es immer zu essen gab, erschlagen hatte.

7. Die Schlange soll nach dem Bisse crepiren, weil ihr Zahn (? das Giftsäckchen!) abbricht.

8. Nach dem Bisse muß die Schlange schnell in's Wasser schlüpfen, um nicht zu sterben. (Ostpr.)

9. Wird die betr. Schlange nach dem Bisse sofort gefunden, so soll man ihr den Kopf abschneiden, diesen quetschen und auf die Wunde legen, um deren Gefährlichkeit zu vermindern.

10. Der von der Schlange gebissene Mensch soll nicht unter Dach" kommen.

11. Es wird am kühlen Orte eine Grube in die Erde gegraben und diese mit Buttermilch ausgefüllt, in welche der leidende Theil fortwährend hineingesteckt wird. Eine solche Kur führte in einem Falle zum Ziele, in einem anderen aber nicht. In Ostpr. (Saalfeld: Volksth. E. L.) heißt's: man soll Tag und Nacht, in Betten verpackt, dabei vor der Thüre liegen bleiben. (Vergl. No. 10.) Dies dauert neun Tage lang oder 24, auch 48 Stunden lang oder auch noch anders. Auch wird empfohlen, die Buttermilch öfters zu erneuern und in dieselbe Kröten, im Nothfalle auch Frösche hineinzusetzen, damit diese das Gift aussaugen.

12. Der Biß wird auch besprochen, damit die Geschwulst nicht höher geht.

13. Die Blindschleiche, auch Padalitz, nach dem poln. Padalec (von padać, fallen), volksthümlich beschrieben als ein Thier

von gelbem Aussehen, mit 9 Augen, aber blind, viel giftiger wie die Schlangen, bringt durch ihren Biß dem Menschen neun Wunden bei; alle Jahre,,fällt ein Loch aus" und heilt auch zu; heilt im neunten Jahre das letzte zu, so muss der Mensch sterben. (Kr. Carthaus; auch um Saalfeld und Rauschen im Samlande in Ostpr.)

14. Mährchen: Ein von der Kreuzotter gestochener Junge schneidet sich selbst die Wundstelle aus und legt das Absceß auf einen Stein, wo es alsbald so groß aufschwillt, wie ein Brod; der Junge haut mit seinem Stocke hinein und von der zerplatzten Masse fliegt ihm ein Stück in den Mund, so daß er daran sterben muss. (Kr. Carthaus.)

15. Die Schlangen haben einen König und versammeln sich gern in grosser Menge um ihn. Der Schlangenkönig trägt eine goldene Krone, welche demjenigen, der sie entwendet, viel Glück bringt; sie kann aber auch für viel Geld verkauft werden. Es ist jedoch sehr mißlich, den Schlangenkönig also zu kränken; die Schlangen verfolgen den Dieb, so daß er sich sehr vor ihnen in Acht nehmen muß. (E. Lemke; Saalfeld.)

16. Schlangenfett ist Oleum jecoris flavum und wird in den Apotheken als Heilmittel gekauft. (Frischbier: Z. volksth. Naturk.)

17. Nach Woyt's, öffentlichen Lehrers der Arzneikunst zu Königsberg, Notirungen im Gazophylacium (12. Aufl., 1746), heilt das Kraut von Potentilla silvestris Neck. oder Tormentilla Schrk. äußerlich die Natter- und Schlangenbisse.

18. Nach Fr. v. Thielau's Beobachtungen zu Schübeler's Pflanzenwelt Norwegens (S. 14) ist in Schweden und Norwegen noch heute mancher Bauer vollständig davon überzeugt, daß man mit Hülfe eines Haselstockes das Gift der Natter unschädlich machen könne (aber wie?), welcher Glaube am Schluße des 17. Jahrhunderts sogar von den Gelehrten getheilt wurde.

19. Da Besprechen jede magische Formel ist, wodurch eine Kraft gebunden werden soll, wobei es lediglich auf die Intention des Willens ankommt, also Thiere und Menschen besprochen

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