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seinen persönlichen Verhältnissen geschah ihm keine Förderung, und da ihm auch keine Aussicht auf das Kommando eines Regiments gemacht wurde, so wandte er sich nach schwerem Entschluß an unsern König, welcher an ihn bereits früher Anfrage wegen Uebertritts in preußische Dienste hatte ergehen lassen. Der König (England) -Kurfürst Georg III. gewährte ihm lakonisch den Abschied: „Wir ertheilen dem Oberstlieutenant Scharnhorst die nachgesuchte Dimission" und so entließ Hannover den größten Mann und besten Bürger, den es besaß. Für die Geschicke Deutschlands aber wurde dieser unendlich folgenreiche Bund zwischen dem preuBischen Könige und seinem zukünftigen Kriegsminister von höchster Bedeutung, das geschah im Jahre 1801.

Als Oberstlieutenant des in Berlin unter dem Befehl v. Tempelhofs garnisonirenden 3. Artillerie-Regiments wurde Scharnhorst angestellt. Der König hatte geäußert, er habe ihn für die Theorie der Artillerie bestimmt, welche nach seiner Ueberzeugung etwas vernachlässigt sei. Glänzender konnte diese Mission nicht gelöst werden, als sie Scharnhorst durch sein klassisches Werk: „Handbuch der Artillerie" erfüllte. 1804 erfolgte die Herausgabe des ersten Theiles; im September 1806 inmitten aller Unruhe schrieb er zu Göttingen die Vorrede zum zweiten Theile und im Jahre 1809 folgte der dritte Theil. Nach vierzig Jahren ist der herrlichen Arbeit die überraschende Anerkennung zu Theil geworden, ins Französische übertragen zu werden. Unvergleichlich und neu war die induktive Methode der Darlegung und unübertroffen die belebende Weise der historischen Verflechtung. Aber auch den Reformen für das Heer und für die taktischen Fragen war sein strebender Sinn in Eifer zugewendet und viele seiner Vorschläge, wie z. B die Verwendung des dritten Gliedes zum Schützengefecht gewannen die Billigung des Königs. Noch waren die Zeiten der Durchführung solcher nicht günstig, aber lehrend vermochte er sie in weitere Kreise und besonders in die jüngere Generation zu pflanzen. Schon 1801 stiftete er die militärische Gesellschaft zu Berlin, welche noch heute auf den Scharnhorst'schen Grundlagen fußt, mehr auf eigene Bildung und gegenseitige Belehrung, als auf Vervollkommnung der Wissenschaft gerichtet. 1804 wurde er Direktor der Akademie für die Offiziere, einer Umbildung der bereits von Friedrich dem Großen gegründeten Berliner Schule, doch in ihrer Erweiterung einer völligen Neuschöpfung ähnlich. Dies ist der fest gebliebene Boden der heutigen Kriegakademie. Hier wurde die segensvolle Stätte der Vorbildung jener Männer, welche neben den großen Heerführern den Glanz der rühmlichen Thaten der Befreiungskriege dem preußischen Heere wiederbrachten: v. Clausewitz, v. Boyen, v. Bülow, Grafen zu Dohna, v. Grolmann, v. Kleist, v. Rühle, v. Rohr, v. Schack u. A. Als Generalquartiermeister-Lieutenant machte er mit seinen Kriegsjungern im Jahre 1804

eine ausgedehnte Generalstabsreise in Brandenburg, Hannover und Hessen. Auf sein Ansuchen war ihm auch der Adel verliehen, „im Hinblick auf seine Söhne, welche sonst in der preußischen Armee nicht gut avanciren würden."

Aus dem unglücklichen Kriege sagt der Herr Vortragende sehr treffend: „Die Gründe des Verlustes der Schlacht von Auerstädt und der Schlacht bei Friedland sind in der Beschränkung der Thätigkeit Scharnhorsts, die des Gewinnes der Schlacht bei Pr. Eylau aber in der unbeschränkten Entfaltung seiner Leistung zu suchen." Nach seiner Gefangennahme in Lübeck gegen den General Gérard ausgewechselt, sendet ihn Blücher, dessen aufrichtigste Hochschätzung und ganzes Vertrauen er gewonnen, mit dem Bericht über die immerhin mannhafte Affaire von Ratkau zum Könige, welchen Scharnhorst am 8. December in Wehlau erreicht. Phull, der älteste Generalquartiermeister-Lieutenant, war in russische Dienste getreten. „Dies zu thun ist wider mein Gefühl, so lange der König noch einen Soldaten hat," schreibt Scharnhorst an seine Tochter Julia, und wahrlich als der treueste Diener und Berather seines Kriegsherrn hat er sich bewährt! Doch Generalquartiermeister wollte er jetzt nicht wieder werden; „er hatte die undankbare Rolle eines Generalstabs-Chefs, der, wenn es gut ging, für den Ruhm seines Generals arbeitete, wenn schlecht, der allgemeine Sündenbock wurde, gründlich satt." Friedrich Wilhelm III. suchte einen Ausweg, indem er den Obersten Scharnhorst dem General v. L'Estocq als Gehilfen zuwies, daß er den General, der schon die Schwächen des Alters fühle, auf alle Art unterstützen möchte. An Verdruß und Kränkungen sollte es ihm freilich in seinem redlichsten und einsichtsvollen Bemühen auch hier nicht fehlen. Schon früher hatte seine Persönlichkeit viele Anfechtungen erfahren: er wäre kein strammer Militär, hatte es gehießen, und es liegt wohl eine berechtigte Bitterkeit, wenn Scharnhorst einmal sagt: Erlangte Kenntnisse werden nicht belohnt, nur von wenigen geachtet, erwecken Neid und dienen selten zur Beförderung des äußerlichen Glückes; Arndt sagte: er schlendere unsoldatisch einher und Napoleon nannte ihn später wegwerfend einen Göttinger Professor, der die Franzosen hasse; selbst General v. Höpfner sagt, allerdings unter aller Anerkennung, daß ihm die Natur fehle bei Berathungen seiner Anschauung augenblicklich wirksamen Nachdruck zu geben. Nun, wir werden ihn nachfolgend als einen Schlachtentaktiker sehen, wie er an kraftvoller Entschlossenheit und kühner Entscheidungsthat nicht höher gedacht werden kann. Ein besonderer Wunsch ging aber beim Schlusse des spannenden Vortrages aus der Versammlung hervor, daß es dem Vortragenden gefallen möge, ihr auch den zweiten Theil des Lebensabrisses Scharnhorst zu bieten, denjenigen, welcher ihm die rühmliche Benennung des Waffenschmiedes Preußens von der dankbaren

und befreiten Nachkommenschaft eintrug, für die er nach bestandenen Gefahren und Verwundungen zu früh in den Tod gegangen, ein verklärter Held, der schlummernde Löwe,*) der so treulich Wache gehalten um das Heil des Vaterlandes.

Grabe.

Es folgte darauf der Vortrag des Herrn Oberstlieutenant z. D. Grabe:

Scharnhorst in der Schlacht bei Pr. Eylau,

am 2. Schlachttage, den 8. Februar 1807.

Der Herr Vortragende legt den Zuhörern eine Skizze zur Schlacht wie eine zugehörige Terrainskizze in Vervielfältigung zu näherem Anhalt für die Darstellung vor.**)

Bei dem hier vorliegenden näheren heimischen Interesse, wie auch in Ansehung der wohl mehrfach vorhandenen Kenntniß der Oertlichkeiten wollen wir eine kurze Terrainbeschreibung voranschicken. Der alte Weg von Bartenstein nach Königsberg führte, wie die heutige Kunststraße, in im Allgemeinen nördlicher Richtung, bei dem Dorfe Rothenen vorbei durch Pr. Eylau, streifte Schloditten und durchschnitt das drei Achtel Meile von der Stadt entfernte Dorf Schmoditten. Westlich dieses Ortes liegt in 3000 Schritt Entfernung Althof und in gleichem Abstande nach Osten das Dorf Kutschitten. Die Straße von Eylau, im Osten, nach Domnau führt bei dem Vorwerk Auklappen vorbei und streift das Dorf Kutschitten am Südrande. 1000 Schritt südlich von Kutschitten lag ein Birkenwäldchen, weiter südlich ist das Dorf Sausgarten gelegen mit den gegen Eylau anschließenden Kreege-(Krähen-)Bergen. Noch südlicher, Rothenen gegenüber, liegt das Dorf Serpallen.

Nach der Schlacht bei Pultusk am 24. und dem Gefecht bei Soldau am 25. December 1806 hatte Napoleon die Winterquartiere hauptsächlich in Polen bezogen, das Corps Bernadotte aber lag in der Ausdehnung OsterodeElbing. Der jetzige Befehlshaber des russischen Heeres, General v. Benningsen, welchem das preußische Corps des Generals v. L'Estocq zugetheilt war, hatte sich nach dem östlichen Neuostpreußen und der heutigen Südgrenze Ostpreußens zurückgezogen, um den Armeebestand zu festigen. General von Benningsen, 60 Jahre alt, war, wie Scharnhorst Hannoveraner von Geburt und hatte sich mehrfach in Türkenkriegen hervorget han. Die Schwierigkeiten seiner Stellung in der altrussischen Armee mögen zu den Unsicherheiten in seiner Befehlsführung beigetragen haben, wenngleich dieselben wohl wesentlicher in seinen Charaktereigenschaften gefunden werden können, welche einer eigentlichen Feldherrngröße nicht entsprachen. An

*) Das herrliche Denkmal Scharnhorst's auf dem Invaliden-Kirchhofe in Berlin, von Rauch's Meisterhand.

**) Siehe die beiden Beilagen.

zuerkennen bleibt sein Entschluß, zum Zwecke der Deblokirung von Graudenz und der Gewinnung des unteren Weichselthales mit dem brav gehaltenen Danzig, den Vormarsch alsbald wieder aufzunehmen trotz der an 40 000 Mann großen Ueberlegenheit der französischen nächst disponiblen Feldarmee allein. Mitte Januar des Jahres 1807 war die verbundene Armee in voller Bewegung gegen Westen, die Russen von Bialla aus, das Corps L'Estocq's auf deren rechten Flügel und etwas voraus. Am 31. Januar aber stand auch Napoleon bereits in der Linie Strasburg, Gilgenburg, Neidenburg, Ortelsburg, Willenberg. Die Russen wurden auf Landsberg zurückgedrängt, am 7. Februar auf Eylau, welches sie im Rückzuge verloren, dann in blutigstem Kampfe wieder einnahmen. Am Abende gaben sie ganz unerwartet die Stadt aber freiwillig auf und rangirten ihre Schlachtordnung für den folgenden Tag östlich derselben. Das Corps von L'Estocq hatte den Befehl, am 7. Rossitten bei Hussehnen zu erreichen, über ein und eine halbe Meile westlich von Althof, und am 8. bei Althof einzutreffen.

Die Schlachtaufstellung der Russen zu diesem zweiten Schlachttage dehnte sich in ganz flachem Bogen von Schloditten bis Serpallen, etwa 1000 Schritt östlich bei Pr. Eylau vorbeiführend, in einer Länge von 3500 Schritt, meist in drei Treffer., in tiefen Massen mit zahlreicher Artillerie vor der Front und in Reserve. Das Heer zählte 58 000 Kombattanten. Heute deckt ein Armee-Corps von 30 000 Mann eine Frontentwickelung von 5000 Schritten. Die französische Armee, in gleicher Stärke, stand in ungefähr paralleler Linie gegenüber, mit dem Centrum, Marschall Soult, in Eylau. Von der Kirchhofshöhe der Stadt leitete Napoleon den Kampf.

Wenn auch die ungewöhnliche Kälte der vergangenen Tage auf 3 bis 4 Grad gesunken war, so waren doch alle Gewässer starr gefroren und passirbar. Furchtbare Unwetter mit dunkelnden Schneetreiben stellten sich ein. Napoleon ließ am Morgen das Corps Augereau südlich von Eylau und die Division St. Hilaire von Rothenen zum Angriffe vorbrechen. Beide wurden in dem alle Aussicht benehmenden Stümwetter aus ihrer Richtung gelenkt, das erstere zu stark nach links, die andere zu weit nach rechts gegen Serpallen, so daß die ungewöhnlich starke Kavallerie-Reserve mit 8000 Mann in die Lücke eingesetzt werden mußte. Augereau wurde von dem russischen Centrum unter den außerordentlichsten Verlusten zurückgewiesen, ebenso litt St. Hilaire, der zwischen zwei Feuer gerathen war, nämlich zwischen den linken russischen Flügel und die bei Serpallen postirten Detachements. „Die Bravour der Russen übertrifft Alles, was Menschen thun können", sagt Scharnhorst. Während das erste Treffen im Feuer stand, kochten die Mannschaften des zweiten und dritten kaltblütig ihren Mehlbrei, „sie wären ja noch nicht dran."

Der heutigen taktischen Vorstellung entziehen sich diese Kämpfe nach

Truppenanhäufung und Gefechtsabständen völlig. Noch konnte es vorkommen, daß die preußische Kavallerie bei Auerstädt eine geschlossene InfanterieKolonne vernichtend sprengte, das alte Steinschloßgewehr machte es möglich, daß agile Batterien ihren höchsten Triumph im Kartätschfeuer auf 300 Schritt finden konnten und der schwere Kolben spielte in dem Nahkampf neben dem Bajonett seine wuchtige Rolle. Etwa um 10 Uhr war dieser Vorbruch an beiden Stellen abgeschlagen und das Gefecht nahm einen hinhaltenden Charakter an. Da aber erschien gegen Mittag Davoust mit seinem 20 000 Mann starken Armee-Corps von Beisleiden und Bartenstein her auf dem Schlachtfelde und damit gewinnt Napoleon entschieden die Uebermacht. Kühn stößt jener, bei Serpallen vorbei, vor, nimmt Sausgarten, krönt die Krähenberge mit mächtiger Artillerie, drängt den russischen linken Flügel immer weiter zurück, und gewinnt in hartem Kampfe Auklappen. Seine Division Friant gewinnt das Birkenwäldchen und greift weiter aus bis Kutschitten, welches bedrohlich besetzt wird. Wie die Klinge eines Taschenmessers war der russische linke Flügel auf 30 Grad zum rechten zurückgebogen. Die Rückzugslinie der Russen auf Domnau war verloren und noch konnten die Franzosen auf das Eintreffen des Marschalls Ney bei Althof rechnen. Freilich das Corps Augeran hatte so gelitten, daß Napoleon dasselbe demnächst ganz auflöste und die Ueberbleibsel anderen Truppentheilen zuwies, die Division St. Hilaire war gänzlich erschöpft auf Rothenen zurückgezogen und Davoust hatte sich in dem Streben nach umfassender Flankirung, wie ebenso durch denselben Friant bei Auerstädt, hier offenbar über Gebühr ausgedehnt. Indeß der Ausgang näherte sich bedenklich der Niederlage und russische Versprengte bedeckten die Richtung nach Königsberg.

Nur ein Theil des Corps von L'Estocq hatte um 1 Uhr Althof erreicht, 8 Bataillone, darunter das russische Regiment Wyburg mit 3 Bataillonen, 29 Schwadronen, 1 Kosakendetachement und 16 Geschütze reitender Artillerie, im Ganzen nur 5000 Mann, aber trotz aller Marschanstrengungen noch frische, muthbeseelte Truppen. Noch waren fast / Meilen bis Kutschitten zurückzulegen. Zur Beschleunigung wird der Marsch in drei Infanterie- und zwei Kavallerie-Kolonnen angetreten; man passirt Schmoditten und rückte in Angriffsformation auf Kutschitten. In der Front angegriffen und links von Kavallerie, rechts von Infanterie umgangen, wird die Besatzung vernichtet oder gefangen genommen; Alles wendet sich gegen das Birkenwäldchen, aus dem Friant nach zähem Widerstande geworfen wird; der russische linke Flügel avancirt, nimmt Auklap en wieder und Davoust vermag nur unter eigenster Bemühung seine bereits verlassenen Geschütze auf den Krähenbergen zu halten. Die einbrechende Dunkelheit und die völligste Erschöpfung machen dem Kampfe ein Ende. Ueberall hatten die reitenden Batterien geschickten und rühmlichen Antheil ge

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