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Nutzen, weil dadurch dem livländischen Orden die Möglichkeit wiedergegeben wurde, sich gegen dies Land zu wenden, so mußte diese Beseitigung der inneren Zwistigkeiten gerade jetzt um so wertvoller sein, als für den livländischen Orden seit 1331 die Aufgabe erwuchs, den Kampf gegen Samaiten allein fortzuführen. Während der Orden in Preußen mit dem König Wladislaus Lokietek von Polen um Pommerellen seit 1331 die heftigsten Kämpfe zu führen hat,1) wird für Samaiten und die ihm benachbarten Gebiete von Littauen vier Jahre lang Livland der gefürchtete Gegner,2) bis 1335 auch Preußen wieder infolge eines vorübergehend besseren Verhältnisses mit Polen3) in die Lage kommt, sich dieser Aufgabe zu widmen. Die ergriffenen Maßregeln sind höchst wichtiger Art. Nach einer im Februar 1336 gegen die Feste Pillene im Bezirk Troppen1) unternommene Expedition, die auch mit Vernichtung der genannten Burg endigte,) ging der Hochmeister Dietrich von Altenburg daran, durch Anlage von Burgen dem Orden die Möglichkeit zur Unterwerfung Samaitens näher zu rücken. Zunächst entstand Georgenburg von neuem,") sodann beschloß er auf der Insel Romayn') ein neues Kastell Marienburg anzulegen.) Jedoch gelang es ihm nicht, den Bau wegen des heftigen Angriffs der Samaiten zu vollenden. Aber dies Mißgeschick hielt ihn durchaus nicht ab, die Anwesenheit des Herzogs Heinrich von Baiern in Preußen (März bis Juni 1337) auszunutzen.") Gestärkt durch ihn und andere Kreuzfahrer fuhr man die Memel hinauf und baute die im vorigen Jahre begonnene, aber wieder von den

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1) Schiemann I, 482. 2) Canonici Sambiensis epitome gestorum Prussiae in Scriptores I, 285; Wartberge zu 1330 in Scr. II, 66; Wigand 19 in Scr. II, 487; Wartberge zu 1332 in Script. II, 66; Wigand zu 1333 in Scr. II, 487; Wartberge zu 1334 in Scr. II, 67. 3) Schiemann I, 490. 4) Es ist die Gegend östlich von der Mündung der Mitwa in die Memel. cf. Scr. II, 488 Anm 250. 5) Wigand 20 in Scr. II, 488. 6) Canonicus Sambiensis zu 1336 in Scr. I, 280. 7) Romayn liegt in der Memel, der Mündung der Dubissa in diese gegenüber. cf. Script. II, S. 490 Anm. 258. 8) Wigand 21 in Scr. II, 490 (fortan ohne Angabe der Seite in Scr. II

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Feinden zerstörte Marienburg1) auf. Sodann ging man an die Errichtung einer neuen Burg,2) die wegen der Hilfe des Herzogs Heinrich von Baiern die Baierburg3) genannt wurde. Nicht ohne Grund war die starke Besatzung, welche man hineinlegte, und die reichliche Ausrüstung mit Waffen und Lebensmitteln durch den freigebigen Heinrich von Baiern; denn bald hatte die neue Anlage einen schweren Angriff auszuhalten. Gedimin, dem durch zwei der Besatzung zugeteilte Vitinge1) Aussicht auf leichte Einnahme gemacht war, rückte heran, sah sich aber getäuscht. Die vorher gewarnte Besatzung hielt sich trotz der langen Belagerung vom 15. Juni bis 6. Juli, ja, es fiel schließlich sogar noch das littauische Lager mit reicher Beute in ihre Hände. Wie weitgehende Pläne der Herzog Heinrich mit dieser Baierburg verknüpfte, zeigen am besten die Urkunden seines Verwandten, des Kaisers Ludwig, vom 15. November und 7. Dezember 1337.5) Schenkte doch auf eben dieses Heinrichs Bitten und wegen des Ordens sonstiger Verdienste der Kaiser dem letzteren Littauen mit den dazu gehörigen Ländern, unter denen ausdrücklich Samaiten aufgezählt wird. Für dies weite Gebiet soll der Hochmeister mit der Verwaltung sämtlicher weltlicher Angelegenheiten und nament

1) So deute ich mit Hirsch (Scrip. II, 493 Anm. 283), weil die Marienburg die einzige Anlage ist, auf die ihrer geographischen Lage nach die Beschreibung Wigands paßt, folgende Worte desselben: veniunt in Lithwaniam in quandam insulam prope Welyn, ubi circumsepiunt se, duos domus ibidem erigunt. . . . 2) Wigand 23.

3) Die Lage der Baierburg ist nicht leicht zu bestimmen. Sicher ist, daß sie am Südufer der Memel gelegen hat, sagt doch der Canonicus Sambiensis (Scr. I, 281), daß sie Welun gegenüber angelegt ist. Nach einer bei Hirsch (Script. II, 493 Anm. 284) citierten, dem Königsberger Archiv entlehnten Erklärung wurde sie zunächst in der kurzen Entfernung von 1/4 Meile von Welun gebaut. Lange hat sie freilich hier nicht gestanden, denn wir werden schon 1344 (Wigand 30) von ihrer Verlegung hören.

4) Vitinge sind Nachkommen alter Preußen. cf. Script. II, 454 Anm. 19. 5) Raczynski: Codex diplomaticus Lithuaniae S. 42-45. Die beiden Urkunden, in denen die im Text stehenden Daten sich befinden, sind nach Voigt's Untersuchungen (Geschichte Preußens IV, S. 559 Anm. 1) von den drei vorhandenen unter sich verschiedenen Copien echt.

lich der Rechtspflege betraut werden. Die Hauptburg für das Fürstentum soll unsere Baierburg sein, die Einwohner desselben sollen hier sich ihr Recht holen. Auch der kirchliche Mittelpunkt für die noch zu bekehrenden Heiden soll die Burg als Sitz eines Erzbischofs sein. Fragt man sich nach dem faktischen Wert dieser Schenkung Ludwigs, so kann man ihr nicht den geringsten zuschreiben. Im Vergleich zu ihr hatten selbst noch Mindowes Schenkungen Bedeutung, stand er doch im Rücken der Samaiten und konnte, wenn er wollte, mit dem Orden im Bunde den Worten auf dem Papier Wirklichkeit geben. Und so finden wir denn auch von allen diesen schönen Plänen mit der Baierburg nichts erfüllt, sie hat nie eine hervorragende Stellung unter den Grenzburgen gegen Samaiten hin eingenommen. Wie wenig auf die Samaiten selbst aber eine solche Verschreibung ihres Landes Eindruck machte, zeigt der gleichsam als Antwort darauf gemachte Einfall des August1) 1338. Drei Tage lang richteten sie Verwüstungen an, dann ereilt sie bei Galekouken2) die Strafe, indem ihnen hier der Marschall Heinrich Dusmer eine verlustreiche Niederlage beibringt.) Waren bei dieser Expedition noch die Samaiten zusammen mit den Littauern thätig,) so sollten sie bald sich von Gedimin wenigstens einem Teil des Ordens preisgegeben sehen. Am 1. November 1338 schloß nämlich Gedimin auf zehn Jahre mit dem livländischen Ordensineister und den Einwohnern Rigas einen Vertrag, der den Handeltreibenden beider kontrahierenden Teile die Düna freistellte.) Von den Samaiten ist in der Abmachung keine Rede. Sie als Gedimins Unterthanen als selbstverständlich in den Frieden eingeschlossen anzusehen, hindert wohl schon ihr loses Verhältnis zu Littauen, sodann aber besonders die Thatsache, daß im Februar des Jahres 1339 der Meister von Livland

1) Wigand 24.

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2) Gallekouken liegt vielleicht noch in Preußen. cf.

Scr. II, 495 Anm. 2. 3) Voigt: G. Pr. IV, 556 verbindet fälschlich dies Ereignis mit der Belagerung der Baierburg. 4) Wigand 24: Lithwani intrant cum Samaitis terram แ 5) Napiersky: Russisch-livländische

Urkunden No. 83.

Altpr. Monatsschrift Bd. XXVI. Hft. 3 u. 4.

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Samaiten verheerte.1) Wenn trotzdem gerade vor 1340 ein äußerst lebhafter Handel zwischen der dem Orden untergebenen Stadt Riga und Littauen stattfindet,2) und eine Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Livland und Gedimin nicht nachweisbar ist, so läßt dies den Schuß auf eine momentane Isolierung Samaitens wohl zu. Gedimin wird auf Drängen des livländischen Ordens und des kommerziellen Vorteils Littauens willen darauf verzichtet haben, die Samaiten in den Frieden mit aufgenommen zu sehen. Nichts lag indessen Gedimin ferner, als dadurch etwa auf seine Oberhoheit über dies Land zu verzichten. Mochte er die Samaiten in Rücksicht auf andere Interessen eine Zeit lang haben fallen lassen, mochte die Erbitterung darüber im Lande groß sein, das hinderte ihn nicht vor seinem Tode im Winter 1341/13423) sich für berufen zu halten, ihnen in Gestalt seines Sohnes Kestuit einen Herrscher zu setzen, dem er außer Samaiten noch Troki, Grodno und Kowno nebst den dazu gehörigen Bezirken anwies.) Wenn Gedimin auch bei der losen Verbindung zwischen Littauen und Samaiten und in Rücksicht auf die ungünstige Stimmung im Lande gegen ihn durchaus nicht sicher sein konnte, daß diese letzte Bestimmung seines Lebens zur Wirklichkeit wurde, ihm hatte es jedenfalls der Orden zuzuschreiben, daß Samaiten, wenn es wollte, nicht allein ihm gegenüber stand, sondern durch Kestuits Hilfsmittel den Widerstand fortsetzen konnte.

Gewiß war Samaitens Lage seit dem Eingreifen des preußischen Ordenszweiges eine schlechtere geworden: mußten doch die Hilfskräfte des Landes durch die fortwährenden Einfälle gelitten haben, war doch manche Burg ihres Landes gefallen und an ihre Stelle eine feindliche Anlage getreten, aber noch immer stand das Land unabhängig von den Deutschen da, und erst die Zukunft sollte es lehren, wessen Anstrengungen endlich von Erfolg gekrönt sein würden.

1) Wartberge in Script. II, S. 68 und Anm. 1. graphie S. 130. 3) Ebd. S. 132.

4) Ebd.

2) Bonnell: Chrono

Fortsetzung folgt.

Die Verbindung des frischen Haffs mit der Ostsee

in geschichtlicher Zeit.

Von

Archivar Dr. Panzer.

Mit einem Excurs über Witland und einer Karte.

Man hat noch in unserm Jahrhundert angenommen, daß das frische Haff in historischer Zeit sehr wesentliche Veränderungen erfahren habe: die Höhe, auf welcher die Burg Balga liegt, und die Höhe nordöstlich von Pillau, welche in den Camstigaller Haken ausläuft, die beide heute durch das an dieser Stelle mehr als sieben Kilometer breite und fünf Meter tiefe Haffbecken von einander geschieden werden, sollten ehedem mit einander in Verbindung gestanden haben. Johannes Voigt glaubte in dem vermeintlich hier untergegangenen Lande die im 13. Jahrhundert mehrfach erwähnte Landschaft Witland erkennen zu sollen.1)

Die Annahme jener Landverbindung gründete sich auf Nachrichten des 16. Jahrhunderts, welche die historische Kritik als unzuverlässig und werthlos verwerfen muß; aber sie scheint in einer Betrachtung der physischen Verhältnisse der Erdoberfläche eine gewichtige Stütze zu besitzen. Das älteste Tief der frischen Nehrung bei Lochstedt, bemerkte der Königsberger Professor der Mathematik Wrede) in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts, spreche dafür, daß der mit Wasser bedeckte Raum zwischen Kahlholz und Camstigall nicht die uralte unver

1) Voigt, Gesch. Preußens Bd. 1, Beilage 8.

2) Ebd. S. 684 fg.

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