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Bibel infolge des Verlorengehens vieler Bücher, deren einstiges Vorhandensein wir aus den Citaten in den erhaltenen ersehen können, nicht vollständig sei und daß deshalb diejenigen, welche allein die Bibel als Richtschnur des Glaubens ansähen, nicht könnten selig werden. Dieses Buch hatte den Widerspruch Cramers hervorgerufen, welcher in einer 1605 erschienenen Gegenschrift zeigte, daß die verlorenen Bücher nicht zum Kanon gehört hätten, daß die Bibel also noch ganz sei und nur sie allein, ohne alle Tradition der Grund des Glaubens sein dürfe. Schon im folgenden Jahre erschien die Apologie Ubers gegen diesen Angriff und zwar führte er die Verteidigung so geschickt, daß ihm sein Gegner wirklich nicht gewachsen gewesen zu sein. scheint. Wenigstens brach er, nachdem er noch einmal versucht hatte, die Ausführungen Ubers, der in dem Kanon eben auch nichts. anders sah als eine Tradition und deshalb Cramer der Inkon- . sequenz beschuldigte, weil er einmal die Tradition verworfen, das andere Mal sie wieder aufgenommen hatte, zu widerlegen, den Streit ab, der nun durch eine dritte Schrift Ubers beendigt wurde, in der sich derselbe den völligen Sieg zuschrieb.28) Mit demselben Daniel Cramer geriet auch ein anderes Mitglied der Mission in Streit. Cramer hatte nämlich in einer Schrift, die den Titel führte Eine schreckliche, blutdürstige Jesuiterpredigt, so Petrus Skarga gehalten von der Hauptfrag, ob auch einem Ketzer Treu und Glauben zu halten sei", den Inhalt dieser am 9. September 1601 zu Wilna kurz vor dem Auszuge des polnischen Heeres zum Kriege nach Liefland gehaltenen Predigt nach dem Berichte eines Ohrenzeugen in äußerst verstümmeltem Zustand wiedergegeben, zugleich auch verschiedene andere Schriften drucken lassen, in denen allen die Jesuiten in

28) Uber, Daß die Bibel nicht ganz sei, und daß diejenigen, so derselben allein anhangen, nicht können selig werden. Braunsberg, Schönfelß 1603. Uber, Apologia eines kleinen Büchleins gegen Kramers unchristliches Buch u. s. w. Braunsberg, Schönfelß 1606.

Uber, Viktoria, wahrhaftig erhalten gegen Daniel Kramer in diesem Religionskampf, Braunsberg, Schönfelß 1609.

überaus gehässiger Weise angegriffen wurden. Diese alle suchte Friedrich Bartsch in seinem Jesuitenspiegel" zu widerlegen und widerlegte sie zum Teil wirklich.29)

Auf dem Gebiete der systematischen Theologie war wiederum nur Johannes Uber thätig. Aus seiner Feder erschien im Jahre 1609 eine Darstellung der katholischen Lehre von der Kirche und im Jahre 1611 eine solche der Lehre vom freien Willen, die er zugleich der Lehre Calvins gegenüberstellt.30)

Damit ist die litterarische Thätigkeit innerhalb der Danziger Mission zu Ende; selbst als im Jahre 1615 in Danzig eine Streitschrift gegen den Kardinal Bellarmin erschien, ermannte sich kein Jesuit zu einer Gegenschrift, sondern dieselbe wurde. nur von der Kanzel herab durch Dr. Andreas Autander verdammt. 31)

Sehr bezeichnend für die Danziger Patrizier sowohl, als auch für die Jesuiten ist das gesellschaftliche Verhältnis, in das dieselben zu einander traten. Dieselben Ratsherrn, die ein halbes Jahrhundert hindurch den Orden und seine Anschläge auf das Heftigste bekämpften, standen doch im Privatverkehr mit so manchem Jesuiten auf friedlichem, ja, auf freundschaftlichem Fuße. Diese Männer, die durch ihre Handelsverbindungen mit Leuten aller Nationen und aller Glaubensbekenntnisse in Beziehung getreten waren, sie standen „auf einer Höhe geistiger und geselliger Bildung, die sie vor dem Glaubensfanatismus der großen Menge bewahrte und sie zu einer richtigen Scheidung der Person und der Sache hinleitete." So kam es, daß sie mit den feingebildeten, gewandten Jesuiten gern verkehrten und

29) Friedrich Bartsch, Jesuitenspiegel, darin augenscheinlich zu sehen, was seltsame abentheuerliche Sachen die Jesuiten treiben. Braunsberg, Schönfelß 1603.

30) Uber, Von dem Haus Gottes, welches ist die Kirch des lebendigen Gottes, ein Pfeiler und Grundfest der Wahrheit. Braunsberg, Schönfelß 1609. Uber, de libero arbitrio, das ist katholische Lehr wider die calvinische vom freien Willen Braunsberg, Schönfelß 1611.

31) Historia residentiae etc. Als Druckort der Streitschrift soll falsch

lich Basel angegeben gewesen sein.

Altpr. Monatsschrift Bd. XXVI. Hft. 7 u. 8.

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bei ihren Gesellschaften und Gastmählern sich an der Bildung und dem Scharfsinn derselben ergötzten. Mußte doch der Provinzial Johannes Argentus, der die Verhältnisse in Danzig aus eigener Anschauung kannte, eingestehen, daß abgesehen von der Religion keine Differenzen zwischen den beiden Parteien beständen, da die Danziger, wie sie überhaupt honette Leute wären, so auch im übrigen anständig mit jenen verkehrten.32) Andrerseits verhehlen auch die Jesuiten keineswegs, daß sie gern die Häuser der Patrizier aufgesucht und an dem Verkehr mit denselben Gefallen gefunden hätten. Freilich hatten sie oft bei diesem Verkehr die Absicht, ihre Seelennetze nach der jungen Gesellschaft auszuwerfen, aber auch in Häusern, in denen an eine Bekehrung nicht zu denken war, gingen sie aus und ein.

So finden wir hier in den vornehmen Kreisen der Danziger Bevölkerung neben einem begeisterten Eintreten für evangelischen Glauben und evangelische Gewissensfreiheit eine Glaubensduldung, die in jener Zeit des Fanatismus und der Intoleranz denselben zu doppelter Ehre gereicht.

32) Neque vero si unam religionem excipias, ulla nobis cum Gedanensibus est difficultas, nam cum alioqui viri honesti sint, in reliquis honeste nobiscum agunt. Joh. Argentus, de rebus Societatis etc. S. 144.

Probe aus Kaspars von Nostitz Haushaltungsbuch

des Fürstenthums Preussen.

Mitgetheilt von

Karl Lohmeyer.

Vorbemerkung.

Als ich in diesem Sommer über einige Ereignisse aus der Geschichte des Herzogs Albrecht im K. Geh. Staatsarchiv zu Berlin Nachforschungen anstellen durfte, wurde mir auch eine in zwei Exemplaren vorhandene handschriftliche Arbeit aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vorgelegt, welche die gleichzeitige Aufschrift ,,Haushaltungsbuch des Fürstenthums Prüssen 1578" führt, und deren Inhalt bereits seit längerer Zeit den dortigen Herren Beamten aufgefallen war und jetzt auch mir von nicht geringer Wichtigkeit zu sein schien. Nach den Hauptämtern des Herzogthums Preußen geordnet, wird darin eine ganze Reihe von Gütern und Dörfern wie es scheint, solche, die damals zur fürstlichen Kammer gehörten ihren wirthschaftlichen Zuständen und Verhältnissen nach bald mehr, bald weniger genau beschrieben, und überall werden Verbesserungen, welche zur Erhöhung der fürstlichen Einkünfte dienen könnten, in Vorschlag gebracht und besprochen. Als Verfasser nennt sich in der kurzen Einleitung Kaspar v. Nostitz, indem er zugleich berichtet, daß er behufs solcher Besichtigung und Aufzeichnung das ganze Fürstenthum seit dem Jahre 1560 durchritten hätte; nach der Jahreszahl in der Ueberschrift zu schließen, scheint sich diese Visitationsreise, vielleicht gelegentliche Unter

brechungen abgerechnet, etwa bis zum Jahre 1578 hingezogen zu haben.

Kaspar v. Nostitz, 1) im Jahre 1500 auf dem Erbgute Lampersdorf in der Lausitz geboren, war, nachdem er in Krakau, in Wien und zuletzt auch in Wittenberg studiert hatte, 1534 nach Preußen gekommen, hatte dem Herzog Albrecht seine Dienste angeboten und war unter die fürstlichen Räthe aufgenommen worden. Von welcher Art seine Beamtenthätigkeit gewesen ist, dafür giebt es für längere Zeit keine thatsächlichen Nachweise. Jedoch wird in dem Entwurf zu einer herzoglichen Verfügung, durch welche er für dreißigjährige,,nützliche, treue und fleißige Dienste zum Rath und Diener auf Lebenszeit ernannt wird (also etwa 1564 - der Entwurf ist undatiert), seine Hauptthätigkeit also umschrieben: Er soll nicht allein in der Rentkammer mit Abhörung der Jahrrechnungen und Anderm des Herzogs Nutzen, Gedeihen und Frommen suchen und fördern, sondern auch in den herzoglichen Haushaltungen mit Fleiß

1) Die hier folgenden vorläufigen Angaben über das Leben dieses Mannes beruhen im Wesentlichen auf Akten des hiesigen Staatsarchivs, zu geringerm Theile auf der Leichen-Intimation des akademischen Senats vom 1. April 1588. Man wußte bisher kaum mehr von ihm, als daß er für eine ganz kurze Zeit des Jahres 1566 in der Reihe der Oberburggrafen erscheint (Erleutertes Preußen, I S. 853, wo jedoch die genaueren Einzelnheiten falsch sind), daß er sich durch Anlegung von Mühlen, Teichen, Dämmen und Canälen, durch gute Bauart der Dörfer und Häuser um das Land verdient gemacht haben soll (Baczko, Gesch. Preußens, IV S. 400, daß er ein großer Gegner Osianders gewesen und auf sein Haus gegen denselben gerichtete Verse hatte setzen lassen (Erleut. Preuß., I S. 95), endlich daß er beim Prozesse des Jahres 1566 öfter als ein „Verdächtiger“, ein Zugehöriger der „neuen Partei" genannt wird (Pawinski, de rebus ac statu ducatus Prussiae 1566-1568, 1879). Die herkömmliche, bekannteste Erzählung von ihm, daß er „aus Schlesien zu allererst die Karpfen nach Preußen bringen lassen" (Erl. Preuß., I 95), ist längst von Joh. Voigt als unbegründete Sage erwiesen (N. Preuß. Provinzial-Blätter, 1846 I S. 158 fg.), so daß auch Benecke's Meinung (Fische und Fischerei in Preußen, S. 286), er sei vielleicht der erste Privatmann gewesen. der sich mit der Karpfenzucht beschäftigte, als unstatt hatter Versuch wenigstens doch etwas von der Sage aufrecht zu erhalten zurückgewiesen werden muß.

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