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Das Landwehrkreuz auf dem Rinauer Berge

bei Galtgarben.

Vortrag, gehalten am 28. Oktober 1889 in dem Verein für die Geschichte von Ost- und Westpreußen

von

Oberlehrer Dr. Gottlieb Krause.

In der Mitte des Samlandes zieht sich von Nord nach Süd eine Hügelkette, das sogenannte Alkgebirge, deren südlichster Eckpfeiler, der Rinauer Berg, jetzt gewöhnlich der Galtgarben genannt, sich 352 Fuß (111 Meter) über dem Wasserspiegel der Ostsee, 146 Fuß (46 Meter) über dem an seinem östlichen Fuße sich ausbreitenden Torfmoore erhebt. 1)

Erinnerungen aus alter und neuer Zeit verleihen dem Berge für jeden Ostpreußen eine besondere Bedeutung. Früher trug er, sowie die ihn umgebende Landschaft, etwa das jetzige Kirch

1) S. den Aufsatz Walds über den Galtgarben im Preußischen Archiv. Herausgeg. v. d. Königl. Deutsch. Gesellsch, zu Königsberg. August 1794. S. 537-549, woselbst (S. 539) die älteren gedruckten Nachrichten über den Berg angeführt sind. Wald überschätzt die Höhe desselben sehr und führt manches Sagenhafte über ihn an. Oberlehrer Gerber, der mit Wald zusammen die Gegend besuchte, lieferte für das Preuß. Archiv Sept. und Dezemb. 1794 eine ,,Mahlerische Beschreibung einer Reise in das Galtgarbische Gebürge“ (S. 601–610. 833-860). Vgl. ferner Faber, Geschichtliche Nachrichten vom Galtgarbenschen Berge und dem Schlosse Rinau, in: Beiträge zur Kunde Preußens. 4. Bd. Königsberg 1821. S. 122-137; auch besonders gedruckt,,Zum Besten der Bergkasse." Desselben Taschenbuch von Königsberg. (Königsberg 1829.) S. 101-105. K. E. Gebauer, Kunde des Samlandes. Königsberg 1844. S. 10-11. 93-94. L. Passarge, Aus Baltischen Landen. Studien und Bilder. Glogau 1878. S. 31-37 etc.

spiel Kumehnen, den Namen Rinau und gehörte zu dem Besitztum des in Fischhausen residierenden Bischofs von Samland.') Schon in jener ältesten Urkunde über Topographie des Samlandes vom Jahre 1258 wird dieses Gebiet unter dem Namen Ereyno und Erino angeführt. Es gehörte zu dem Dritteil der Landschaft, welches dem Bischofe Heinrich von Strittberg zugewiesen wurde. 2)

Jedoch hier ist nicht meine Aufgabe, in das Dunkel der Vergangenheit eindringend, der ältesten Geschichte des Berges nachzuspüren, nur wenige Worte seien mir darüber gestattet.

Faber in seinem Aufsatze Geschichtliche Nachrichten vom Galtgarbenschen Berge und dem Schlosse Rinau (im 4. Bande der Beiträge zur Kunde Preußens) nimmt zwar als höchst wahrscheinlich an, daß der Gipfel des Berges schon den alten Preußen als Warte gedient habe, von der noch bis nach Natangen hin sichtbare Feuerzeichen die Annäherung feindlicher Scharen verkündigten, weist aber die Ansicht, daß hier bereits vor völliger Beruhigung des Samlandes durch den Orden eine Burganlage bestanden, zurück.) Die von ihm angeführten Gründe sind jedoch zu allgemein, um überzeugen zu können. Wenn schon der urkundliche Beweis für das Bestehen einer Veste vor dem Jahre 1329 nicht beigebracht werden kann, so zeigt doch der gewaltige Graben nebst Umwallung, welcher sich um den Fuß der obersten Bergkuppe zieht, nach dem Urteil von Sachverständigen den Charakter der Verteidigungsanlagen aus altpreußischer, heidnischer Zeit. Leider ist auf dem Berge nichts von altem Mauerwerk zu erblicken, vielleicht würden dort angestellte Nachgrabungen die gewünschte Aufklärung geben.

1) Nach Wald 1. c. S. 542 hätte der Berg sowie die ganze Gegend bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts Rina u gehießen.

2) S. die Urkunde mit Erläuterungen und einem Anhange herausgegeben von Gebauer in Neue Preuß. Provinzial-Blätter. Bd. VIII. Königsberg 1849. S. 342-358.

3) Beitr. etc. IV. S. 125.

Im 14. Jahrhundert wird in Verschreibungen der Bischöfe von Samland einige Male ein bischöfliches Schloß auf dem Berge, das castrum Rinow, erwähnt; jedoch schon im Jahre 1399 wird in einer vom Bischof Heinrich ausgestellten Urkunde des Schlosses als ehemals vorhanden gedacht.') Wahrscheinlich hat das castrum Rinow nur aus einem bischöflichen Hof bestanden, der innerhalb der ans älterer Zeit stammenden Befestigung angelegt worden war.

Nach Auflösung des Ordens und Einführung der Reformation ging die Rinauer Höhe mit den anderen bischöflichen Ländereien in den Besitz des Herzogs Albrecht über und blieb landesherrliches Gut, bis im Jahre 1772 der Besitzer des köllmischen Gutes Galtgarben den Berg zu Erbpachtsrechten verschrieben erhielt; zugleich wurde er verpflichtet, der Dorfschaft Dallwehnen „die gemeine Weide und Hutung" auf demselben zu gestatten. Durch eine Königliche Kammer-Verfügung vom 26. Dezember 1802 wurde jedoch ausdrücklich ausgesprochen, „daß der Berg nicht als ein Pertinenz des cöllmischen Guts Galtgarben angenommen werden könne".

So ist der durch Naturreize geschmückte, an historischen Erinnerungen reiche Berg aus landesfürstlichem in Privatbesitz gelangt, und dabei ist es bis heute geblieben, ein Wandel, der im Hinblick darauf, daß das Interesse an dieser Stätte ein öffentliches ist, beklagt werden muß.

Denn es ist nicht nur das Andenken an jene alte, längst verklungene Zeit, das uns Jetztlebende zum Besuche der lieblichen Berghöhe lockt, sondern vor allem der Umstand, daß sie zur Stätte der Erinnerung an die ruhmreichste Periode unserer heimatlichen Geschichte, die Freiheitskämpfe der Jahre 1813-15, geweiht worden ist.

Auf dem geebneten Gipfel des mit reichem Walde, besonders mit Eichen und Birken, bedeckten Berges ist von West

1) 1. c. S. 127; vgl. Gebauer, Kunde des Samlandes S. 93-94.

Altpr. Monatsschrift Bd. XXVI. Hft. 7 u. 8.

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nach Ost eine Lichtung durchgehauen, jener weithin erkennbare Einschnitt, in dessen Mitte sich das Kreuz erhebt.1) Es steht auf einem aus Granitsteinen errichteten Altar, der sich auf einem zweistufigen Unterbau befindet. Die Vorderseite des Kreuzes, nach Osten gewandt, zeigt in ihrer Mitte am Bande den Orden des eisernen Kreuzes und den Wahlspruch des preußischen Landwehrmannes:

Mit
Gott

für König und Vaterland.

Auf der Rückseite im Westen liest man die großen Namen:

Scharnhorst. York. Gneisenau.

Die an dem Altar befindlichen Inschriften gedenken der siegreichen Einzüge in Paris, am 31. März 1814 und am 7. Juli 1815, und der Pariser Friedensschlüsse vom 30. Mai 1814 und 2. Oktober 1815.2)

An der nördlichen und südlichen Seite des Unterbaues führen Treppen hinauf, auf welchen je eine vierkantige, mit einer steinernen Kugel geschmückte Granitsäule steht. An diesen beiden Säulen sind eiserne Platten angebracht, deren Inschriften den Kämpfen und Siegen der Jahre 1813-15 gewidmet sind. Die entscheidenden Siege von Leipzig und Belle-Alliance sind durch größere ovale Tafeln ausgezeichnet; die Inschriften sind hier von Lorbeerkränzen eingefaßt. Unter der dem Siege an der Katzbach gewidmeten Gedächtnistafel tritt der Namen des Marschall Vorwärts hervor, in ähnlicher Weise gesellt

1) Eine Abbildung des Berges im Berliner Kalender auf das Schaltjahr 1836, wozu auf S. 195-96 die Erklärung. Das auf diesem Kupferstiche sichtbare Denkmal ist jedoch falsch dargestellt. Die Inschriften des Galtgarben sind angegeben in dem Anhange des Separatabdruckes der Faberschen Abhandlung Geschichtliche Nachrichten vom Galtgarbenschen Berge etc.

2) Unterzeichnet wurde der Frieden erst am 20. November 1815, am 2. Oktober war die entscheidende Vereinbarung zwischen Frankreich und den vier Mächten zustande gekommen.

sich zur Inschrift auf die Dennewitzer Schlacht der Namen Bülows.

Auf dem Südabhange des Galtgarben, ungefähr auf halber Höhe, ist ein Kenotaphion aufgeschüttet, welches den Manen der in jenem heiligen Kriege gefallenen Kämpfer geweiht ist. Am westlichen Ende dieses kolossalen, von Eichen beschatteten Grabhügels steht ein hölzernes weißes Kreuz mit dem Landwehrspruche. Dieser umgiebt die auf einer kleinen Platte befindlichen Zeichen I. H. S. (in hoc signo). Auf der andern Seite des Holzkreuzes ist der Namen Scharnhorsts, des edelsten Opfers der Freiheitskriege, mit dem zweimaligen utinam zu lesen; darunter steht, jetzt unleserlich, sein Todesdatum:

28. Juni

1813.

Eine eiserne, unterhalb des Holzkreuzes ans Grab gelehnte Tafel läßt folgende, von Eichen- und Palmblättern umgebene Inschrift erblicken:

Den Tausenden
die

für das Vaterland einst

starben,

dem Staat u. Fürsten Heil,

sich

Lob und Dank erwarben.

1818.

Noch eine Merkwürdigkeit weist der Berg auf, die von den jetzigen Besuchern wenig beachtet wird. Es ist ein einsames, schmuckloses Grab, das nördlich vom Denkmal aufgeschüttet ist und von alten Birken überhangen wird. Hier ruhen die Gebeine des Mannes, durch dessen hingebenden Eifer einst das vaterländische Ehrenmal auf dem Galtgarben entstanden ist, des am 16. August 1820 verstorbenen Kriegs- und Domänenrates Johann George Scheffner. Schon zwei Jahre vor seinem Tode hatte er sich die unvergleichliche Grabstätte ausgesucht. An einer Birke zu Häupten des Ruhenden ist eine Holztafel befestigt, die folgende von ihm selbst verfaßten Verse zeigt:

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