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wirtschaft, mit der Börse und der Großindustrie sich vollzogen hat und einer kleinen Zahl reichbegabter und glücklicher Geschäftsleute, Gründer, Unternehmer, Bankiers und Direktoren ungeheure Reichtümer zugeführt hat, knüpft sich an technische und Betriebsfortschritte, wie sie die Welt seit einigen tausend Jahren nicht gesehen hatte. Es handelte sich um die schwierigsten Probleme, um die Schaffung von ganz Neuem, um eine Rationalisierung aller Produktionsprozesse und alles Handels, um ganz neue Formen der Betriebe. Die Führer auf diesem schwierigen Wege konnten nur außergewöhnlich kluge, scharfsinnige und entschlossene Leute sein, sie waren vielfach harte Gewaltmenschen, die nicht zugleich die Vorzüge weicher Menschlichkeit und gerechter Billigkeit haben konnten. Von den dabei Tätigen ging die Mehrzahl zugrunde; der glücklichen Minderzahl mußten große Treffer, Millionen, in die Taschen fallen; der Kredit war meist noch so wenig ausgebildet, daß sie nur mit großem eigenen Kapital, das sie immer wieder waghalsig einseßten, die Neugestaltung durch= sehen konnten. Die Zustände nun, wobei die Riesengewinne zu machen waren, blieben aber nicht dauernd dieselben. Die neuen Großgeschäfte, Aktiengesellschaften, Kartelle und Trusts werden heute schon vielfach von Kollegien, von Beamten regiert; das eigene Kapital der Lenker, so wichtig es bleibt, wird von dem in Aktien- und Kredit= form beschafften doch schon unendlich übertroffen; die Individualgeschäfte der Gewaltmenschen gehen in die Hände von Kollegien, teilweise auch in die der Gemeinde und des Staates (z. B. die Eisenbahnen) über. Die Millionengeschäfte des Westfälischen Kohlensyndikats werden von dem Direktor der Gelsenkirchener Bergwerksgesellschaft geleitet. Bei dem amerikanischen Eisenbahn-, Bank- und Trustkönig Pierpont Morgan haben sich sozialistische Arbeiter dafür bedankt, daß er durch seine Tätigkeit die Möglichkeit des sozialistischen Staates bewiesen habe.

b) In zweiter Linie möchten wir betonen, daß die unteren Klassen nur in dem Maße sich wirtschaftlich heben können, wie sie selbst diejenigen wirtschaftlichen Eigenschaften des Fleißes, des Sparens, der Kindererziehung, des Zurücklegens für die Kinder sich erwerben, wie sie heute als Folge des Eigentums, des Darlehens, der Geld- und Kreditwirtschaft die höheren und mittleren Klassen auszeichnen. Nur indem der Arbeiter, der Handwerker, der Bauer rechnen, buchführen, kalkulieren lernt, alle Preise kennt und verfolgt, kurz in gewissem Sinne ein Geschäftsmann wird, kann er dem Druck der Überlegenheit der heutigen Kaufleute und Unternehmer sich entziehen.

Nur Menschen, die fähig geworden sind, Eigentum sich zu erarbeiten, es richtig zu verwalten und ihren Kindern entsprechende Gewohn= heiten einzuimpfen, sind auch fähig, Eigentumsanteile an einem genossenschaftlichen, gemeindeartigen oder staatlich gemeinsamen Be= sih richtig zu gebrauchen, sofern und soweit die weitere Entwickelung derartiges bringt. Vom Drucke der Besihlosigkeit läßt sich der heutige und zukünftige städtische und gewerbliche Arbeiter nur vereinzelt noch durch ein eigenes Häuschen oder ein eigenes Garten- und Ackerstück, aber ziemlich allgemein bei rechter Erziehung und Entwickelung durch' einen Anteil, eine verzinsliche Forderung an eine Sparkasse oder eine Genossenschaft, durch ein Inhaberpapier irgendwelcher Art be= freien.

e) Und damit sind wir beim dritten Punkt: ein steigender Teil alles Kapital- und Grundeigentums geht heute in Forderungs- und Anteilrechte von Aktionären, Genossenschaftern, Pfandbrief- und Sparkassenbuchinhabern, von Hypotheken-, Staats- und Gemeindegläubigern über. Aus dem realen wird immer mehr eine Art Buchoder Papiereigentum, das gewiß neue Mißstände und soziale Gefahren erzeugt, in seiner Geteiltheit aber allen Kreisen der Gesellschaft, auch den untersten zugänglich ist. Die hieher gehörigen Einrichtungen sind nicht denkbar ohne den Mechanismus der Wert- und Preisbildung sowie ohne das Institut des verzinslichen Darlehens; sie bringen aber einen immer größeren Teil des produktiven Kapitals aus Privathänden in die tatsächliche Verwaltung von Staat, Gemeinde, öffentlichen Korporationen, halböffentlichen Anstalten, Gesellschaften und Genossenschaften. Die Ausbildung der entsprechen= den sozialen Organe, die diese Art gemischten, nach der Rentenseite individualistischen, nach der Verwaltungsseite gemeinsamen Eigentums verwalten können, ist die Voraussetzung des Fortschritts nach dieser Richtung. Und es sei daran erinnert, daß jede solche Organi= sation in gewisser Weise schwerfällig ist, Betrug und Unterschleif erzeugen kann, auf zahlreiche Schwierigkeiten stößt, die in der Familienwirtschaft und der herrschaftlichen Privatunternehmung fehlen. Daher werden die Fortschritte auf diesem Gebiete im ganzen nur langsame sein, so sehr heute Aktiengesellschaften und Genossenschaften, Staat und Gemeinde vordringen. Aber ebenso unzweifelhaft ist, daß damit der formale Weg angebahnt ist, auf dem das kollektive Eigentum der Zukunft sich ausdehnen wird. Das rententragende Buch eigentum ist der Demokratisierung fähig; seine Mißbräuche und seine zu ungleiche Verteilung können bis zu einem gewissen Grade durch Sitte

und Recht verbessert werden; durch Regulierung der zulässigen Erwerbsarten, durch gerechtere Einkommensverteilung, durch sukzes= sives Steigen des Lohnes und sukzessives Sinken des Zinsfußes kann die künftige Eigentumsverteilung eine gerechtere und gesündere werden, ohne daß die segensreichen Folgen des Eigentums für individuelle Freiheit und für wirtschaftliche Erziehung verschwinden.

8. Das Erbrecht.

Ehe ich nun aber versuche, kurz die Ergebnisse der geschichtlichen Betrachtung zusammenzufassen, sei ein Wort über die Erblichkeit alles privaten Eigentums hier eingeschaltet.

Die Erblichkeit alles Eigentums hat ihren Ursprung in der Fami= lienverfassung. Die ältere Familie hatte wirtschaftlich eine durch Generationen hindurch fortgesette Existenz. Die aus der Familie hinaus heiratenden Töchter hatten ursprünglich kein Erbrecht, so wenig wie Söhne, die mit einer gewissen Ausstattung das Elternhaus verlassen hatten und abgeschichtet" waren. Die beim Tode der Eltern vorhandenen Kinder seßten ungeteilt die Wirtschaft fort. Niemandem konnte einfallen, ihnen die Habe zu nehmen, welche die Grundlage ihrer Wirtschaft war. Später, mit dem steigenden Befih und dem erwachenden Individualismus forderte jedes Kind einen gleichen Erbteil, soweit nicht im Gesamtinteresse der Familie oder des Staates einzelne Kinder bevorzugt wurden. Jedenfalls aber wird, wo heute ein gesundes und kräftiges Familienleben vorhanden ist, überall das Erbrecht der Kinder als etwas Gerechtes und Selbstverständliches angesehen; jedermann sieht, daß dieses Erbrecht ein wichtiges Mittel des wirtschaftlichen Fortschrittes ist; gerade die fähigen und kräftigen Eltern werden zur höchsten Anspannung ihrer Kräfte am meisten dadurch veranlaßt, daß sie ihren Kindern eine bessere Stellung erwerben wollen. Der wichtigste Teil der Motive, die heute Fleiß, Anstrengung und Kapitalbildung erzeugen, wäre stillgestellt, wenn das Erbrecht der Kinder wegfiele. Das Erbrecht entfernterer Seitenverwandten dagegen wird in dem Maße als ein Überlebsel aus der Zeit der alten Sippen- oder patriarchalischen Familienverfassung erscheinen, wie die moderne kleine Familie siegt, die Verwandtschaftsbeziehungen zu entfernteren Verwandten verblassen.

So natürlich nun aber das Erbrecht der Kinder allen Kulturvölkern seit langer Zeit erschien, so mußte doch, sobald der Besih etwas größer und ungleicher geworden war, das ererbte Eigentum in anderem sozialen Licht erscheinen als das selbst erworbene. Der

einzelne erhält es, ob er so tüchtig ist wie sein Vater oder nicht; er erhält weniger, wenn er mehr Geschwister hat, mehr, wenn er allein ist, Seitenverwandte beerbt. Und wie das Erbrecht für die Eltern das Motiv zur Anstrengung, so kann es für die Kinder der Reichen das zur Faulheit werden. Es treten sich so bei einer künftigen Reform des Erbrechtes entgegengesette Folgen und Überlegungen gegenüber. Und Sitte und Recht werden hievon beeinflußt werden, so langsam auch gerade hier veränderte Zustände zu einer Umbildung der Gewohnheiten und Geseze führen.

Welche Änderungen des Erbrechts man auch erwarten mag, wie hoch man die Tatsache einschäße, daß schlechte und unfähige Kinder ein reiches Erbe ohne Verdienst erhalten, daß der Zufall der Kinderzahl den einen reich, den anderen unbemittelt mache, — all das sind mehr individuelle Zufälle, die aus keiner Gesellschaftsverfassung zu beseitigen sind. Im ganzen werden wir für die Fragen der Gesellschaftsordnung nur auf den Durchschnitt ganzer Klassen sehen dürfen. Und tun wir das, so werden wir sagen: so lange die höheren befizenden Klassen nicht entartet sind, so werden die Kinder durchschnittlich die Eigenschaften der Eltern haben. Solange also eine gewisse Parallelität der höheren Eigenschaften und des größeren Besizes sich im Laufe der Generationen erhält, so lange wird auch das Erbrecht der Kinder innerlich berechtigt sein. Dieses Erbrecht wird Segen stiften, so lange es zum Instrument wird, um höhere persönliche Eigenschaften bestimmter sozialer Gruppen für längere Zeit zu erhalten, ja sie zu steigern. Wo der große Grundbesiß ausgezeich= nete Staatsmänner und Generale, tüchtige unabhängige Lokalbeamte und Vertreter des landwirtschaftlichen Fortschritts erzieht, wo der mittlere Grundbesitz einen gesunden Bauernstand erhält, da erscheint auch die durch Jahrhunderte erhaltene ungleiche Grundeigen= tumsverteilung als ein berechtigtes Mittel aristokratischer Gesellschaftsgliederung und Erhaltung eines breiten Mittelstandes. Und wo das in den Händen von Kaufleuten, Bankiers und Unternehmern sich sammelnde Kapital überwiegend die Grundlage für ein gefit= tetes Bürgertum, der Anlaß zu kühner Aufsuchung neuer Handelswege, zur Anbahnung technischer Fortschritte, zur Begründung neuer Industrien wird, da wird die Erhaltung erheblicher Vermögen in denselben Familien segensreicher fürs Ganze sein, als wenn alles neu ersparte Kapital stets sofort gleichmäßig unter alle Bürger verteilt würde.

Das Erbrecht wird so das Mittel, eine bestehende ungleiche Grund

besiß- und überhaupt jede Besißverteilung zu erhalten, unter Umständen auch sie zu steigern, zumal wenn einzelne Kinder bevorzugt werden, oder die höheren Klassen nur eine geringe Kinderzahl haben. Es können auch dadurch die Klassengegensätze sich verschärfen, daß 3. B. der Grundbesit sehr an Wert steigt, die Pächter oder Bauern gegenüber den Eigentümern und Grundherren in schlechtere Lage kommen. Aber das Erbrecht schafft nicht die ungleiche Besißverteilung; es erleichtert nur einzelnen die wirtschaftliche Existenz und damit auch die Anhäufung von Besit. Es fragt sich nun, wie im Laufe der Generationen die persönlichen Eigenschaften der Besißenden zu der Größe ihres Besites sich stellen, welchen Gebrauch sie davon machen, ob zumal da, wo immer größerer Besit sich in wenigen Händen anhäuft, die Leistungen, Fähigkeiten und Tugenden entsprechende sind. Es kommt da ganz auf die Erziehung in den höheren Klassen, auf deren geistig-moralische Entwickelung an. Jede ältere Besizaristokratie ist der Versuchung ausgesetzt, sich dem Lurus, dem individuellen Lebensgenuß, den Lastern des vornehmen Lebens zu ergeben, nicht mehr zu arbeiten und auf das stolze Vorrecht der Jnitiative zu verzichten. Erst sind es einzelne ihrer mißratenen Söhne, oft bald auch der Durchschnitt derselben, der so herabsinkt, die alten Fähigkeiten und damit die Führung des Volkes verliert. Die Schwierigkeit guter Erziehung der Söhne der reichen Geldaristokratie ist noch größer als die der Söhne der Grundaristokratie; daher bei ersteren noch häufiger und rascher die Entartung. Und doch sind ihre Glieder oft gerade in solcher Zeit in der Lage, durch geminderte Eheschließung und Kinderzahl, Geldheiraten und Erbrecht größere Vermögen zu sammeln. Die persönlichen Eigenschaften sinkender Aristokratien sind es, welche die wichtigste Ursache revolutionärer, kommunistischer Bewegungen darstellen. Daß alle Aristokratien, am frühesten die erklusiv nach unten sich abschließenden, mit der Zeit der Gefahr der Erschöpfung, der Entartung erliegen, wird sich nicht leugnen lassen.

Man kann nun sagen, in solchen Zeiten sänken die verkommenen Söhne und Enkel einer alternden Aristokratie durch Verschwendung und durch ihre körperlichen und geistigen Eigenschaften in der Regel spätestens in der 2. oder 3. Generation von selbst in die unteren Klassen herab, oder die Familien stürben aus, neue, bessere Elemente träten an ihre Stelle, und es fände so gleichsam ein natürlicher Reinigungsprozeß statt. Aber ein solcher genügt den anstürmenden demokratischen Bestrebungen nicht. Unter dem Eindrucke der entarteten Sitten, der gesunkenen Leistungsfähigkeit und der politischen

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