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zu ähnlich großen Resultaten führte. Die großen Herden- und Sklavenbesizer wurden Staatengründer; den Priestern und Kriegern gelang mit großem Grundbesitz eine politische, kirchliche, militärische Organi= sation, die sie so großartig ohne ihn nicht hätten durchsehen können; den Händlern mit wachsendem freiem Kapitalbesiß, den modernen Unternehmern verdanken wir doch zu einem großen Teil die Durchführung unserer modernen Technik, unserer Großindustrie, unserer Kartelle, unseren neuen Weltverkehr. Und die Ursache ist einfach: alle anderen Formen der Organisation sind unendlich schwieriger herzustellen: die stille Überredungsgewalt des Reichtums faßt die Hunderte und Tausende am leichtesten zusammen, freilich aber auch mit Druck, mit Mißbräuchen, die man beseitigt wünscht. Daher immer wieder die Klagen über die Vermögensungleichheit, die politischen und sozialen Reformversuche in dieser Beziehung. Sie sind leichter durchzusehen auf politischem, als auf wirtschaftlichem Gebiete. Daher im Altertum und in der Neuzeit äußerlich demokratische Verfassungen gerade in den Ländern und Zeiten mit wachsender Vermögensungleichheit, während die gelingenden Demokratien gerade in Kleinstaaten mit geringen Einkommensunterschieden uns entgegentreten. Ein Großstaat mit starken Klassen- und Vermögensgegensäßen und mit demokratischer Gleichheit der politischen Rechte enthält einen inneren Widerspruch in sich; er führt leicht zur tatsächlichen Plutokratie unter dem formalen Schema der Demokratie. So war es in Griechen= land, in Rom, so scheint es in England und Frankreich zu sein, in den Vereinigten Staaten zu werden; in ihnen lenken die Millionäre mehr oder weniger den Staat und die Volkswirtschaft, während die Schweiz ihre Demokratie nicht bloß gut erträgt, sondern mit ihr voranschreitet und nicht vom großen Kapital tatsächlich beherrscht wird wie jene Länder. Wir haben auf diese Fragen nicht näher einzugehen. Es war nur nötig, hier, wo von der organisatorischen Funktion des Reichtums die Rede ist, auf diesen Zusammenhang hinzuweisen und anzudeuten, daß die Heilung ungesunder Klassen- und Vermögensgegensäße nicht bloß durch politisch-demokratische Verfassungsänderung geschehen kann, ohne zur wirtschaftlichen Plutokratie oder zur Tyrannis zu führen. Jede gesunde Demokratie seßt eine gewisse Milderung der Einkom= mensgegensätze, eine hohe moralische und geistige Stufe des ganzen Volkes, eine starke Abschwächung alles Klassenegoismus voraus. Erreicht man dieses Ziel, dann tritt auch die Notwendigkeit zurück, den reichen Geschäftsleuten die diktatorische Organisation der Volkswirt= schaft zu überlassen, wie sie jezt am schroffsten die amerikanischen

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Millionäre in der Hand haben. Daran hat die Zukunft zu arbeiten. Und diesem Ziele nähern wir uns vielleicht mehr in Ländern wie Deutschland, dessen politische Verfassung noch so viel stärkere mon= archische und Beamtenelemente in sich hat; diese hindern die Herrschaft der Millionäre, die uns bei plößlicher Demokratisierung ähnlich wie in Frankreich und den Vereinigten Staaten drohte. Die Mon= archie hat unseren Bauernstand gerettet, unseren Arbeiterstand emporgehoben; in unserer Monarchie hat sich ein Genossenschaftswesen entwickelt wie in keinem anderen Lande; unsere Kartelle sind demo-, kratischer als die amerikanischen Trusts. Wir können die Hoffnung nicht schwinden lassen, gerade in einem solchen Lande seien in der Zukunft bessere wirtschaftliche Organisationsformen, als die von den Inhabern der Großvermögen allein geschaffenen, leichter möglich, als in republikanisch-demokratischen Ländern, wo man die Plutokratie durch politisch-demokratische Einrichtungen zu heilen umsonst versuchte. Damit kommen wir zu unserem Urteil über die Eigentumsordnung unserer Zeit und ihre wahrscheinliche nächste Zukunft. Diese wird nicht darin bestehen, daß aller Grund und Boden, alle Gebäude, alles Produktivkapital — und am wenigsten auf einmal durch eine Revo= lution, einen Sieg des Proletariats — in die rechtliche Verfügungsgewalt des Staates oder der organisierten Arbeiter übergeht. Der Staat hat mit Recht seine wirtschaftliche Tätigkeit und damit auch das staatliche Eigentum in der Gegenwart nicht unerheblich ausgedehnt; aber er hat zunächst genug damit zu tun, dabei die bureaukratische Schwerfälligkeit, die Gefahren des Nepotismus und ähn= liches soweit zurückzudrängen, daß diese Ausdehnung mehr als Fortschritt denn als Übelstand erscheint. Die organisierten Arbeiter sind heute kaum recht fähig, eine vernünftige realistische Arbeiterpolitik zu treiben, sie haben hier noch viel zu lernen, wie sollten sie fähig sein, unsere große Industrie und den Staat zu leiten! Selbst die ge= mäßigten Sozialdemokraten geben ihre heutige gänzliche Unfähigkeit zur Leitung der Großindustrie zu. Es wird also auch in absehbarer Zukunft, wie bisher, eine breite Sphäre des privaten Eigentums bestehen bleiben. Es wird für immer ein solches sich erhalten, soweit es sich in den mäßigen Grenzen des privaten Lebens hält, als Sphäre des individuellen und Familienwaltens erscheint; denn alle menschliche und berufliche Ausbildung erfordert eine freie private Eigentumssphäre, alle individuelle Freiheit ist nicht denkbar ohne sie; und wer vollends daran festhält, daß eine gewisse aristokratische Gliederung der Gesellschaft sich erhalten wird, kann auch in einer

entsprechenden aristokratischen Eigentumsverteilung nur die Konse= quenz eines Gedankens sehen, dessen Ausschreitungen man bekämpfen muß, der aber an sich nicht verschwinden wird. Auch das spricht für die Erhaltung einer recht erheblichen Sphäre eines im ganzen freien Privateigentums, daß ein immer größerer Teil des heutigen Ver= mögens nicht ererbt, sondern persönlich erworben ist. Je beweglicher unsere Volkswirtschaft geworden, desto weniger bleibt großes Vermögen in den Händen der Unfähigen und Faulen. Freilich verschwinden die Ausnahmen nicht, freilich hören glückliche Zufälle und Konjunkturen nicht auf, den Dummen und Trägen einmal das große Los treffen zu lassen, und überträgt das Erbrecht immer wieder die Vermögensverteilung der alten Generation, ohne Rücksicht auf die Eigenschaften, auf die jüngere. Aber das sind keine Einwürfe, die schwerwiegend genug gegenüber den entgegenstehenden günstigen Folgen wären. Nur darf man als Jdeal ciner gerechten und durch= führbaren Eigentumsordnung nicht eine solche aufstellen, die jedem Individuum gleich viel oder in jedem Augenblick nach seinem persönlichen Verdienst gibt. Soweit leßteres indirekt möglich ist, müssen die Institutionen darauf hinwirken, direkt aber ist dies nie möglich, weil dazu eine allwissende Behörde gehörte, deren Wirken doch von den einzelnen als ungerechter Despotismus empfunden würde. Hauptsächlich ist aber nicht das augenblickliche Einzelinteresse aller Jndividuen der richtige Maßstab, sondern das gesellschaftliche Gesamtinteresse in Gegenwart und Zukunft. Und hauptsächlich bleibt be= stimmend, was nach dem Kulturniveau der Menschen und nach der Entwickelung unserer gesamten Institutionen an Idealen in der Gegenwart erreichbar ist.

Daher hat die Zunahme des Staatseigentums heute ihre bestimmten Grenzen; mehr als dieses wird das der Provinzen, der Kreise, der Stadt- und Landgemeinden wachsen. Aber auch hier liegen die Grenzen in der Fähigkeit, Gerechtigkeit, Weitsicht der betreffenden Verwaltungen. Und in bezug auf die Trusts, Kartelle, Aktiengesellschaften steht nicht ihre Verstaatlichung (mit gewissen Ausnahmen für Monopole) in Frage, sondern die Reform ihrer Verwaltung, so daß sie ebenso sehr im Gesamtinteresse, wie in dem ihrer Kapitalbesizer, Leiter, Direktoren verwaltet werden. Hier handelt es sich um ein sehr großes Gebiet von zu reformierenden Organen, die aus rein 'privaten halböffentliche werden müssen; hier kann man sagen, ungeheure Kapitalmassen müßten gewissen Schranken im öffentlichen Interesse unterworfen werden. Und auch von umfangreichen Teilen des son=

stigen Privateigentums, städtischem Hausbesitz, Waldbesik, Naturschäzen gilt dies; der ganze ländliche Grund und Boden, der separiert wird, erduldet Eingriffe im Gesamtinteresse. So wird allerdings unsere ganze heutige Eigentumsordnung durch eine andere erseßt, die private Willkür wird mehr als bisher eingeschränkt, während es lange gegenüber den überlebten Ordnungen des Mittelalters galt, die freie Verfügung des Eigentümers zu steigern.

Die Epochen des großen sozialen Fortschritts, der steigenden Zusammenfassung der Kräfte sind stets zugleich Zeiten, in welchen das gemeinsame Eigentum nicht bloß das des Staates, sondern aller größeren sozialen Organe zunimmt, und die Unterordnung des individuellen Eigentums unter die Gesamtzwecke wächst. Wir leben heute wieder in einer solchen Epoche, die die Grenzen zwischen gemeinschaftlicher und individueller Eigentumssphäre etwas anders regu= liert, eine kompliziertere Jneinanderpassung beider Sphären herbeiführt, eine Summe neuer Gemeinschaftsorgane mit eigentümlicher komplizierter Verfassung und gemeinschaftlichem Eigentum erzeugt und erzeugen wird. Das Wesentliche aber bei all' dem ist, daß die Eigentumsordnung eine immer kompliziertere wird, die verschiedensten je für bestimmte Verhältnisse passenden Formen ausbildet, aber nicht, daß sie zu den rohen Formen des alten Staats- oder Gemeindeeigentums zurückkehrt.

Die Geschichte des Eigentums reflektiert stets die ganze Geschichte der Gesellschaft und ihrer Organisation, sowie die Geschichte der fort= schreitenden sittlichen Ideen, welche die Gesellschaft ausbildet und auszuführen sucht. Alle Gesellschafts-, Genossenschafts-, Staatsbildung hat irgendwelche Formen des gemeinsamen Eigentums, irgendwelche Schranken und Pflichten des privaten Eigentums erzeugt. Die Ausbildung des individuellen Eigentums hat die älteren Gesellschaftsordnungen aufgelöst, die neuere bilden helfen. Ohne Eigentum konnten die patriarchalische und moderne Familie, die Unternehmung, die Arbeitsteilung, Handel und Verkehr so wenig ent= stehen, wie die individuelle Persönlichkeit sich ausbilden. Immer mehr aber haben sich zugleich die Gesamtinteressen, die soziale Zweckmäßig= keit und Reform, die sympathischen Gefühle in alle Rechtssaßungen des Eigentums eingeschoben und haben edlere höhere Formen des privaten und kollektiven Eigentums erzeugt.

10. Die Eigentumsdefinitionen und die Eigentumstheorien. Wenn wir so alle Konsequenzen des Eigentumsrechtes ins Auge fassen, so werden wir uns für unseren Zweck auch nicht mit der ge= wöhnlichen Definition zufrieden geben, das Eigentum sei die ausschließliche rechtliche Herrschaft einer natürlichen Person oder eines sozialen Organes über eine Sache; das ist eine Definition mittelst einer bildlichen Analogie; das Bild der politischen oder sozialen Herrschaft einer Person über andere wird auf die Sachenwelt übertragen. Alles Recht ist in seinem Kerne eine Regelung der Bezie= hungen von Personen und sozialen Organen untereinander, und daher sagen wir lieber: das Eigentumsrecht ist der Inbegriff von rechtlichen Regeln, welche die Nußungsbefugnisse und -verbote der Personen und sozialen Organe untereinander in bezug auf die materiellen Objekte der Außenwelt festseßen. Das Eigentum an der einzelnen Sache ist in erster Linie der rechtliche Inbegriff der Andere ausschließenden Nußungsbefugnisse, also das Recht des Gebrauches, des Verkaufes, der Vererbung, der Verschenkung; in zweiter Linie schließt aber das Eigentumsrecht stets auch gewisse rechtliche Schranken und Pflichten ein, welche dem Eigentümer in bezug auf die bestimmte Sache gegen andere Personen und soziale Organe auferlegt sind.

Die Eigentumsordnung ist die rechtliche Regelung der gesamten Beziehungen der einzelnen Personen und der sozialen Organe zur materiellen Außenwelt; sie normiert gemäß den bestehenden Macht= verhältnissen und sittlichen Grundanschauungen in der Form des Rechtes die Verteilung von Grund- und beweglichem Besik an die Individuen und sozialen Organe. Das heißt: sie normiert die erlaubten und verbotenen Nußungen für die Gegenwart und bestimmt die zulässigen Veränderungen in der künftigen Verteilung durch das Erbrecht, durch die Verträge, die rechtlich zulässigen Erwerbsarten. Schon die älteren einfachen Eigentumsordnungen bestehen so aus einer großen Zahl von formalen und materiellen Bestimmungen; je höher die Kultur steigt, desto mannigfaltiger und komplizierter werden sie, desto mehr erschöpft sich die Eigentumsordnung nur in einer steigenden Zahl selbständiger Rechts- und Verkehrsinstitutionen.

Die historische Entwickelung des Eigentums und alle spätere for= male und materielle Ausbildung des Eigentumsrechtes, alle Ver= änderung in der Grenznormierung zwischen individueller und ge= meinschaftlicher Sphäre knüpft an praktische Anlässe, an Macht

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