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die Ämter. Die Tapferkeit (virtus) galt nicht bloß bei den Römern als die einzig wahre Tugend, sie war für alle älteren Zeiten eben die für die Stämme und Sippen, ihre Existenz, ihre Kämpfe wichtigste, um sich zu behaupten. Und darum erwies man ihr eine Ehrfurcht, die heute kaum mehr vorhanden sein kann, nur etwa in der Stellung unseres Offizierstandes noch nachklingt. Die kriegerischen Aristokratien gingen aus diesen Tapferen und ihren Gefolgschaften hervor. Freilich ist die Entstehung eines besonderen Kriegerstandes bei den tüchtigsten und kühnsten Stämmen nicht der Anfang ihrer Militärverfassung. Besonders einzelne Stämme mit Viehbesiß, mit kräftigen Rasseeigenschaften, durch Klima, Schicksale und Wanderung auf stete Kämpfe hingewiesen, haben unter der Leitung begabter Führer eine Verfassung ausgebildet, nach der jeder erwachsene Mann zugleich Krieger war. Die bedeutendsten indogermanischen Völker, Griechen, Römer, Germanen, sind hieher zu rechnen, welche in ihren Wandertagen und auch noch später in ihrer Gesamtheit Hirten, Ackerbauer und Krieger zugleich waren. Allerdings waren auch bei ihnen bald gewisse Modifikationen der allgemeinen Kriegspflicht nötig. Man bot jahres- oder zeitweise nur die Hälfte der Männer auf, während die anderen für diese arbeiteten. Man ließ zu kleineren Zügen nur die Jugend oder die Altersklassen bis zum 30., 40., 45. Jahre ausrücken; man begann, die schwere Last der Ausrüstung und eigenen Verpflegung wie den Kriegsdienst selbst nach der Größe des Grundbesizes oder Vermögens abzustufen.

Nur bei einem sehr niedrigen Grade der wirtschaftlichen Kultur, bei kleinen Stämmen, bei steter Bedrohung oder Wanderung konnten alle Männer Krieger sein. Die wirtschaftliche Last des Unterhaltes fiel dabei überwiegend auf die Weiber, die Jugend, die alten Leute, die Knechte. Als die höchste kriegerische Leistung rechnet man heute, daß 25% eines Stammes, die Gesamtheit der erwachsenen Männer, in den Krieg zogen; für gewöhnlich werden 15-20 % schon eine außerordentlich große Leistung gewesen sein. Jeder Fortschritt im Landbau und in der Seßhaftigkeit, jede friedliche Kultur, jede Vergrößerung des Stammgebietes drängte zu einer Arbeitsteilung, welche einen Teil der erwachsenen Männer vorübergehend oder dauernd von der kriegerischen Arbeit entlastete. Es geschah in der Weise, daß kriegerische Stämme durch Eroberung und Unterwerfung sich zum Kriegsadel eines größeren Gebietes machten, wie in Sparta, oder so, daß nur die Besizer größerer Landlose noch Kriegsdienste taten, wie in Athen oder in Deutschland mit Einführung des Reiter=

dienstes und Lehenswesens. Die indische, ägyptische, japanische Kriegerkaste waren Ergebnisse einer ähnlichen Entwickelung. Wo die Kriege seltener wurden, der Kriegsschauplah ferner lag, auf die Grenzen sich beschränkte, da genügte ein kleiner Teil des Volkes für die kriegerische Verteidigung. Aber es war der angesehene, meist der mit erheblichem Grundbesitz ausgestattete. Die Entwöhnung des Bauern von der Führung des Schwertes bedeutete für ihn ein besseres wirtschaftliches Fortkommen, aber allerdings auch eine tiefere soziale Stellung. Die Scheidung des Volkes in einen kriegerischen und nicht kriegerischen Teil war zugleich eine solche in einen befehlenden und einen gehorchenden; denn die Kriegeraristokratie kam neben den Priestern ebenso an die Spitze des Staates, den sie allein nach außen verteidigte, wie lokal an die Spitze der Selbstverwaltung, da sie allein Ruhe und Ordnung in jenen gewalttätigen Zeiten aufrecht erhielt. Ein heroisches Zeitalter ritterlicher Kultur knüpft sich an die Tage ihrer Herrschaft: für Jahrhunderte zerfielen die Völker in die drei Hauptgruppen der Priester, der Krieger, der Bauern und Bürger, wobei jedoch die zwei ersten herrschenden Klassen nur einen mäßigen Bruchteil ausmachten, die Masse des übrigen Volkes häufig in eine untergeordnete, ab= hängige Stellung kam.

Mit der Zeit aber geht ein wachsender Teil der Amtsgeschäfte der Kriegeraristokratie auf das neuere Beamtentum, ein immer größerer Teil ihrer militärischen Tätigkeit auf die mittleren und unteren Klassen über. Die größeren technischen Ansprüche in beiderlei Richtung erzwingen diese weiteren Schritte der Arbeitsteilung. Mit dem Vordringen der Geldwirtschaft und des beweglichen Besites, mit der dichteren Bevölkerung, die ihren Unterhalt auf dem besetzten Boden immer schwieriger findet, mit der Umwandlung des Kriegsadels in einen Grundbesiz- und Amtsadel, mit der Schwierigkeit, die Ritterschaft stets schlagfertig und kriegstüchtig zu erhalten, sie auf entferntere Kriegsschauplähe zu führen, beginnt der Kriegsdienst gegen Geld= sold, in den erst die Söhne der Ritter und die verarmten Adligen, dann die unteren Klassen des eigenen Volkes, endlich Fremde, zuleht die besiglosen Proletarier von überallher eintreten. An den dauern= den Solddienst knüpfen sich die großen technisch-militärischen Fortschritte: das Heer wird stehend, der Soldatenberuf ein ausschließlicher Lebensberuf. Nicht nach Familie, Heimat, Grundbesitz werden die Leute mehr gruppiert, sondern nach Fähigkeit, Bewaffnung und Ausbildung; es entstehen die administrativen und taktischen Einheiten des Heeres, die Waffenspezialitäten, die hierarchische Ordnung von

Ober-, Unteroffizieren und Mannschaften. Ein gut geschultes stehen= des Heer von wenigen Prozenten der Bevölkerung reicht jeßt für die größten Staaten aus. Die stehenden Heere machen heute (nach Zahn) zwischen 0,1 % (Vereinigte Staaten) und 3,4 % (Frankreich) der Erwerbtätigen aus; in Großbritannien sind es 1 %, in Deutschland 2,8 %. Von der Gesamtbevölkerung wären es noch wesentlich nied= rigere Bruchteile. So ist der historische Fortschritt, welcher in der Einschränkung des Waffendienstes in den lezten 2–3000 Jahren liegt, etwa in dem Zahlenverhältnis auszudrücken: wo einst 25 % der Be= völkerung, 35-40 % der Erwerbtätigen, zum kriegerischen Schuße nötig waren, da reichen heute etwa 0,4-1,12 % der Bevölkerung, 1-3 % der Erwerbtätigen aus.

Die reinen Soldheere, die im Altertume schon etwa 400 v. Chr. be= ginnen, auch in Rom unter Marius die alten Bauernsoldaten verdrängen, in der neueren Zeit vom 14.-18. Jahrhundert vorherrschen, am frühesten und ausschließlichsten reichen Handelsstaaten eigen sind, führen aber zuleßt zu den größten politischen und sozialen Mißständen. Während das übrige Volk in Feigheit und Genußsucht verweichlicht, seht sich der Soldatenstand mehr und mehr aus den rohesten Ele= menten, barbarischen Fremden, Soldatenkindern, Tunichtguten, Verbrechern zusammen; ohne sittlichen Zusammenhang mit den Volksund Staatsinteressen, die er verteidigen soll, ergibt er sich Usurpationen, erhebt seine Führer zur Diktatur, fordert unerschwingliche Summen für seinen Unterhalt oder seine Bestechung und schüßt zuleht so wenig vor innerer Auflösung wie vor äußeren Feinden. Die zu weit getriebene Arbeitsteilung macht bankerott.

Daher ist die neuere Zeit zu einem gemischten System zurückgekehrt: lebenslängliche Offiziere sowie Unteroffiziere, die 8 bis 15 Jahre dienen und dann in eine Zivilstellung übergehen, geben den Rahmen für ein stehendes Heer, für das die Männer vom 17. bis in die 40 er Jahre (18,% der Bevölkerung) kriegspflichtig sind, in dem die körperlich tüchtigen Männer der ganzen Nation in einer Übungszeit von einigen Monaten oder Jahren kriegerisch ausgebildet werden, um dann ihrem anderen dauernden Berufe zurückgegeben, nur im Kriegsfalle je nach Bedarf bis zu 7, 8 und 9% der Bevölkerung zur Fahne gezogen zu werden. Im Offiziers= dienste verjüngt sich der alte Grundbesißadel, indem er neue Pflichten auf sich nimmt; er kann es aber nur, indem er selbst zugleich die höhere geistige Bildung der liberalen Berufe erwirbt und sich mit diesen gleichsam verschwistert. Die allgemeine Wehrpflicht der übrigen Smoller, Kaffenbildung, Arbeiterfrage, Klassenkampf.

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Klassen ist die stärkste Korrektur der sonstigen so weit gehenden, teilweise übertriebenen Arbeitsteilung überhaupt, ein Erziehungsmittel für die ganze Nation, sowie ein sicheres Gegenmittel gegen die Mißbräuche der Klassenherrschaft.

3. Die Händler.

Ein gewisser Handel und Tauschverkehr hat sich sehr frühe ent= wickelt. Wir kennen kaum Stämme und Völker, die nicht irgendwie durch ihn berührt würden. Die verschiedene technische und kulturelle Entwicklung schuf in der allerfrühesten Zeit bei einzelnen Stämmen bessere Waren und Werkzeuge; die Natur gab verschiedene Produkte, welche bei den Nachbarn bekannt und begehrt wurden. Und überall hat sich die Tatsache wiederholt, daß der Wunsch nach solchen Waren und Produkten Jahrhunderte, oft Jahrtausende früher lebendig wurde als die Kunst, sie selbst herzustellen; für viele war dies ja an sich durch die Natur ausgeschlossen.

Der erste Handel und Tauschverkehr war nun aber lange ein solcher ohne Händler. Schon in der Epoche der durchbohrten Steine gelangen Werkzeuge und Schmucksachen von Stamm zu Stamm auf Tausende von Meilen. Ein sprachloser, stummer Handel besteht noch heute am Niger; auf den Stammgrenzen kommt man zusammen, legt einzelnes zum Austausch hin, zieht sich zurück, um die Fremden eine Gegengabe hinlegen zu lassen, und holt dann lettere. Innerhalb desselben Stammes hindert lange die Gleichheit der persönlichen Eigenschaften und des Besißes jedes Bedürfnis des Tausches. Auch auf viel höherer Kulturstufe finden wir noch einen Handel ohne Händler, wie z. B. zwischen dem Bauer des platten Landes und dem Handwerker der mittelalterlichen Stadt lange ein solcher Austausch der Erzeugnisse stattfindet, ein Handel zwischen Produzent und Konsument. Zwischen verschiedenen Stämmen gaben die Häuptlinge und Fürsten am ehesten die Möglichkeit und den Anlaß zum Tausch. Daher sind lange diese Spizen der Gesellschaft die wesentlich Handeltreibenden. In Mikronesien ist heute noch dem Adel Schiffahrt und Handel allein vorbehalten; die kleinen Negerkönige Afrikas suchen noch möglichst den Handel für sich zu monopolisieren. Ähnliches wird von den älteren russischen Teilfürsten berichtet; die Haupthändler in Tyrus, Sidon und Israel waren die Häuptlinge und Könige.

Nur bei solchen Stämmen, die, entweder am Meere lebend, Fischfang und Schiffahrt frühe erlernten, oder als Hirten mit ihren Herden zwischen verschiedenen Gegenden und Stämmen hin und herwander

ten, wie bei den Phönikern und den arabisch-syrischen Hirtenstämmen, konnten sich der abenteuernde Sinn, die kühne Wagelust, der rech= nende Erwerbsinn entwickeln, die in etwas breiteren Schichten der Stämme Handelsgeist und Handelsgewohnheiten, sowie Marktein= richtungen nach und nach schufen. Ihnen steht die Mehrzahl der anderen Stämme und Rassen mit einer zähen, Jahrhunderte lang fest= gehaltenen Abneigung gegen den Handel gegenüber; sie dulden Ge= nerationen hindurch eher, daß fremde Händler zu ihnen kommen, als daß sie selbst den Handel erlernen und ergreifen. So ist bei den meisten, besonders den indogermanischen Völkern, der Handel durch Fremde und Fremdenkolonien nur sehr langsam eingedrungen. Die Phöniker, Araber, Syrer und Juden waren die Lehrer des Handels für ganz Europa. Die Araber sind es noch heute in Afrika, wie die Armenier im Orient, die Malaien und Chinesen vielfach in Ostasien. Bis auf den heutigen Tag sind in vielen Ländern einzelne Handelszweige in den Händen fremder Volksangehöriger, wie z. B. in London der Getreidehandel wesentlich von Griechen und Deutschen, in Paris das Bankgeschäft hauptsächlich von Genfer Kaufleuten und deutschen Juden begründet wurde, in Manchester noch heute ein erheblicher Teil des Baumwollwarenhandels in fremden Händen liegt. In Indien kann der Krämer und Händler des Dorfes noch heute nicht Gemeindemitglied sein (Maine). Im Elsaß wohnt der jüdische Vermittler nicht in dem Dorfe, das ihm von seinen Freunden stillschweigend als Geschäftsgebiet überlassen ist. Am Handel klebt so sehr lange die Vorstellung, daß es sich um ein Geschäft mit Fremden handle.

Bei keinem Schritte der Arbeitsteilung ist es so sichtbar, wie beim Handel, daß eigentümliche Rassen- und persönliche Eigenschaften die Voraussetzung seiner Ausbildung waren. Es scheint uns daher für den Händler noch falscher als für Priester und Krieger, seine Entstehung aus Vermögensbesiß zu erklären. Es ist auch psychologisch ganz undenkbar, daß Vermögen an sich kaufmännische Eigenschaften gebe, wenn auch dann bei bestimmten, rassemäßig für den Handel begabten Völkern und an Orten, die dem Handel günstig waren, Grundbesitzer an ihm teilnahmen, zuerst die Fürsten und Häuptlinge ihn in der Hand hatten.

Die ältesten Händler sind Wanderer, die mit Karren, Lasttieren und Schiffen von Ort zu Ort, von Stamm zu Stamm, von Küste zu Küste ziehen; sie sind meist Groß- und Kleinhändler, Frachtführer und Warenbesizer, oft auch technische Künstler und Handwerker zugleich. Die wertvollsten Waren, mit ihren großen örtlichen Wert

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