Imágenes de páginas
PDF
EPUB

Staatsinstitute unsere heutigen Eisenbahnen, Telegraphenanstalten, Postdampferlinien, Telephoneinrichtungen mit ihrem arbeitsteiligen Personal von Tausenden von Personen.

Alle diese Institutionen zusammen haben vom 16. Jahrhundert an unseren Handel und seine Einrichtungen in den zivilisierten Staaten und zwischen ihnen gänzlich umgestaltet. Nun konnte der Kaufmann zu Hause bleiben, durch Briefe und Frachtgeschäfte, welche andere besorgten, seinen Handel abmachen; er brauchte nicht mehr in gleichem Maße wie früher allein oder in Genossenschaft sich eine Stellung in fremden Ländern zu erkämpfen; derartiges nahm ihm, wenigstens teilweise, die Staatsgewalt ab. Selbst die Warenlagerung und das Vorrätehalten ging zu einem Teil auf besondere Geschäfte und Organisationen, wie die öffentlichen Lagerhäuser über; das Spekulieren, das Ein- und Verkaufen auf der Börse, durch den reisenden Kommis, durch Korrespondenz trat in den Vordergrund der großen, das Ladengeschäft in den Vordergrund der kleinen Geschäfte.

Aber weder damit, noch mit der Scheidung der Handels- von den Verkehrsgeschäften und -organen, noch mit der Ausbildung der besonderen Kredithändler, der Banken, ist die neuere Arbeitsteilung im Handel und Verkehr erschöpft, die Stellung des neueren Händlertums charakterisiert. Man wird sagen können, vom 15. und 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart habe der Handelsstand erst seine selb= ständige höhere Ausbildung und Teilung erreicht, sei er erst der Beherrscher und Organisator der Volkswirtschaft geworden. Erst von da an hat die Güterzirkulation, der Absatz, die interlokale und internationale Teilung der Arbeit so zugenommen, daß sie überall des Handels und seiner Teilorgane bedurfte. Erst jetzt entstand in großem Umfang und auch im mittleren und nördlichen Europa für einzelne Handwerkswaren ein Absah in die Ferne durch den Kaufmann; der Handel schuf die Hausindustrie, wie er später hauptsächlich die Großunternehmung ins Leben rief. Die großen Messen gehören der Zeit von 1500-1800, die größeren Börsen der von 1800-1900 an. Beide sind Ergebnisse des Handels. Die ganze privatwirtschaftliche, spekulative Seite der heutigen Volkswirtschaft hing 1500-1900 mehr und mehr am Handel, lag in den Händen der Kaufleute, war von der arbeitsteiligen Handels- und Verkehrsorganisation abhängig, welche sich immer einflußreicher, komplizierter gestaltet hat; sie beherrscht Industrie und Landwirtschaft, den großen Teil der wirtschaftlichen Produktion und die Verteilungsgeschäfte, welche die Güter den einzelnen zuführen bis in die neuere Zeit.

Allerdings zeigen die Handels-, Versicherungs-, Verkehrs- und Beherbergungsgewerbe in unserer heutigen Berufs- und Gewerbestatistik entfernt nicht die Spezialisierung wie die Industrie. Aber in der deutschen Zählung von 1882 sind doch für den Handel mit Tieren 32, mit landwirtschaftlichen Produkten 121, mit Brennmaterialien 33, mit Metallen 51, mit Kolonial-, Eß- und Trinkwaren 121, mit Schnittwaren 126, mit Kurz- und Galanteriewaren 51 Spezialitäten von Geschäften verzeichnet. Die Anpassung der Verkaufsgeschäfte an die Bedürfnisse der verschiedenen Klassen und Orte hat Magazine und Läden jeder Art, von den kleinsten bis zu den Riesenbazaren ge= schaffen. Die verschiedensten Formen des Verkaufs stehen neben= einander: Hausierbetrieb, Wochen-, Jahrmarkts-, Markthallenverkauf, Auktionsgeschäfte, Wander- und stehende städtische Verkaufslager. Die Linien zwischen Produktion und Konsumtion werden durch Makler, Agenten, Kommissionäre, Groß- und Kleinhändler aller Art verlängert. Und so sehr an vielen Stellen die Zunahme und Ver= besserung der Verkehrsmittel früher notwendige Mittelglieder des Handels ausmerzt, da und dort entstehen wieder neue. Und jedenfalls ist die Macht und der Einfluß des Händlertums immer noch eher im Wachsen, so verschiedenartig Stellung und Einfluß der Elemente sind.

Die kleinen Ladenhalter, Höker, Hausierer, das Personal der Markthelfer, Packer, Träger, Dienstmänner, das subalterne Personal aller Verkehrsanstalten steht mit dem gelernten und ungelernten Arbeiter auf einer Stufe, die kleinen Ladengeschäfte mit dem Handwerker, die großen Ladengeschäfte rechnen zum höheren Mittelstande; ihre Tausende von Kommis und sonstigen Gehilfen gehören teils ihm, teils dem höheren Arbeiterstande an. Über all dem stehen die höhere Geschäftswelt, die Großhändler, die Direktoren und Leiter der Aktiengesellschaften, Kartelle, Banken und ähnlicher Geschäfte; sie bilden die Spitze der kaufmännischen Welt. Sie werden nicht mehr Fürsten, wie einst die Medici oder heute noch glückliche arabische Händler in Afrika, aber sie überragen an Reichtum, Macht und Einfluß doch da und dort alle anderen Kreise der Gesellschaft, beherrschen in einzelnen Staaten Regierung und Verwaltung nicht minder als einst in Karthago, Venedig und Florenz. Nur wo eine alte, starke Monarchie, eine gesunde und große Grundaristokratie, eine ausgebildete Heeres- und Beamtenverfassung ist, eristieren noch starke Gegengewichte, welche ihren monopolartigen Einfluß in der Volkswirtschaft und Gesetzgebung, sowie im Staatsleben im ganzen hemmen, ihren großen Ge= winnen gewisse Schranken sehen.

Die höhere Schicht der kaufmännischen Welt stützt sich auf ihren beweglichen Kapitalbesik, wie die Grundaristokratie auf ihren Grundbesit. Dieser Kapitalbesiß hat das Händlertum emporgehoben, seine Macht und seinen Einfluß gesteigert. Aber es ist eine sehr schiefe Auffassung, aus dem Kapital an sich alles heute abzuleiten, was Folge der technischen, geistigen und moralischen Eigenschaften der Kaufleute, was das Ergebnis ihrer Marktkenntnis und -beherrschung, ihrer Organisation, ihres teilweise vorhandenen Monopolbesitzes der Geschäftsformen und Geschäftsgeheimnisse ist. Ihre Stellung in der modernen Volkswirtschaft hat man lange von der günstigsten Seite, neuerdings unter dem Eindrucke gewisser Mißbräuche und Ent= artungen, auch unter dem Einflusse sozialistischer Theorien vielfach überwiegend zu ungünstig be- und verurteilt. Gewiß kann der habsüchtige Handelsgeist entarten, in herrschsüchtiger Monopolstellung für Volkswirtschaft und Staat große Gefahren bringen. Aber nie sollte man dabei übersehen, daß die arbeitsteilige Ausbildung des Handelsstandes ein wichtiger Fortschritt ist, der unsere moderne Volks- und Weltwirtschaft wesentlich mit schaffen half. Und stets sollte man sich klar sein, daß dieser Handelsgeist je nach den Menschen, ihren Ge= fühlen und Sitten, ihrer Moral und Rasse etwas sehr Verschiedenes sein kann. Eine fortschreitende Versittlichung der Geschäftsformen kann die Auswüchse des egoistischen Handelsgeistes abschneiden; ein reeller Geschäftsverkehr, eine steigende Ehrlichkeit und Anständigkeit in Handel und Wandel kann Plaß greifen; durch Staats- und Kommunalbanken, durch Genossenschaften und Vereine, die wirtschaftliche Funktionen übernehmen, teilweise auch durch das Aktienwesen und seine Beamten kommt in einen Teil des Geschäftslebens ein anderer, zugleich auf Gesamtinteressen gerichteter Geist. Die großen Organi= sationen der Industrie und der Landwirtschaft haben sich teilweise schon von der Vorherrschaft des Händlertums durch Kartelle und Ge= nossenschaften zu befreien gesucht. Die Gefahren wucherischer und monopolistischer Ausbeutung der übrigen Volksklassen und des Staates durch die Händler werden in dem Maße zurückgedrängt, wie das ganze Volk die modernen Handels- und Kreditformen erlernt und beherrscht.

-

Für das Verständnis der neueren politischen und volkswirtschaft= lichen Entwickelung der Kulturvölker ist es eine Erscheinung von größter Bedeutung, daß von den drei bisher geschilderten, durch Arbeitsteilung entstandenen aristokratischen Gruppen der Gesellschaft die beiden ersteren, die Priester und Krieger, wenn nicht verschwunden,

so doch ihrer Übermacht entkleidet sind; ihre Berufe dauern in wesent= lich anderen gesellschaftlichen Formen heute fort. Wohl gibt es noch Staaten mit starker Priesterschaft; aber die höher zivilisierten, be= sonders die protestantischen, haben eine Geistlichkeit, einen Lehrerstand ohne wirtschaftliche Vorrechte und Übermacht. Wohl gibt es noch Militärstaaten, wie Preußen, aber der Offizierstand herrscht nicht, er stammt aus allen Kreisen der Gebildeten; die allgemeine Wehrpflicht hat das proletarische Söldnerberufsheer mit seiner einseitigen Arbeitsteilung abgelöst.

Die Handelsaristokratie der Gegenwart konnte und kann nicht ebenso verschwinden, weil ihre arbeitsteilige Funktion, die Lei= tung und Regulierung der wirtschaftlichen Produktion, die Ver= teilung der Güter erst in den letzten 2-3 Jahrhunderten entstand und heute unentbehrlich ist. Wäre der Handel aller Kaufleute so ent= behrlich, wie die Sozialisten meinen, verdienten die kaufmännischen Fabrikleiter ihre Gewinne nur mit demselben Rechtstitel wie die Jungen, die über die Mauer steigen, um Äpfel zu stehlen (Kautsky), dann wäre diese Handelsaristokratie auch schon verschwunden. Sie wird bleiben, so lange sie am besten große und wichtige Funktionen der Volkswirtschaft versieht. Aber ihre einseitige Herrschaft wird, wo sie besteht oder droht, mehr und mehr durch entgegenwirkende Einrichtungen und Organisationen zurückgedrängt und beschränkt werden. Große politische und wirtschaftliche Bewegungen sind in unserer Zeit im Gang, um dies zu bewirken.

4. Der Arbeiterstand, Sklaverei und Leibeigenschaft.

Die drei Gruppen der Gesellschaft: Priester, Krieger, Händler bleiben die Grundtypen aller Aristokratie. Die betreffenden Individuen und Gesellschaftsgruppen steigen durch eigentümliche Kräfte und Vorzüge empor, erreichen durch sie die größere Ehre, die größere Macht, das größere Einkommen und Vermögen. Sie steigen in harten Daseinskämpfen auf, denen Gewalt, Betrug, Mißbrauch so wenig fehlen kann wie allem Menschlichen. Die Priester haben Dokumente gefälscht, um ihren Besitz zu mehren, die Ritter haben widerrechtlich Bauern von ihren Hufen vertrieben, die Händler haben mit List und Betrug, mit Wucher und oft auch mit Gewalt ihren Besitz vergrößert. Sie alle haben stets gesucht, ihre Stellung um jeden Preis zu be= festigen, sie haben die übrige Volksmasse herabgedrückt, sie ihrer Leitung und Gewalt unterstellt. Diese Unterstellung war aber ein unabweisbares Bedürfnis der gesellschaftlichen Organisation. Größere

politische und wirtschaftliche Körper konnten nur entstehen, indem die führenden und gehorchenden Kreise sich schieden. Auch die künftige Emporhebung und Erziehung der Massen konnte nur so vorbereitet werden, obwohl zunächst damit Härten und Mißbildungen aller Art eintraten.

Die erwähnten aristokratischen Gruppen werden meist nur einige Prozente der Völker ausgemacht haben; die Masse lebte zunächst in hergebrachter Weise weiter, als kleine Ackerbauer, Hirten, Waldbe= wohner, in den Städten nach und nach als Handwerker. Diese Gruppen der Gesellschaft, aus denen dann der Mittelstand sich zusammensetzte, treten uns bald allein, bald auch in Verbindung mit einer unter ihnen stehenden Schichte entgegen. Der Mittelstand kommt teilweise in Abhängigkeit von den aristokratischen, führenden Teilen der Gesellschaft, teilweise behauptet er eine gewisse Freiheit. Dabei stellt er einen Teil der Gesellschaft dar, der mehr die alte Zeit, Technik, Wirtschaftsweise, als die neue repräsentiert, aus dem heraus viel weniger als aus den aristokratischen der Fortschritt entspringt. Jedenfalls aber bedurften die führenden Elemente der direkten mechanischen Hilfe von dienenden, den Familien und Betrieben ange= gliederten Kräften. Wo Großes geschehen soll, muß der Kluge und Kräftige befehlen und der, welcher über gute Arme verfügt, gehorchen. Nur so können, vollends bei primitiver Kultur, erhebliche politische und wirtschaftliche Erfolge erzielt werden. Die Arbeitsteilung zwischen geistiger und mechanischer Arbeitskraft ist ein unentbehrliches Glied auf der Bahn der gesellschaftlichen Differenzierung und des wirtschaftlichen Fortschrittes.

Diese Arbeitsteilung war zunächst überall durch die patriarchalische Familienverfassung gegeben: die Frauen, die jüngeren Söhne und Töchter, oft auch verheiratete Kinder, ältere unverheiratete Geschwister und Verwandte, die Knechte und Mägde waren in ihr die ausführen= den Kräfte. Soweit die patriarchalische Familie Plah griff, entstand so eine Arbeitsteilung teils für Jahre, teils fürs Leben, die nur eine mäßige Zahl Befehlender kannte. Die kleine, moderne Familie schuf diese Stellung für eine etwas größere Zahl. Aber auch sie beließ zunächst den größeren Teil der 12-30 jährigen in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis bei ihren Eltern oder in anderen Familien, in Kleinbetrieben; ihre Stellung war auch in lezteren vielfach die von Familiengenossen, welche Wohnung, Unterhalt und Kleidung, daneben einige Geschenke, auch etwas Geld erhielten. Wir werden unten darauf zurückkommen, welch großer Teil der heute in der

« AnteriorContinuar »