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schaftung; die Sippen in ihrer Tätigkeit, auch die Familien, später Nachbarn und Arbeitsgenossenschaften, die ältere Kriegsverfassung, manche Arbeiten, die mit der Feldgemeinschaft sich ergeben, führen zu solcher Gemeinschaft der Arbeit; Bücher hat diese Formen neuerdings zu beschreiben und zu klassifizieren gesucht. Aber sie erzeugen zunächst nur die Gemeinsamkeit der gleichen, oft im Rhythmus verrichteten Arbeit, die nicht differenziert, meist nur vorübergehend die Menschen in Beschlag nimmt. Sobald aber einer befiehlt, die anderen gehorchen, sobald die Frau den Hackbau treibt, der Mann jagt, sobald ein Teil der Männer Eisen schmilzt und Geräte fertigt, der andere den Acker baut, sind die Anfänge der Arbeitsteilung und eine höhere Form der Organisierung der gesellschaftlichen Gruppen vorhanden.

Alle Arbeitsteilung knüpft an gewisse geistige, moralische, kriegerische, technische Fortschritte an. Aber nicht jeder solche Fortschritt erzeugt sofort Arbeitsteilung. Die meisten Verbesserungen menschlichen Tuns, menschlicher Arbeitsmethoden fügen sich zunächst in die hergebrachte Lebensweise der Betreffenden so ein, daß sie zu einer zeitweise geübten Funktion ihres täglichen Lebens und Treibens werden. Das Feuer, die Werkzeuge, die Tierzähmung, die Künste des Kochens, Spinnens und Webens sind Jahrtausende lang von allen oder den meisten Gliedern unzähliger Stämme so ausgeübt worden, ohne zu einer Arbeitsteilung Anlaß zu geben. Jahrhunderte lang war der römische Bauer zugleich Soldat, der römische Großgrundbesitzer nebenher Priester, Jurist, Offizier und Kaufmann. Die ausgebildete Haus- und Eigenwirtschaft der indogermanischen und semitischen Völker umfaßte lange Ackerbau, Viehzucht und gewerbliche Künste aller Art, wie heute noch die der norwegischen und anderer isolierter Bauern. Bis in die Gegenwart bleibt überall ein Teil alles wirtschaftlichen und Kulturfortschrittes auf das Ziel gerichtet, in den Tätigkeitskreis der Individuen und Familien so weitere Einzelheiten und Verbesserungen einzufügen, die mit der bestehen= den Lebensweise sich vertragen. Die Arbeitsteilung seht erst da ein, wo ein Teilstück der Lebenssphäre so anwächst, daß es nicht mehr Glied derselben bleiben kann, daß es seinen eigenen Mann fordert, wo die Einfügung neuer Operationen und Tätigkeiten ins hergebrachte Leben nicht geht, nicht die erstrebten Resultate liefert, wo man für die neue Tätigkeit einen freiwilligen oder erzwungenen Vertreter und eine ernährende Lebensstellung für ihn findet oder eine solche schaffen kann. Das Leben derer, für die der arbeitsteilig Tätige nun eine Arbeit

übernimmt, wird meist nicht allzuviel verändert, es wird nur an einzelnen Punkten entlastet. Aber der, welcher den Teilinhalt nun zu seiner Lebensaufgabe macht, muß seine Lebensweise gänzlich umgestalten. Zwar muß auch er für seine und seiner Familie Wirtschaft und Lebenszwecke eine gewisse Zeit und Kraft behalten, denn bestimmte unveräußerliche Eigenzwecke kann niemand aufgeben, aber sie werden eingeschränkt, müssen sich mit seiner neuen Tätigkeit für andere vertragen.

Jeder Fortschritt der Arbeitsteilung verläuft so in Kompromissen zwischen dem Alten und dem Neuen, zwischen der bisherigen Vielseitigkeit der Arbeit und der Spezialisierung. Was früher allgemein und selbstverständlich in der Wirtschaftsführung der Familie, der Gemeinde, einer Unternehmung verbunden war, ist nun eine getrennte Funktion von zweien oder mehreren, und wenn sich diese Scheidung eingelebt hat, so erscheint sie von diesem Standpunkte aus als etwas, dessen Verbindung, wo sie noch besteht, überrascht, als rückständig gilt. Und doch hatte die ältere Verbindung oft moralische und politische, ja auch große wirtschaftliche Vorteile. Noch heute stellt jede Familienwirtschaft solche Kombinationen dar, aus der durch Arbeitsteilung dies und jenes (z. B. das Bereiten der Mahlzeiten) unter Umständen auszuschalten wäre. Die Kleinbauern und Tagelöhner, die Maurer und Zimmerleute, die im Winter weben und schnißen, können für bestimmte Verhältnisse heute ebenso am Plaze sein, wie vor 400 Jahren der Schuster, der zugleich Gerber war. Da und dort kann freilich auch die Not zu heterogenen Verbindungen führen, welche nicht hergebracht, sondern, aus Not neu erdacht und geübt, technisch geringe Leistungen zum Ergebnis haben. Wo unter bestimmten Verhältnissen technische Funktionen, die anderwärts längst getrennt sind, noch in einer Person sich vereinigen, könnte man von halber Arbeitsteilung reden, während wir unter der ganzen Arbeitsteilung diejenigen spezialisierten Tätig= keiten verstehen, welche die Lebensarbeit der Betreffenden ganz oder überwiegend ausmachen. Wir werden so die Arbeitsteilung definieren können als die überwiegende und dauernde Anpassung der menschlichen Arbeitskräfte an bestimmte spezialisierte Aufgaben und Tätigkeiten, welche der einzelne nicht für sich, sondern für mehrere, für viele, für das Volk oder auch für Fremde ausübt.

Ist das Neue von Anfang an so eigentümlich, bedeutsam, zeit- und kräfteraubend, daß es gar nicht in den Kreis der alten Hauswirtschaft und Lebensweise eingefügt wird, sondern gleich besondere Kräfte und Geschäfte fordert, wie z. B. heute die Photographie, die Produktion

von Gas, Elektrizität, Lokomotiven, so sprechen wir doch ebenso von Arbeitsteilung, wie wenn das Spinnen und Weben aus der Familienwirtschaft ausgeschaltet wird. Und ebenso wenn zwei bisher fremde Stämme ihre Waren und Produkte tauschen, die sie bisher nicht kannten. Unser Sprachgefühl, welches Derartiges Arbeitsteilung nennt, fingiert dabei nicht, daß früher das Getrennte in einer Hand gelegen habe, sondern es will nur sagen: eine rechtlich und gesellschaftlich irgendwie geordnete nationale oder internationale Gemeinschaft hat Teile ihrer gemeinsamen Bedürfnisse einzelnen zu be= friedigen, übertragen oder überlassen.

Die Resultate, welche mit der Arbeitsteilung erreicht werden, können historisch nicht ihre Ursache sein, denn sie konnten in ihrem ganzen Umfange nicht vorausgesehen werden. Auch ein angeblicher Tauschtrieb kann nicht, wie Adam Smith meint, der kausale Ausgangspunkt sein, denn es gibt eine umfangreiche Arbeitsteilung ohne Tausch, 3. B. im Geschlecht, in der Familie, und die primitiven Men= schen haben eher eine Abneigung gegen den Tausch, wie sie eine Abneigung gegen jede Änderung hergebrachter Lebensgewohnheiten besiken. Diese mußte überwunden werden, so oft ein Schritt der Arbeitsteilung gelingen sollte und deshalb war jeder Fortschritt schwierig und langsam; er hing stets an der nie leicht gelingenden Ausbildung neuer Sitten und Institutionen. Doch wirkt diesen Hindernissen entgegen, was allen Fortschritt bedingt: die Lust am Neuen, der tastende Sinn nach Verbesserung, die Not des Lebens, die zu Versuchen treibt, über die Schwierigkeiten der Eristenz besser Herr zu werden, der Spürsinn, der nach verbesserter Leistung sucht, die dämmernde Einsicht in das kräftesparende Prinzip der Arbeitsteilung. Vielfach nötigte die wirtschaftliche Einsicht eines Herrschenden die ihm untergebenen Kräfte zur Arbeitsteilung, so der Familienvater die Familienglieder und die Sklaven, der Grundherr seine Hörigen, der Fabrikbesißer seine Arbeiter. Überall gab die Verschiedenheit der menschlichen Kräfte gleichsam eine stillschweigende Anleitung zur Arbeitsteilung.

Freilich hat oft auch erst sie die Kräfte nach und nach differenziert. Und bei allen Stämmen niedriger Kultur ist die Verschiedenheit der Individuen ja noch unerheblich, oder wird sie nicht bemerkt. Aber mindestens der Unterschied des Alters gab Anlaß zu zeitweiser, der des Geschlechtes zu dauernder verschiedener Tätigkeit. Außerdem: gewisse Verschiedenheiten der Kraft, des Fleißes, der Klugheit hat es stets gegeben, und sie traten stärker hervor, wenn der Vater seinen Söhnen dauernd verschiedene Aufgaben zuwies; sie zeigten sich deut

lich, wenn große technische oder wirtschaftliche Fortschritte in Frage standen, denen die einen gewachsen waren, während die anderen sich als unfähig zeigten, sie mitzumachen. Jedenfalls aber waren, seit es verschiedene Rassen gab, seit die verschiedenen Stämme teils im Gebirge, teils in der Ebene, teils am Wasser lebten, seit so verschiedene Arten der Ernährung, der Lebensweise, der Geschicklichkeit sich ausbildeten, die Individuen der einzelnen Rassen und Stämme durch einen Jahrtausende umfassenden Prozeß natürlicher Beeinflussung und eigentümlicher erblicher Entwicklung so weit differenziert worden, daß fast jede Rasse und jeder Stamm einzelne Fertigkeiten und Güter besaß, die dem anderen mangelten. Und je stabiler und unbiegsamer in Lebensweise und Sitte, je unfähiger zur Aneignung neuer Künste alle primitiven Rassen, ja selbst heute noch breite soziale Schichten unserer Kulturvölker sind, desto größeren Einfluß auf die langsam beginnende Arbeitsteilung mußten diese ethnischen Verschiedenheiten haben. Wie ein roter Faden geht es durch alle Kulturgeschichte hindurch, daß Fremde die neuen Künste und Fortschritte bringen; noch heute rekrutieren sich bei dem Durcheinanderwohnen verschiedener Rassen immer wieder dieselben Berufe aus den verschiedenen ethnischen Elementen.

Bei den folgenden Darlegungen wird die Schwierigkeit sein, die Arbeitsteilung, losgetrennt von ihren Ursachen und ihrer praktischen Ausgestaltung in der Gesellschaft, von den konventionellen Ordnungen und Institutionen, in welchen sie allein Leben gewinnt, vorzuführen. Wollte man diese Scheidung nicht vornehmen, so würden wir hier die ganze volkswirtschaftliche Organisation und alle ihre Ursachen darlegen müssen. Eine isolierende Untersuchung der Arbeitsteilung ist an sich berechtigt und hier angezeigt, da wir die Arbeitsteilung wesentlich als Vorstufe der gesellschaftlichen Klassenbildung darlegen wollen. Immer aber ist der große weltgeschichtliche Entwicklungsprozeß der Arbeitsteilung anschaulich nur zu geben mit Ausblicken auf Ursachen und Folgen, mit da und dort eingestreuten kurzen Darlegungen der gesellschaftlichen Einrichtungen, welche der Arbeitsteilung ihre be= stimmte historisch wechselnde Form gaben.

Den Stoff gliedern wir nach gewissen in sich zusammenhängenden Teilen oder Gebieten, innerhalb derselben nach historischer Folge.

Die Arbeitsteilung auf jedem der von uns unterschiedenen Gebiete ist eine in sich zusammenhängende Kette von Erscheinungen. Daneben hat jedes Volk für sich seine Geschichte der Arbeitsteilung, die aber in ihren einzelnen Teilen der Gesamtentwicklung der Menschheit an=

gehört. Wenn die verschiedenen Völker im ganzen eine einheitliche Entwicklungsreihe uns zeigen, so liegt es teils darin, daß immer wieder dieselben Ursachen selbständig zur selben Scheidung führten, teils darin, daß die Gepflogenheiten einer älteren Arbeitsteilung häufig im Zusammenhang mit einer gewissen Technik oder mit gewissen Institutionen auf die jüngeren Völker durch Nachahmung übergingen.

Das erste wichtige Gebiet, das uns bei einer Scheidung der hieher gehörenden Erscheinungen entgegentritt, ist die Arbeitsteilung in der Familie, die zwischen Mann und Frau, zwischen den dienenden Gliedern derselben. Sie hat in der patriarchalischen Großfamilie ihre Hauptausbildung erhalten, spielt aber heute noch eine erhebliche Rolle. Für alle spätere und weitere Arbeitsteilung ist vor allem die Tatsache wichtig, daß die vollen Konsequenzen derselben wohl für die Familienväter, nicht aber ebenso für die Hausfrauen und deren Gehülfinnen gezogen werden. Alle hauswirtschaftliche Frauentätigkeit ist zwar von der Produktion der Güter im großen heute getrennt, stellt jedoch in sich die universalste Vielgestaltigkeit ungetrennter Arbeitsfunktionen dar. Wir müssen uns versagen, auf dieses ganze Gebiet hier einzugehen, da dieser erste Schritt der Arbeitsteilung die gesell= schaftliche Klassenbildung nicht so beeinflußt, wie die späteren.

Als ein zweites großes Gebiet der Arbeitsteilung stellt sich uns die Erhebung der Priester, Krieger und Häuptlinge in der älteren Zeit, der Händler in der späteren über die Masse des übrigen Volkes dar. Ihr steht als Gegenstück die Entstehung einer Schicht handarbeitender Kreise, der Sklaven, der Hörigen, der freien Lohnarbeiter gegenüber. Es handelt sich auf diesem Gebiete um die Scheidung der höheren von der niederen, der geistigen von der mechanischen Arbeit; es ist das Stück Arbeitsteilung, welches aristokratische, herrschende Klassen und daneben untere, dienende, beherrschte erzeugt. Ich be= zeichne sie als die soziale und berufliche Arbeitsteilung; sie ist es zuerst, welche die Scheidung in Klassen und Berufsstände herbei= führt.

Das dritte Gebiet, das wir betrachten, betrifft die Scheidung der Gewerbe von der Haus- und Landwirtschaft, sowie die Arbeitsteilung in der letteren und in den Gewerben. Die gewerbliche Arbeitsteilung erfolgt einerseits nach den Geschäften und Unternehmungen, andererseits innerhalb der Betriebe. Wir fügen dann einige Worte über die Entstehung der Arbeitsteilung innerhalb der liberalen Berufe bei, die gleichsam die modernen Nachfolger der Priester, in gewissem Sinne auch der Häuptlinge und Krieger sind.

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