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Frankreich und Österreich 11-12, in Deutschland 14-15, in der Schweiz und Belgien 18-19, in England 22.

Die Zahl der gewerblichen Bevölkerung ist also heute eine geringe, wo sie 11-18 % umfaßt, eine mittlere, wo es sich um 19—36 handelt, eine starke, wo sie bis 61 % ansteigt. Deutschland erreicht Belgien, die Schweiz, England noch nicht ganz.

Die Personen, welche dem Handel und Verkehr ihre Tätigkeit widmen, machen in den großen europäischen Ländern der Gegenwart wohl nirgends unter 4 % und über 24-25 % aus; in Berlin freilich 26 % (1907), in Hamburg 39 %; sie sind aber als Städte nicht mit größeren Gebieten vergleichbar. Nach den neuesten Zählungen (1900 bis 1911) haben England und Wales 24,5, die Niederlande 18,2, die Vereinigten Staaten 16,3, Frankreich 14,3, Norwegen 14,0, die Schweiz 13,0, Deutschland 12,4, Dänemark 11,8, Belgien 11,7, Schweden 7,5, Italien 7,4, Rußland 7,1, Österreich 5,4, Ungarn 4,2. Zur Illustra= tion mag beigefügt werden, daß in Frankfurt a. M. 1440 die Ge= werbe 58, Handel und Verkehr 13, im Jahre 1882 erstere 35, lektere 31-32 % der selbständigen Erwerbtätigen beanspruchten. Nach der deutschen Berufszählung von 1882 haben fast alle Provinzen und Länder über 7-8 %, Hessen-Nassau, Rheinprovinz, Schleswig-Holstein, Sachsen, Braunschweig stiegen über 10 %. Nach der deutschen Berufszählung von 1907, die Eisenbahnen und Posten mitumfaßt, haben fast alle Provinzen und Länder über 7 %, Brandenburg (ohne Berlin), Rheinland, Königreich Sachsen, Hessen-Nassau und Schleswig-Holstein stiegen über 13 %. Die deutsche erwerbstätige Handelsbevölkerung stieg von 1882 bis 1907 von 1,5 auf 3,5 Mill., von 8,3 auf 12,4 % der Erwerbstätigen.

Die liberalen Berufe schwanken, soweit wir Nachrichten haben, zwischen 2 und 8, in der deutschen Berufszählung von 1895 zwischen 3 und 8%; in den großen Städten machen sie 11-12 % aus. Für 1907 sind die liberalen Berufe nicht bearbeitet. Für genauere Vergleiche bestimmter Teile fehlen meist die Zusammenstellungen, so lehrreich sie wären; Bodio hat einige geliefert, die uns z. B. zeigen, daß in den Vereinigten Staaten dreimal mehr Advokaten sind als in England, in Italien zwei bis dreimal so viel Geistliche wie in Deutschland.

Es geht in diesem Punkte wie oft mit der Statistik; gerade wo sie uns die lehrreichsten Ausblicke eröffnen sollte, verläßt uns das Instrument, weil es noch zu roh, zu wenig entwickelt, und weil auch das von ihr gelieferte Rohmaterial zu wenig bearbeitet ist. — Wir

müssen uns hier mit diesen wenigen Zahlen und Andeutungen begnügen, die nur den Zweck haben, einen summarischen Einblick in die Gesamtresultate der heutigen Berufs- und Arbeitsteilung zu geben.

9. Die Ursachen und Bedingungen der Arbeitsteilung. Wir haben von ihnen schon einleitend gesprochen. Wir haben jetzt auf Grund des vorgeführten Tatsachenmaterials zu versuchen, sie genau und möglichst erschöpfend zu formulieren.

Die Arbeitsteilung entspringt der feineren und spezialisierten Ausbildung aller menschlichen Tätigkeit; es entstehen Einzelaufgaben, denen nicht jeder gleich gewachsen ist, die gut nur der bemeistern kann, der die hiezu nötigen besonderen körperlichen und geistigen Fähigkeiten hat, der hiezu angelernt ist, dieser Aufgabe sein Leben widmet.

Wie der einzelne Mensch aus seiner Tätigkeit ein zusammenhängendes, durchdachtes System macht und so rationeller, arbeitsparender seine Bedürfnisse befriedigt, so kommt die Gesellschaft durch rationelle Spezialisierung der Tätigkeit ihrer Glieder, durch Zuweisung der geteilten Arbeit an die hiefür Passenden zu immer größeren Erfolgen. Die Arbeitsteilung seht, wie wir von Anfang an erwähnt, eine soziale Gemeinschaft voraus, wir fügen jezt bei: sie seht eine Berührung und Verständigung der zur Anpassung an spezialisierte Arbeit und zur Organisation fähigen Personen voraus. Wie sie möglich ist in der patriarchalischen Hauswirtschaft, in der heutigen Großindustrie, in jeder Stadt- oder Staatswirtschaft durch Anordnung von oben, so gelingt sie durch freie Anpassung zwischen Stadt und Land, zwischen verschiedenen Betrieben und Ländern, zwischen zwei Welten, die häufigen Dampfschiffahrtsverkehr haben. Eine immer dichtere Bevölkerung, größere Gemeinwesen und Staaten, höhere Staatengemeinschaft wird ihr günstig sein, ebenso wie alle Verbesse= rung der Verkehrsmittel. Sie wird auch unter diesen Voraussekungen nur gelingen, wenn eine kluge, zum Fortschritt geneigte Bevölkerung sie benüßt, wenn nicht starre Sitten und Rechtsinstitutionen, wie da und dort das Kasten- und Zunftwesen, die Änderung hindern. Aber es müssen außerdem noch gewisse Bedingungen erfüllt sein, um sie möglich zu machen: die spezialisierte Funktion muß in der Regel dauernd, gleichmäßig ausgeführt werden können, die Teiloperationen müssen zeitlich zugleich verrichtet werden, die Zusammenwirkenden müssen örtlich und geschäftlich richtig nebeneinander gestellt, in Ver= bindung gebracht werden können. Es muß ein gewisses Verständnis

für die erwachsende Ersparnis an Kräften, für die so erzielte bessere oder größere Leistung vorhanden sein, die Bedürfnisse müssen ge= stiegen oder verfeinert sein, oder es muß die Aussicht hiefür vorliegen ; eine größere und bessere Produktion muß erwünscht oder gefordert sein. Endlich wird jede Arbeitsteilung nur Hand in Hand mit Fortschritten der Technik und der Kapitalbildung sich vollziehen. Die phōnikisch-ägyptische Werkzeugtechnik hat die gewerbliche Arbeitsteilung für mehrere Jahrtausende bestimmt; aber nur die wohlhabenderen Völker konnten sie anwenden. Die technischen Fortschritte der Renaissancezeit haben neben den Verkehrsverbesserungen aus der kleinen Werkstatt des Altertums und Mittelalters seit dem 15. und 16. Jahrhundert in Süd- und Westeuropa die Hausindustrien und die arbeitsteiligen Manufakturen geschaffen. Seit 100 Jahren ist es die mo= derne Maschinentechnik, die bei den reichen und mit guten Verkehrsmitteln ausgestatteten Völkern oder vielmehr in gewissen begünstigten Mittelpunkten derselben die höchste Arbeitsteilung erzeugte. Wie der moderne Augenarzt sich erst vom gewöhnlichen Arzt schied, als zu einer genügenden Anzahl Augenkranker in der großen Stadt der Augenspiegel und andere besondere technische Hilfsmittel der Augenheilkunde kamen, so entstand an Stelle des Handspinners und Handwebers die moderne arbeitsteilige Textilindustrie, als zu dem vermehrten Leinwand- und Tuchabsaße die Spinnmaschine, der Kraft= webstuhl, die chemische Bleiche und ein Stand von Kaufleuten und Verlegern hinzukam, der große Kapitalien in die Manufakturen und Fabriken stecken konnte. Ein einfacher alter Holzwebstuhl kostete 30 Mk., hundert Weber brauchten also nicht viel mehr an Werkzeugkapital als etwa 3000 Mk.; um 100 Arbeiter in einer heutigen Maschinenwebanstalt mit Utensilien auszustatten, dazu gehören schon Hunderttausende von Mark.

Den praktischen Anstoß aber zu der Ausführung der einzelnen Schritte der Arbeitsteilung, zu dem die Bedingungen im übrigen vorliegen, gibt in der Regel der Kampf ums Dasein, die Konkurrenz. Daher die große und rasche Zunahme der Arbeitsteilung infolge der heutigen liberalen wirtschaftlichen Gesetzgebung und der verbesserten Verkehrsmittel. Wo die Bevölkerung nicht wächst, wo in hergebrachter Weise Plaz für die Überschüsse der Bevölkerung ist, da schreitet sic nicht leicht voran. Aber wo die Lage für viele schwieriger wird, da probieren die Fähigsten etwas Neues; wo das geschieht, da findet sich auch für die schwächeren Kräfte ein Plätzchen; je verschiedener die Menschen werden und je Verschiedeneres sie tun, desto mehr haben

auf demselben Raume nebeneinander Plah, desto eher vertragen sie sich, schon weil die in verschiedener Funktion Befindlichen nicht direkt fonkurrieren und jeder des anderen bedarf. Der große Ausleseprozeß drängt diesen nach oben und jenen nach unten, schiebt jeden an die für ihn mögliche Stelle und nötigt ihn zur Anpassung. Und indem diese geschieht, gelingt es auch am ehesten, die Gefühle, die Moralund Sittenregeln, die Rechtsformen entsprechend umzubilden, ohne welche das neue komplizierte Zusammenwirken sich nicht gestalten und bewähren kann. Wir sagen zuerst ein Wort über die sozialen Formen und Institutionen, welche den neueingeschobenen Gliedern ihren Unterhalt verschaffen, dann ein solches über den notwendigen psychologischen Umbildungsprozeß.

1. Die Arbeitsteilung, wie sie der Hausvater in der Familie anordnet und die, wie sie zwischen zwei Fremden stattfindet, die ihre Werkzeuge oder Waren tauschen, sind die Urtypen der möglichen sozialen Anordnung der Beteiligten. Eine herrschaftliche und eine freie, gewillkürte Form; jene geht von der Gemeinschaft aus, diese erzeugt sie oftmals erst, entspringt der Verschiedenheit der Menschen; die hauswirtschaftliche Teilung knüpft an die Verschiedenheit an und fördert sie. In der historischen Entwickelung, können wir sagen, haben sich aus diesen zwei vier Hauptformen, zwei naturalwirtschaftliche und zwei geldwirtschaftliche herausgebildet.

a) Die Familie, die patriarchalische Hauswirtschaft der Alten, die Fron- und Klosterhöfe des Mittelalters, heute noch große Fürstenhaushalte, Truppenkörper, Arbeits- und Zuchthäuser sind mehr oder weniger naturalwirtschaftliche Verbände, die ihren Gliedern bestimmte spezialisierte Funktionen und dafür Wohnung, Kleidung und Speise, kurz alles zum Leben Nötige zuweisen. In älterer Zeit ruhten diese Verbände halb auf Herrschaftsverhältnissen, halb auf dem Blutszusammenhange; beides war intensiv ausgebildet; der Individualismus stand nicht hindernd im Wege. Heute ist diese Art der Organi'sation woh! in der Familie noch leicht zu ermöglichen, aber wo sie über dieselbe hinausreicht, ist die Durchführung nur mit schärfster Disziplin möglich. Die zunehmende Abneigung der modernen Menschen, sich von oben nicht bloß die Arbeit und die Hausordnung, sondern auch Kleidung, Essen und Trinken und jede Bewegung vorschreiben zu lassen, erschwert die Bildung solcher Verbände. Und wir sehen daher, daß diese Form, zumal seit dem Siege der Geldwirtschaft, immer mehr verlassen wird. Der nötige Gehorsam gegen eine strenge Arbeitsund Hausordnung ist heute wohl noch von der Jugend in Erziehungs

häusern und Kasernen, von frommen Mönchen in Klöstern, von Armen in Armenhäusern, von Verbrechern in Zuchthäusern zu erreichen, im übrigen können nur utopische Schwärmer davon träumen, die ganze Volkswirtschaft unter Aufhebung des Geldverkehrs aus solchen Verbänden aufzubauen oder gar ein Volk von Millionen wieder in einen einzigen solchen naturalwirtschaftlichen Verband zu verwandeln.

b) Wo Gemeinde, Stamm und Staat mit der Seßhaftigkeit, der Priester- und Kriegerverfassung und einem geordneten Ackerbau mit Sklaven und Hörigen zu einer festen, geordneten Organisation, zur Sammlung von Vorräten, zur Erhebung von Zehnten und Derartigem gelangen, da wird es möglich, aristokratische Familien mit Land und abhängigen Arbeitern, sowie mit Zehnten zu dotieren, auch Beamte, Priester, unter Umständen Handwerker mit periodisch zu erhebenden Naturalabgaben auszustatten. Ein erheblicher Teil der älteren Arbeitsteilung und Klassenordnung ruht auf einem solchen System, das in seiner Entstehung stets vorausseßt, daß die so ausgestatteten ihre Kräfte dem Ganzen widmen. Aber es fehlt in der Regel die Kontrolle der Leistungen, und daher tritt so leicht für die oberen Stände die Entartung zu einer Aristokratie des Besizes ein, die nur verzehren und genießen, höchstens herrschen, aber nicht mehr arbeiten will, für die unteren träger Stillstand in hergebrachten Geleisen.

c) In dem Maße, wie die Geldwirtschaft vordringt, hört nicht bloß der Naturaltausch auf, sondern werden auch die eben erwähnten Formen der herrschaftlichen Organisation und der Dotierung mit Land und Naturalabgaben nach und nach beseitigt. Der Staat und die Korporationen sammeln nun Vermögen oder legen Steuern um und erhalten so die Geldmittel, um für bestimmte spezialisierte Berufe Leute fest anzustellen und zu besolden: Geistliche, Beamte, Offiziere, Soldaten, Lehrer, oft auch Ärzte und andere Personen verpflichten sich, gegen feste Jahresgehalte bestimmte arbeitsteilige Tätigkeiten zu übernehmen; neuerdings stellen auch Privatunternehmungen und Aktiengesellschaften Hunderte und Tausende so an. Im ganzen fand diese Form zuerst mehr in den oberen Schichten der Gesellschaft ihre Anwendung, sie wird aber in dem Maße auch für die mittleren und unteren Schichten möglich, wie sie sich geistig und moralisch heben. Heute ist bereits ein sehr großer Teil der arbeitsteilig tätigen Gesellschaft in dieser Weise eingegliedert in den Zusammenhang der Volkswirtschaft. Die Bezahlung durch Jahresgehalte seßt ein gleichmäßiges Bedürfnis nach den Leistungen, durch Sitte und Recht ge=

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