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Sigfrid hat zeitlebens sein segel nach dem wind gedreht. Er hat, so lang Friedrich in bann und bedrängnis war, seinen einfluss auf die beiden abteien zu erweitern gesucht, und hat, als der kaiser in Deutschland das heft wider in händen hatte, diese versuche, die ihm ausserdem Gregor durchkreuzt hatte, eingestellt. Er wurde ein ergebener diener Friedrichs, der es sogar zum reichskanzler zu bringen wusste und so lange treu blieb, bis ein neuer aussichtsvoller conflict zwischen kaiser und papst drohte. Da begann er sein altes spiel wider und versuchte nochmals mit hilfe des neuen papstes seine rechte in Ober- und Niedermünster zu erweitern.

Seit 1229 sind die beiden reichsabteien bis 1244 weder vom papst noch vom bischof irgendwie behelligt worden. Auch Innozens IV. hat in den drei ersten jahren seines pontificats in ihre angelegenheiten nicht eingegriffen. Es schien sogar, als wollte sich das verhältnis zwischen kaiser und papst bessern und in jeder hinsicht friede werden. Da zerstörte Innozens am 28. juni 1244 durch seine flucht all diese hoffnungen und zeigte bald, dass er es auf einen erbitterten kampf mit dem kaiser ankommen lassen wollte. Nicht viel später hat sich Sigfrid wider in die angelegenheiten Ober- und Niedermünsters gemischt. Er wollte ihnen ihre alten gewohnheiten' nehmen. Der zeitpunkt war günstig gewählt, denn eine appellation an die kurie, auf die Sigfrid sicher gerechnet hat, hätte kaum geholfen. Die beiden convente taten ihm diesen gefallen aber nicht. Sie wanten sich mit ihrer beschwerde an den metropolitanbischof, an Eberhard von Salzburg. Am 27. juli 1244 giengen als antwort auf diese beschwerde von Landshut, wo sich der erzbischof gerade aufhielt, zwei äusserst wolwollende schreiben an Ober (A)- und Niedermünster (B) aus, in denen Eberhard nicht nur auf grund seiner befugnisse als legatus natus und metropolitan beiden conventen ihre alten gewohnheiten bestätigte, sondern auch indirect seinem suffraganbischof eine nicht miszuverstehende nase zu teil werden liess. Die beiden schreiben sind uns erhalten. Da sie noch nirgends vollständig abgedruckt sind, und die bei Schönbach a. a. o. s. 9, anm. 1 citierte stelle nicht fehlerfrei ist, so lasse ich den text von A folgen und füge in klammern die abweichungen von B bei:

AB. (0 fasc. 8; N fasc. 5). E(berhardus) dei gratia Salzeburgensis ecclesie archiepiscopus, apostolice sedis legatus Omnibus presentem paginam inspecturis salutem. Cum nimis sit asperum et bonis precipue moribus inimicum niti quempiam quantacumque rationis excusatione, que laudabiliter sunt statuta et longis retroactis temporibus obseruata destruere et pro sue voluntatis arbitrio inmutare, Jdeo dilecte in Christo filie, abbatissa et sorores superioris (inferiores B) monasterii Ratisponensis ciuitatis nobis exponendo monstrarunt, quod venerabilis in Christo frater Siefridus Ratisponensis episcopus, imperialis aule cancellarius, earum consuetudines antiquas et a suis antecessoribus obseruatas, tam in esu carnium quam in lectisterniis et in habitu exteriori uestium, adtemptauerit immutare, occasiones pretendens religionis et ordinis, quem sunt professe, super hoc nostrum auxilium inuocantes. Nos uero, qui in tota provincia nostra sumus tam maioribus quam minoribus in sua iustitia debitores, adtendentes fundationem einsdem monasterii et ab inperatoribus traditas libertates 1) nec non et fragilitatem sexus, esum carnium, stratum mollem et habitum competentem ac processiones sollempnes cum alijs consuetudinibus, quibus use sunt apud antecessores nostros et nostris temporibus, tam auctoritate legationis quam potestate metropolitica confirmamus, jta tamen, ne in preiuditium ordinis et religionis assumpte modum excedere uideantur. Vt autem hec omnia non debeant a quoquam infringi vel in ipsarum preiuditium inmutari, presens scriptum in euidens testimonium ipsis indulsimus nostri sigilli munimine roboratum. Datum Landeshut VI. Kal. Augusti anno domini millesimo ducentesimo quadragesimo quarto.

(Bei B. ist E's sigel abgefallen.)

Sigfrid wird in Eberhards schreiben dem kanzleistil entsprechend venerabilis in Christo frater genannt. Aber wer zwischen den zeilen zu lesen weiss, der wird nicht verkennen, dass schon damals eine tiefe kluft zwischen beiden kirchenfürsten bestanden haben muss, d. h. schon damals wird Sigfrid anschluss an Innozens und seine partei in Deutschland gesucht haben. Er fand ihn endgiltig auf dem Lyoner concil 1245. Seine tage waren bereits gezählt, er hat seinen abfall von Friedrich kaum dreiviertel jahr überlebt. Seinem ziel, den bischöflichen rechtseinfluss in Ober- und Niedermünster zu erweitern und somit den königlichen in Regensburg zu mindern, sah er am ende seines lebens unüberwindliche schranken gesetzt.

1) Ich bemerke, dass unter den traditas libertates nicht etwa die von der viermännercommission von 1246 angefochtenen punkte zu verstehen sind, also nicht die freieren spiritualen consuetudines, die im folgenden erörtert werden, sondern die mit dem besitz der regalien verknüpften hoheitsrechte. In den päpstlichen urkunden bezieht sich libertates auf spirituale dinge.

Sigfrids abfall von Friedrich folgte als gegenerklärung die erhebung Regensburgs zur reichsstadt am 10. nov. 1245. Hier umgeben und bedroht von einer feindlichen bürgerschaft hat er am 19. märz 1246 sein leben ausgehaucht.

In Lyon wird Sigfrid auch Philipp von Ferrara kennen gelernt haben und mit ihm in nähere verbindung getreten sein. Philipp sollte bald der mann in Deutschland werden, um den sich, wenn auch nicht dem namen nach, so doch in wirklichkeit die sämmtlichen gegenstaufer sammelten, nach dessen pfeife sie tanzen mussten. Schon kurz nach beendigung des Lyoner concils im august 1245 wurde Philipp als legatus missus nach Deutschland beordert, um neben einigen rein spiritualen aufträgen zugleich für den am 17. juli in Lyon von Innozens für abgesetzt erklärten Friedrich II. ersatz zu suchen. Er veranlasste die wahl Heinrich Raspes zum gegenkönig und war, als Heinrich in Veitshochheim am 22. mai 1246 dazu ausgerufen wurde, selbst zugegen. Fast immer ist er, solange Heinrich lebte, in seiner umgebung gewesen, mehr um den vormund zu spielen, als ein treuer auf das reichswol bedachter berater zu sein. Im juli des jahres 1246 bekam Philipp von Lyon aus auch die weisung, sich mit den verhältnissen des bistums Regensburg näher zu beschäftigen. Er sollte dafür sorgen, dass der durch Sigfrids tod erledigte bischofsstuhl mit einem den päpstlichen plänen und wünschen geneigten mann besetzt werde. Dieser Regensburger posten war für die päpstliche partei äusserst wichtig, denn gerade hier und in Bayern war die Stauferpartei sehr mächtig geworden und drohte es noch mehr zu werden. Erzbischof Eberhard, ein erprobter, treuer anhänger Friedrichs, hoch in den siebzigen, war doch so weit rüstig, dass sein tod nicht in bestimmter aussicht stand. Auch konnte man damals noch nicht wissen, dass die ewigen von Lyon gegen ihn ausgehenden stänkereien ihn nach einem halben jahr unter die erde bringen würden. Philipp scheint deshalb, um wirksamer gegen den stauferfreundlichen clerus auftreten zu können, um höhere kanonische vollmachten nachgesucht zu haben. Am 5. juli verlieh ihm daher Innozens für ganz Deutschland die befugnisse des legatus de latere und den legatentitel, der bis dahin für den mit den vollmachten des legatus missus ausgestatteten päpstlichen gesanten nicht

üblich gewesen zu sein scheint. Innozens war sich wol bewusst, dass er mit dieser verleihung einen präcedenzfall schuf. Denn diese vollmachten sind bis zu dieser zeit und auch später nur einem cardinal übertragen worden, eine würde, die Philipp nicht besass (s. MG. ep. saec. XIII 2, 154). Für den alten ehrwürdigen erzbischof von Salzburg war es äusserst bitter, in seinem metropolitanbereich einen gewöhnlichen italiänischen electus mit vollmachten walten zu sehen, die ihm die absolutistische willkür des papstes wider alles kanonische herkommen und wider allen kanonischen brauch verliehen hatte; er war ähnliches freilich schon gewohnt. 1)

Die Stauferpartei hatte die ernennung Philipps ungewollt selbst mit veranlasst. Ursprünglich, am 13. juni 1246, hatte Innozens den erzbischof Sigfrid von Mainz und Philipp zusammen, letzteren noch als legatus missus, betraut, den kanonischen process über die wahl des von einem teil des Regensburger domcapitels erkorenen Bertold von Speier zu leiten. Herzog Otto II. von Baiern zeigte sich, über diese massnahme höchst aufgebracht, angeblich weil er mit Sigfrid von Mainz wegen der wahl Heinrich Raspes zerfallen war, in wirklichkeit aber wol, weil er fürchtete, dass unter dem druck der im übrigen Deutschland zur zeit mächtigen päpstlichen partei Bertolds wahl cassiert und durch eine neue in päpstlichem sinn vorgenommene ersetzt werden sollte. Es scheint zu vorstellungen in Lyon gekommen zu sein, die dazu führten, dass man der sache die persönliche spitze nahm, indem man Philipp allein mit so ausserordentlichen vollmachten für Deutschland betraute. Man hoffte damals in Lyon immer noch auf Ottos rückkehr zur päpstlichen partei. Das project, könig Konrad mit der prinzessin Elisabeth von Wittelsbach, Ottos tochter, zu vermählen, schwebte zwar seit 1243, schien aber nie zu stande kommen zu wollen, bis nach der erklärung des Lyoner concils vom 17. juli Friedrich sich die bundesgenossenschaft Ottos zu sichern suchte, indem er in die ehe einwilligte. Am 1. sept. 1246 wurde sie zu Vohburg geschlossen.

Philipp brauchte nach diesem politischen bekenntnis auf Otto keine rücksicht mehr zu nehmen. Seine antwort war

1) Aus der zeit Albert von Behaims.

kurz und bündig. Am tage des hochzeitsfestes beauftragte er den decan Ulrich von Chamb, Otto und die herzogin Agnes zu excommunicieren, und zugleich focht er die ehe zwischen Konrad und Elisabeth mit kanonischen gründen als unzulässig an. Von jetzt ab war das ziel des legaten, die stellung Heinrich Raspes financiell auf eine solide grundlage zu bringen und die päpstliche kasse möglichst zu entlasten. Dies konnte dauernd nur geschehen, wenn das reichsvermögen in Heinrich Raspes händen war, und dieses lag in den reichskirchen, vor allem den reichsabteien. Vom standpunkt derer, die Heinrich. als rechtmässigen könig anerkannten, war der gegner Friedrichs eo ipso auch der rechtmässige grundeigentümer der reichskirchen, Friedrich der usurpator. Man hatte also keinen anlass, dies noch besonders zu betonen. Den persönlichen vorständen der reichskirchen war wie allen reichsfürsten der übertritt zu Heinrich Raspe durch die am 17. juli 1245 erfolgte lösung vom treueid gegenüber Friedrich sehr leicht. gemacht. Die für könig Konrad unglückliche schlacht bei Frankfurt am 5. august 1246 hatte des thüringischen landgrafen position wesentlich gestärkt und konnte auch nicht ohne eindruck auf den stauferisch gesinnten osten Süddeutschlands bleiben. Schon von dieser zeit an giengen die militärischen operationen des gegenkönigs und die diplomatischen actionen der päpstlichen partei hand in hand. Heinrich suchte die verbündeten gegner in ihren eigenen gebieten zu treffen, Philipp die reichskirchen financiell auf Heinrichs seite zu ziehen. Ein starker widerstand war da selbstverständlich in Ober- und Niedermünster zu erwarten und diese erwartungen haben nicht getäuscht.

Als Heinrich Raspe mitte december 1246 auf Bayern losmarschierte und bei Nürnberg die vorbereitungen zum kampfe traf, griff Philipp, der sich wie immer in der umgebung des königs befand, kraft seiner vollmachten als legatus de latere in die angelegenheiten der beiden Regensburger reichsabteien ein. Er traf sie bei der empfindlichsten stelle, bei der man solche damenstifte treffen konnte: er liess ihre alten gewohnheiten prüfen. Allzu ernst war das aber kaum gemeint. Man wollte wol nur beide convente in schrecken jagen, um sie dem willen der päpstlichen partei gefügig zu machen und um sie

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