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zwischen: du bist ein bode her gesant, wird: du kommst als bote. Ist doch auch die andere construction leicht miszuverstehen, wie denn über das berühmte do wart ich enpfangen hêre frouwe in Walthers lied Under der linden noch keine einigkeit erzielt ist. Durch als wird aber vollkommene deutlichkeit erreicht: ich lebe und zwar als ob ich ein bürger der zukunft wäre; ich bin eingesetzt und zwar mit den befugnissen eines predigers. Ob dabei der unbestimmte artikel steht (ich bin als ein prediger eingesetzt, d. h. als einer aus der zahl der geistlichen) oder nicht (ich bin als prediger eingesetzt, d. h. meine befugnisse sind die für den geistlichen wesentlichen), macht für unsere frage so wenig unterschied wie die gleiche verschiedenheit bei der unmittelbaren verbindung von verb und prädicatsnomen: du sollst nicht bischof sterben; du bist gesant ein bote.

Wir sind am ende. Worauf es uns ankam, hoffen wir gezeigt zu haben. Eine anzahl von syntaktischen erscheinungen, die man sonst noch nicht im allgemeinen zusammenhang betrachtet hat, scheinen uns auf dieselben hauptzüge zurückzuführen:

1) die sog. 'hilfsverba' sind kein isoliertes phänomen, sondern nur der consequenteste ausdruck einer allgemeineren tendenz. Diese besteht darin, dass verba infolge häufig auftretender, besonders formelhaft gebundener verbindungen ihre eigentliche inhaltliche bedeutung mehr oder weniger einbüssen. Wie aus einem zeitwort mit der starken bedeutung existieren das schwächste und eben deshalb beliebteste aller hilfsverba geworden ist, so sinken auch verba wie geboren werden und sterben fast zur copula zurück, d. h. zu einem an sich fast bedeutungslosen mittel, subject und prädicat zu verbinden. Denn die copula hat kaum noch ein minimum von lebenskraft; sie erschöpft sich in der aufgabe, ein nomen so weit zum verbum zu wandeln, dass es als prädicat dienen kann;

2) eine äussere folge dieser entwertung vollkräftiger verba ist, dass sie an andern worten, mit denen sie oft zusammen stehen, gleichsam kleben bleiben. So entstehen 'doppelverba' wie sagen hören oder bei weiterer abschwächung suffixartige verbalanhänge wie in reiten lassen;

3) es sind vorwiegend immer dieselben verba, die als

hilfsverba im engeren, wie weiteren sinne oder höherer ordnung benutzt werden. Ueberwiegend drücken sie das verhältnis des sprechenden zu einem fremden verbalinhalt aus, den er wünscht oder anordnet, bewirkt oder wahrnimmt;

4) abzustufen sind diese unterstützenden verba nach dem mass, in dem sie sich unentbehrlich machen. Gelingt es einem von ihnen, die mit seiner hilfe geschaffenen formen als obligatorisch in den formenkreis des verbums aufnehmen zu lassen, so wird es ein hilfsverb im vollen sinn (sein, haben, werden); bildet es einen kreis neuer formen mit oder ohne leise nuancierung (tun), so steht es schon weiter ab; am weitesten, wenn die verbindung facultativ und überdies auf einzelne regierte verba beschränkt bleibt;

5) auch die regierten verba widerholen sich zum teil, soweit eben nicht jedes verb mit dem betr. hilfsverb gebildet werden kann; öfters begegnen nämlich als zweiter teil der construction die gleichen verba wie als erster;

6) das regierte verb tritt in der regel in die form des infinitivs, die vielleicht überhaupt erst aus dem bedürfnis solcher constructionen heraus ihre eigentliche stellung erhalten hat; doch kommt auch das zweite verbalnomen, das particip, vor (dienende sin).

Unsere erklärungen werden nicht überall gleich zuverlässig sein; am sichersten und auch am wichtigsten scheint mir die der sog. assimilation des part. an den inf. Jedenfalls aber bleibt die hauptsache das princip, dass man die in allen sprachen vorkommenden hilfsverba auf eine breitere basis. stellt: in den verschiedensten sprachperioden begegnen anläufe zu ähnlichen bildungen, die nur nicht durchdringen (mhd. negative verba). Und nebenbei scheint es uns nicht unwesentlich, wider einmal darauf hinzuweisen (was fast nur Behaghel in seinen syntaktischen arbeiten immer vollauf berücksichtigt hat), dass in der syntax die individuelle bedeutung der worte eine keineswegs zu übersehende rolle spielt.

BERLIN, 19. febr. 1908.

RICHARD M. MEYER.

Beiträge zur geschichte der deutschen sprache. XXXIV.

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VON DEM ÜBELEN WÎBE.

Um die erklärung des gedichtes von dem übeln weib haben sich bisher namentlich bemüht: Haupt in den anmerkungen seiner ausgabe (Leipzig 1871), Bech in einem aufsatz Germania 17, 41-50 und Müllenhoff, Zeugnisse und excurse zur heldensage XXVIII (Zs. fda. 12, 366 ff.). Hinzu kommen noch Zingerle und Hintner mit zwei kleinen beiträgen zur worterklärung. Ich möchte im folgenden einige weitere teils sprachliche, teils sachliche erläuterungen beisteuern; wo ich dabei auf frühere nicht ausdrücklich zurückkomme, stimme ich ihnen bei. Die erläuterungen gebe ich in der reihenfolge der verse, wenn nicht besondere innere gründe dafür vorliegen, diese reihenfolge zu durchbrechen. Im schlussabschnitt soll versucht werden, die heimat des gedichtes näher zu bestimmen. 50 f. 58 f. 66-69. 79 sind die adjectiva natürlich directe rede und wären besser durch die interpunction als solche zu kennzeichnen, ebenso v. 80 ff. 'krump alsam ein swübel' u.s.w.

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64. Da wonen einen guten sinn gibt, so ist Haupts änderung turen nicht nötig. Sie empfiehlt sich auch aus einem anderen grunde nicht; denn tûren verlangt meines erachtens rein hypothetische auffassung des satzes: 'wenn ich bei ihr aushalten soll (= wenn ich sie wirklich nicht los werde [wir müssten annehmen, dass der gedanke von v. 88 f. hier schon vorschwebt]), dann wäre u. s. w.' Da nun wann, wie die hs. schreibt, im gedicht als rein hypothetische conjunction noch nicht möglich ist, wäre noch eine zweite änderung (ob statt wann) nötig.

84. Schon Bech hat a. a.o. s. 44 hervorgehoben, dass selleschaft der sprache des gedichtes nicht angemessen ist. Will man durchaus die silbe unterdrücken, so liesse sich gselleschaft schreiben; ebenso in v. 322 gsihte.

87. klaffen wird von Haupt als genetiv ohne flexionsendung aufgefasst. Belege für ähnliche fälle gibt es genügend, und an unserer stelle würde er durch den reimzwang, der sich auch sonst im gedicht geltend macht (vgl. v. 196. 227. 787), gut erklärt. Trotzdem ist eine andere auffassung möglich; wir können klaffen von kan abhängig machen und sibeniu als object zu klaffen construieren; unnützes wäre adverbialer genetiv: 'gegen vier worte versteht sie sieben in unnützer weise zu sprechen'. H. hat diese erklärung wol nur verschmäht, weil er klaffen nicht als transitivum kannte. Als solches ist das verbum jedoch wenn es auch meist absolut gebraucht wird immerhin öfters zu belegen. Da die fälle in den wörterbüchern nicht scharf von den andern getrennt werden, stelle ich die mir bekannten zusammen. Frl. 336, 4 wie nu ir phaffen ... iur leidez kallen muoz ich klaffen. Frl. 343, 4 die pfaffen, ..] ûf die sol nieman niht unnützes klaffen. Hier könnte ja einfache häufung der negation vorliegen; ich glaube aber, dass niht als object zu kl. gedacht ist. Sieben meister 85, 12 die atzel klaffete alles das was die weil geschehen was. In Des teufels netz steht kl. dreimal als substantivierter infinitiv, zweimal ist es absolut gebraucht, einmal 1) aber transitiv v. 13556 ir enruochtent was der brediger klaft. Bei Nic. von Basel s. 241 (du sollt das wissende sin, das got nút gerne siht das sine frúnt klaffende und verrichtente sint die ding, die sú von ordenunge wegen nút anehærent zuo rihtende) kann es zweifelhaft sein, ob das object die ding auch zu klaffende gehört.

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108 ff. Die verse 112 ff. schliessen direct an v. 108 an; sie enthalten den satz, dessen wahrheit der dichter verfechten will. Deshalb sind die verse 109-111 in parenthese zu setzen unter gleichzeitiger änderung von und (111) in noch; also: ... striten (swaz aber... abbet noch pharrare): michel bezzer...

176. Auch hier ist marterære nicht unbedingt als endungsloser genetiv sg. zu fassen; denn es lässt sich sehr leicht abhelfen, wenn wir lesen: für eines der marterære.

177 ff. Welche märtyrer gemeint sind, lässt sich mit ziemlicher sicherheit feststellen. Zunächst ist zu beachten, dass in

1) In v. 8038 liegt trans. compositum hinderklaffen 'verleumden' vor.

den versen 178 und 179 nicht von dem nämlichen die rede ist. v. 178 bezieht sich auf Bartholomaeus, dem die haut bei lebendigem leibe abgezogen wurde; villen ist hier also in seiner ursprünglichen bedeutung gebraucht. In v. 179 sind dagegen die patrone der schuhmacher Crispin und Crispinian gemeint, denen man riemen aus der haut schnitt; deshalb ist besser der statt des zu lesen. Die verse 180 und 181 beziehen sich natürlich auf Laurentius und Sebastian. Die beiden folgenden verse gehören nicht, wie es scheinen könnte, mit v. 181 zusammen; welcher märtyrer hier gemeint ist, ist schwerer zu entscheiden. Man könnte in den worten der verse 182 f. einen ausdruck für 'kreuzigen' sehen; dann hätten wir natürlich die auswahl unter einer ganzen reihe von märtyrern, unter denen sich Petrus und Andreas befinden. Dem steht jedoch im wege, dass die märtyrer meist ans kreuz gebunden, nicht genagelt, werden; so wird es z. b. gerade von Andreas ausdrücklich berichtet. Von durchbohren der füsse und hände wird uns aber bei Felician erzählt; es bleibt dabei ungewiss, ob er auf diese weise gekreuzigt wurde oder ob das durchbohren erst nachträglich an dem ans kreuz gebundenen vollzogen wurde. Der wortlaut der darstellungen in den Act. Sanct. (24. januar, s. Jan. II 582 ff.) spricht eher für das letztgenannte verfahren (a. a. o. s. 682 iussit eum in eculeo suspendi et fustibus et ungulis atque lampadibus attrectari; ebda. 587, 30 equuleo primum barbarum in morem distenditur ... tum novaculis ungulis ferreis, ingentibus et acutis forficibus radunt, di` vellunt...); die deutsche fassung im Passional III 299, v. 68 ff. scheint beides in engeren zusammenhang zu setzen. Felician wird stets mit durchbohrten händen und füssen dargestellt (vgl. Pfleiderer, Die attribute der heiligen s. 60. 68) und es ist nach dem angeführten klar, dass dadurch nicht etwa blosse stigmatisierung angedeutet werden soll wie bei Franz von Assisi, Katharina von Siena und anderen, sondern dass dies wirklich die darstellung seiner marter ist. An F. werden wir also bei v. 182 f. denken müssen. v. 184 bezieht sich auf den heiligen Georg. Er ist der einzige männliche märtyrer von bedeutung, der aufs rad gebunden wurde, und gerade von ihm war diese marter auch gewiss allgemein bekannt; seine predigt vom rade ist ja auch in der deutschen dichtung behandelt.

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