Imágenes de páginas
PDF
EPUB

814 f. 'Du wirst noch spott zum schaden haben', unêre und schade zusammengestellt wie sonst schande und schade; vgl. v. 401.

Ueber die heimat des gedichtes hat Haupt in der anmerkung zu v. 404 andeutungen gemacht. Es lässt sich wol noch etwas mehr darüber aussagen, wenn auch eine genaue bestimmung unmöglich ist.

Wir haben oben s. 298 festgestellt, dass die ganze anschauung, die der dichter von bäuerlichen anwesen hat, auf das oberdeutsche gebiet hinweist. Wortschatz und reime deuten noch enger auf das bairisch-österreichische gebiet hin. Von den 71 e-reimen des gedichtes sind allerdings 68 neutral1); jene drei aber, bei welchen etymologisch ungleiche e-laute miteinander gebunden werden (v. 75 hër: mêr, 193 vërre: mérre, 219 stete: bete) entsprechen dem von Zwierzina, Zs.fda. 44, 249 ff. im einzelnen festgestellten gebrauch bairischer dichter und widersprechen dem gebrauch der Alemannen. In den versen 199-202 (gevert beschert, gërt: gewërt) ist darnach nicht etwa ein viererreim anzunehmen, obwol der dichter solche reimhäufung nicht grundsätzlich meidet (vgl. v. 275 ff.), aber vor r iste und e im bairischen geschieden (Zwierzina a. a. o. s. 253).

Wichtiger ist der wortschatz. Durchaus auf das bairischösterreichische dialektgebiet beschränkt scheinen messe (v. 702), zoche (713), brie als bezeichnung der noch nicht verkochten körner einer getreideart (vgl. Haupt zu v. 332 und Grimm, WB. 2, 253), swübel (v.80) und das deminutiv auf -ei in drumzei (v. 404). Dies deminutiv ist zwar weit verbreitet im bairischösterreichischen gebiet, lässt sich aber doch innerhalb desselben enger umgrenzen. Nördlich der Donau scheint es selten zu sein.2) Südlich der Donau ist es innerhalb Baierns zu treffen an Isar und Inn (vgl. Schmeller, Die mundarten Bayerns no. 524 und die proben auf s. 501 f.; Firmenich 2, 697 ff.; Schwäbl, Die altbayerische mundart § 25 und 62 lässt nichts genaueres er

1) Es reimtë ë 26 mal, e: e 20 mal, œ œ 10 mal, é: ê 12 mal. 2) Bei Firmenich 3, 397 f. Mundart von Prachatiz (Böhmerwald) steht zwar v.1 Dirnai, daneben aber v. 2 Steigal, 5 Dirnala, 9 Stuzerl, 12 Routhkröpfel.

306

HELM, VON DEM ÜBELEN WÎBE.

kennen), dann im herzogtum Salzburg (Pongau, Lungau und Pinzgau; vgl. Haupt zu v. 404; Firmenich 3, 711. 720) und in der östlichen hälfte von Deutschtirol im Unterinntal (nach brieflicher mitteilung des herrn collegen Schatz von Jenbach an abwärts) und seinen nebentälern; Zingerle bei Haupt a. a. o. nennt speciell das Zillertal (proben für Tirol bei Firmenich 3,374 ff.). In den übrigen teilen des bairischen sprachgebietes herschen nach den mir bekannten proben die deminutivformen ohne die erweichung des l

swübel scheint auf ein engeres gebiet beschränkt zu sein; es ist belegt aus deutschen gemeinden Welschtirols (Zingerle, Zs. fdph. 4, 83 und Hintner, Zs. fdph. 5, 67), aus dem Pustertal (Hintner a. a. o. s. 66) und dem Zillertal (Zingerle a. a. o.).

Wenn wir das, was wir über swübel und über das deminutivum auf ei wissen, contaminieren, so werden wir etwa auf das mittlere Unterinntal oder Zillertal als heimat unseres dichters geführt, obwol natürlich diese beiden anhaltspunkte nicht genügen, eine definitive localbestimmung vorzunehmen. Zu dieser localisierung stimmen aber auch die beiden einzigen geographischen anspielungen1), die das gedicht enthält.

v. 759 bezeugt uns, dass der dichter nicht in Wien schrieb, aber auch nicht in der nähe Wiens, sondern in ziemlicher entfernung davon, denn die worte sollen doch heissen: 'ich trage dich unter meinem arm den ganzen weiten weg bis Wien'. Die andere anspielung v. 552 bezeugt, dass der dichter auch nicht in Innsbruck schreibt, denn er sagt: 'dort in I.', aber die stelle macht doch den eindruck, dass der dichter von verhältnissen spricht, die ihm und seinen hörern gut bekannt waren; sie wussten nicht nur, dass der Bozener gut ist das wusste man damals in ganz Deutschland 2), sondern sie kannten auch die empfehlenswerten weinquellen in Innsbruck, wo es solchen zu trinken gab. Dies scheint darauf hinzudeuten, dass der dichter nicht allzuweit davon entfernt lebte.

1) Sahsen (v. 520) ist nicht zu diesen zu rechnen.

[ocr errors]

2) Vgl. Schultz, Höfisches leben 1, 405; Heyne, Hausaltertümer 2, 372. GIESSEN, 19. märz 1908.

KARL HELM.

ZUR ÜBERLIEFERUNG DER PFEIFFER'SCHEN ECKEHARTTEXTE. 1)

Während von den drei überragenden erscheinungen des 14. (13.) jh.'s, die die wissenschaft zusammen mit einer grossen anzahl kleinerer geister unter dem vagen und vielfach misverstandenen namen der 'mystiker' zusammengefasst hat, die persönlichkeit Seuse's heute geklärt vor uns steht und die Taulers auch vermutlich nach einer längst ersehnten kritischen ausgabe seiner werke ihre schon jetzt deutlich erkennbaren züge mehr verschärfen als verändern wird, ist es mit der erkenntnis des grössten und führenden unter ihnen, des meisters Eckehart, leider noch recht schlecht bestellt. Und zwar ist es weniger sein äusseres leben, über das uns die wünschenswerten kenntnisse mangeln, als vielmehr sein wirken, soweit sich dies aus überkommenen aufzeichnungen erschliessen lässt, die seinen namen tragen oder mit ihm in beziehung gebracht werden können. Und unter diesen schriften sind es wider die deutsch überlieferten, die zwar durch vielfache drucke

aus

1) Franz Pfeiffer, Deutsche mystiker des 14. jh.'s. Bd. II: Meister Eckhart. Anastat. neudruck. Göttingen 1906 (bei mir citiert Pf.: Pf. I = Predigten; Pf. II = Tractate; Pf. III = Sprüche; Pf. IV = Liber positionum). Weitere häufig gebrauchte kürzungen sind: Jostes Franz Jostes, Meister Eckhart u. seine jünger. Collectanea Friburgensia fasc. IV. Freiburg i. Schw. 1895; Sievers - E. Sievers, Predigten von meister Eckart in Zs. fda. 15, 373 -439; Preger = W. Preger, Geschichte der deutschen mystik im Ma. 3 bde. Leipzig 1874-93; W. W. ad. Pred. Wilhelm Wackernagel, Altdeutsche predigten u. gebete. Basel 1876; Jundt A. Jundt, Histoire du panthéisme populaire au moyen âge et au seizième siècle. Paris 1875; Greith C. Greith, Die deutsche mystik im predigerorden. Freiburg i. B. 1861; Langenberg = R. Langenberg, Quellen u. forschungen zur geschichte der deutschen mystik. Bonn 1902; ALKg = Archiv für literatur und kirchengeschichte, ed. DenifleEhrle. Die übrigen kürzungen sind allgemein geläufig.

=

Beiträge zur geschichte der deutschen sprache. XXXIV.

=

21

[ocr errors]

allerdings meist willkürlich und zufällig gewählten hss. uns besser wie die lateinischen werke zugänglich sind, dafür aber auch uns durch die zersplitterten und vielgestaltigen formungen ihrer überlieferung besondere schwierigkeiten bereiten. Man kann etwas schematisch sagen: aus den lateinischen schriften wird man sich die erkenntnis Eckeharts als philosophischen lehrers, aus den deutschen die als predigers und praktischen theologen herausholen müssen. Zur erkenntnis beider aber sind kaum die ersten schritte getan. Aus der inhaltlichen und formellen verschiedenheit der deutschen und lateinischen texte erklärt sich auch die verschiedenheit ihrer conservierung und damit auch ihrer überlieferung für uns. Hier die lateinischen, nur einem beschränkten, gebildeten kreis zugänglichen schriften philosophischen inhalts, die etwas eigenes, wol auch systematisches geben wollten; dort gelegenheitsreden und erbauungsstücke, deutsch geschrieben oder gesprochen für jedermann, der sie hören wollte und vermutlich zumeist von fremden händen nachgeschrieben, vielfach auch wol nur nach dem blossen gedächtnis zu papier gebracht. Darum die einen in leidlich wenig zerstörter form auf uns gekommen, die anderen zerflattert, zersetzt, in buntem wechsel umgeformt, gemeineigentum, verwertbar nach persönlichstem geschmack und empfinden. Eigentliche selbständige deutsche schriften ('bücher') stellen nur die tractate V und XVII dar, von denen der erste, wie wir sehen werden, das einzig wirklich völlig gesicherte deutsche Eckehartstück ist, während die überschrift des anderen wenigstens die autorschaft unseres meisters Eckehart sehr nahelegt.

Als Pfeiffer vor nunmehr fast einem halben jahrhundert zum ersten mal eine beträchtliche anzahl von textstücken und fragmenten aus handschriften des 14. und 15. jh.'s unter dem sammelnamen des meister Eckehart herausgab, war die ästhetische freude über diese langvergessenen und jetzt neuerworbenen literarischen schätze zu gross, um sogleich einer rücksichtslosen kritik raum zu geben, deren skeptizismus das kaum gewonnene wider hätte zersetzen können. Dazu kam die schwierigkeit der materialnachprüfung, bedingt durch die grosse anzahl und weitschichtige verbreitung der von Pfeiffer herangezogenen hss. So waren die nächsten jahrzehnte weit weniger einem nachprüfen des dargebotenen materials gewidmet

- die kritik setzte nur ganz gelegentlich und nebenbei an vereinzelten stellen ein, als vielmehr einem eifrigen hinzusammeln noch ungedruckter stücke. Die inhaltlich und formell verschiedenartigsten unbekannten texte, die sich allenthalben in 'mystikerhss.' auffanden, wurden nun hier und dort gedruckt und es wurde fast völlig zur manie, all diese stücke dem meister Eckehart zuweisen zu wollen.1) Erst als Denifle im jahre 1886 im ALKg bd. II seine epochemachenden entdeckungen der lateinischen schriften des meisters Eckehart veröffentlichte, stürzten eine grosse anzahl stark mit schlechtfundierten speculationen überlasteter hypothesen sofort zusammen und es trat eine allgemeine unsicherheit in der beurteilung Eckeharts ein, die im wesentlichen auch heute noch nicht überwunden ist.

Denifle selbst beschränkte sich im ganzen und grossen auf eine kritik der lateinischen werke, und wenn er gelegentlich den wert der deutschen texte herabzumindern suchte, geschah es doch nur vergleichsweise und indem er nie das gesicherte und von ihm selbst bearbeitete gerüst der lateinischen textvorlagen verliess. Den deutschen stücken gegenüber war Denifle wenigstens in der öffentlichkeit zeitlebens äusserst vorsichtig und zurückhaltend, und hat leider seine umfassende belesenheit und seinen kritischen scharfblick nie an ihnen geübt, wie er sie mit so grossem erfolge bei Tauler und Seuse erprobt hatte. Was Denifles kritik und betrachtungsweise der lateinischen werke anbelangt, so ist hier nicht die stelle, sich damit näher zu beschäftigen. Auch bei ihnen ist eine nachprüfung sehr durch den umstand erschwert, dass sich noch kein theologisch wie philologisch gleich gründlich geschulter gelehrter bisher gefunden hat, der uns eine kritische ausgabe geschenkt hätte, sodass wir, abgesehen von den durch Denifle

1) Ein besonders bezeichnendes beispiel für dieses bestreben gibt A. Schönbach, Zs. fda. 35, 222 ff., wo er ein aus einer Innsbrucker incunabel losgelöstes fragment (auf perg., anfang des 14. jh.'s) M. E. zuschreiben will. Es enthält aber nichts weiter als eine deutsche übertragung des im 14. und 15. jh. massenhaft handschriftlich (und zwar deutsch wie lateinisch) verbreiteten kleinen tractats des Albertus Magnus 'de rectis et perfectis virtutibus sive paradisus animae', der auch schon im ausgang des 15. jh.'s in drucken verbreitet wurde. Die hss. bezeichnen ihn auch 'de veris virtutibus', 'de XLII virtutibus', die deutschen als 'summa der tugenden' und mit einer reihe ähnlicher benennungen.

« AnteriorContinuar »