Imágenes de páginas
PDF
EPUB

Die Sorben, die in der Niederung des unteren Unstrutthales und des Saalthales wohnten, bestatteten ihre Todten auf den ihren Dörfern zunächst gelegenen Hügeln und Bodenerhebungen, um deren Gebeine vor Ueberschwemmungen und Grundwasser zu sichern. Eine solche Begräbnissstätte war in der Nähe von Wendischen-Jena der Todtenhügel, aus dem seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts eine grosse Anzahl von Graburnen, Waffenstücken und Geräthschaften aus Bronze und Eisen ausgegraben sind.1) Ein eben solcher Begräbnissplatz der Sorben war der Käpelberg, das ist Kapellenberg bei Pforte unweit der Windlücke, wo in Klosterzeiten eine Kapelle gestanden haben muss. Am nördlichen Abhange desselben nach der kleinen Saale zu fand man im Jahre 1864 in einer Kiesgrube Graburnen von gebranntem Thon ohne jede Spur einer künstlerischen Verzierung, soweit das die erhaltenen Scherben erkennen lassen. Ein dritter Begräbnissplatz der Sorben war an der Westseite des Galgenberges zwischen Pforte und Kösen südlich von der Chaussee, einer Vehmstätte des Klosters. Dort wurde im Jahre 1865 in einer Kiesgrube eine Graburne von schwarzbrauner gebrannter Thonerde und ebenso einfacher Arbeit wie die oben erwähnten mit Knochenresten gefunden, und nur etwa zwei Fuss unter dem Boden ein vollständiges Gerippe, das um die Unterarme hohle Bronzeringe trug von sehr einfacher Arbeit, wie sie sich auch sonst in Wendengräbern gefunden haben und dem sogenannten Bronzezeitalter angehören. Auch auf dem Rechenberge unmittelbar südlich von Kösen an der Saale sind nach mündlicher Ueberlieferung früher Graburnen gefunden worden. 2) Es waren also Sorben der zunächst gelegenen Ortschaften Lochewice und Cusne, die am Käpelberge, am Galgenberge und auf dem Rechenberge in dem trockenen Kies- oder Kalkboden ihre Todten beisetzten.

1) Lepsius, Gesch. d. Bischöfe d. Hochst. Naumburg, S. 138. Kleine Schriften, Bd. II, S. 195 f.

2) Die Urnen in der Kiesgrube am Käpelberge, auf dem neusten Plane von Kösen und Umgegend von C. Wibel. 1867. Köppelberg geschrieben, wurden von Knechten des Herrn Oberamtmann Jaeger zu Pforte beim Kiesgraben gefunden, aber zerschlagen, da die Finder Schätze in denselben zu finden hofften. Ich fand nur noch die Scherben derselben vor. Die am Galgenberge ebenfalls beim Kiesgraben gefundene Urne zerbrach beim Aufgraben; das Gerippe ward von muthwilliger Hand zerschlagen, die Bronzeringe wurden vom Herrn Förster Voigt zu Kösen aufbewahrt und mir zugestellt. Die Urnenscherben, Knochenreste und Bronzeringe dieser Funde befinden sich jetzt in meinem Besitz. Vom Rechberge stammt vermuthlich die grosse einfache Graburne von schwarzbrauner Thonerde, die sich im Archiv der Landesschule Pforte befindet.

Da die Niederung des Saalthales zwischen Almerich 'und Kösen, ehe sie durch Dämme und Abzugsgräben trocken gelegt wurde, meist aus sumpfigem Wiesenboden bestand oder aus Waldstrecken, welche erst die Cisterzienser von Pforte ausrodeten, so kann das Ackerland der genannten Sorbendörfer nur von geringem Umfange gewesen, mithin der Ackerbau nicht die Hauptnahrungsquelle ihrer Bewohner gewesen sein. Wie die Wenden überall in den Flussniederungen vorwiegend Fischer waren, so war auch die Fischerei in der einst überaus fischreichen Saale für die Sorben in den besprochenen Uferdörfern ohne Zweifel eine Hauptbeschäftigung und eine nothwendige Erwerbsquelle. Je mehr aber die culturfähigen Ackerstrecken, Wiesen, Waldungen und Fischereigerechtigkeit in die Hände des Klosters zur Pforte übergingen, desto mehr wurden jenen Sorbendörfern ihre Nahrungs- und Erwerbsquellen verstopft, so dass sie eingehen mussten. 1)

Im Vorstehenden ist also der Versuch gemacht worden, aus Ortsnamen, Gräberfunden und spärlichen urkundlichen Nachrichten ein Bild zu gewinnen von dem Anbau des Saalthales auf der besprochenen Strecke und von den Lebenszuständen seiner Bewohner, wie derselbe etwa in der Zeit von der Einwanderung der Sorben in diese Gegenden bis zur Gründung des Bisthums Zeitz, also vom sechsten bis zum zehnten Jahrhundert gewesen sein mag.

Ueber die Ansiedlungen der Deutschen auf diesem Boden nach Unterwerfung der Sorben erhalten wir erst zuverlässige urkundliche Auskunft seit Anfang des elften Jahrhunderts, seitdem der bischöfliche Sitz von Zeitz nach Naumburg verlegt wurde.

In dieser Zeit geschieht zuerst der Neuen Burg der Markgrafen Hermann und Eccard II., der Söhne Eccards I., Erwähnung, die auf einem gegen Westen vorspringenden Rande des Saalthales erbaut war, an

1) Die Fischereigerechtigkeit in der Saale erhält das Kloster schon durch die Urkunde Bischof Uto's von Naumburg 1140. Das Fischhaus an der Saale bei der Fähre wird zwar erst 1306 urkundlich erwähnt, bestand aber mit der Fähre wahrscheinlich schon seit den ältesten Zeiten des Klosters. Die Fischerei in Rostewice erwirbt das Kloster im Jahre 1310 (vergl. Wolff, Chron. I, 39.97. II, 337). Bis Ende des vorigen Jahrhunderts waren in beiden Schulgärten grosse Fischbehälter (Erbbuch, Bd. II, Fol. 366. 367. 370) und die Landesschule verbrauchte wie einst das Kloster jährlich Massen von Fischen. Noch bis vor wenigen Jahrzehnten war der Lachsfang in der Saale bei Kösen sehr bedeutend.

der Stelle, wo jetzt das Naumburger Oberlandesgericht steht, 1) also unweit des Sorbendorfes, von dem sich in dem Namen des Platzes Wendenplan noch eine Spur erhalten hat. Dass unter dem Schutze dieser Burg schon vor der Uebersiedelung des Bisthums nach dieser Stätte eine deutsche Ortschaft und kirchliche Gemeinde entstand, ergiebt sich daraus, dass der älteste Theil des Naumburger Doms, die Krypte, schon im zehnten Jahrhundert ausserhalb der Ringmauern der Neuen Burg erbaut worden ist. 2) In der Zeit zwischen der Ermordung Eccards I. und der Verlegung des Bisthums wurden durch die Brüder Hermann und Eccard II. ebenfalls unter dem Schutze der Burg und in unmittelbarer Nähe derselben zwei Klöster gegründet, das Benedictiner Mönchskloster St. Georg und das Nonnenkloster St. Moritz, wo erst im Jahre 1119 statt der Nonnen Augustiner Chorherrn eingesetzt wurden.3) Beunruhigungen und Verheerungen des Zeitzer bischöflichen Sprengels durch slavische Stämme waren dann die Veranlassung, dass auf Betrieb des Kaiser Conrads II. und der Markgrafen Hermann und Eccard II. unter Zustimmung des Papstes Johann XX. der Sitz des Bisthums in die schützende Nähe der Neuen Burg verlegt wurde an die Stelle der heutigen Domfreiheit zu Naumburg. In den Jahren von 1028 bis 1032 ward diese für die Ortsgeschichte wichtige Verlegung des Bisthums in's Werk gesetzt, 4) und der Bau der bischöflichen Kathedrale begonnen. Als Bischof Cadalus durch Zusicherung von Abgabenfreiheiten und Verkehrsbegünstigungen Kaufleute und Gewerbtreibende der Stadt Gena zur Ansiedelung in der Nähe des neuen bischöflichen Sitzes bewog, wuchs die deutsche Ortschaft, der Kaiser Conrad das volle Stadtrecht und das Privilegium eines königlichen Marktes verliehen hatte, 5) in der Gegend um die jetzige Wenzelskirche, bald zu einer blühenden Handelsstadt empor, und die tüchtige Bürgerschaft derselben, begünstigt durch das im Ganzen wohlwollende und einsichtige bischöfliche Regiment, schuf hier verhältnissmässig frühzeitig ein auf Selbstverwaltung und Betheiligung aller ansässi

1) Lepsius a. О. р. 12. 139. Von der Ringmauer derselben sind noch Reste erhalten. Dass Eccard I. der Erbauer der Burg war (Lepsius, Historische Nachricht vom Augustiner - Kloster St. Moritz zu Naumburg, Kleine Schriften I, S. 57) ist wahrscheinlich, wenn auch nicht urkundlich verbürgt.

2) Lepsius, Ueber das Alterthum und die Stifter des Doms zu Naumburg, Kl. Schr. Bd. I, S. 5.

3) Lepsius, Historische Nachricht vom Augustiner Kloster St. Moritz zu Naum

burg, Kl. Schr. Bd. I, S. 58.

4) Lepsius, Gesch. d. Bisch. d. Hochst. Naumb. S. 11 f.

5) Lepsius, Gesch. d. Bisch. d. Hochst. Naumburg S. 13, 17.

[blocks in formation]

gen Bürger begründetes städtisches Gemeinwesen. So waren bis zur Mitte des elften Jahrhunderts auf dem Boden der heutigen Stadt Naumburg nach einander folgende Ansiedelungen entstanden:das alte Sorbendorf, die Neue Burg, die beiden Klöster St. Georg und St. Moritz, der bischöfliche Sitz und die deutsche Handelsstadt, von Burg und Domfreiheit in alter Zeit durch Wall und Graben geschieden.

Bald nach Gründung des bischöflichen Sitzes zu Naumburg müssen auch eine Anzahl von Burgen und Ortschaften in der Nähe desselben erbaut worden sein. Dies gilt zuerst von der bischöflichen Feste Sconenberg jetzt Schönburg 1) genannt, obwohl dieselbe erst 1157 urkundlich erwähnt wird. Jedenfalls nicht später als die Neue Burg ist der einst durch Wall und Graben befestigte Ort Altenburg 2) am Rande des Saalthales an der

1) Lepsius, das Schloss Schönburg bei Naumburg. Kl. Schr. II, S. 88. 90.

2) Zuerst ist der Ort erwähnt in der Urkunde Bischof Uto's von Naumburg vom

J. 1140 mit den Worten: usque ad antiquum aggerem Aldenburgensium und in einer Urkunde von 1153 mit den Worten: usque ad fossas Aldenburgensium. Aus diesen Worten erhellt, dass der Wall von Altenburg 1140 in Trümmern lag, der Wallgraben aber erhalten war, ebenso wie die Gemeinde von Altenburg. In den Worten einer Urkunde von 1168: usque ad vallem destructae et nunquam reaedificandae urbis quae dicebatur Altenburg, kann also nur gemeint sein, dass die städtische Befestigung mit der Citadelle oder Burg zerstört sei. Als urbs wird der Ort noch in einer

Stelle des Dorfes Almerich erbaut worden, dessen Name im Volksmunde aus Altenburg verderbt worden ist, wie Numrich aus Naumburg, Limerich aus Loewenberg. Die Citadelle oder Burg dieses befestigten Ortes, der urkundlich noch in den Jahren 1168 und 1194 gradezu Stadt genannt wird, lag auf dem Bergvorsprunge über der Almericher Mühle in der Nähe der „neuen Häuser" von Almerich, der im sechzehnten Jahrhundert der Schlossberg von Altenburg, später auch Burgstatel oder Burgscheitel genannt wurde. Diese Burg und die Umwallung des sich von dem Burgscheitel in das Thal hinabziehenden Ortes Altenburg, ist aber schon vor 1140 zerstört worden, und seitdem ist der Ort zum Dorfe herabgesunken, das später in Abhängigkeit vom Kloster zur Pforte gerieth. Altenburg büsste also seine Bedeutung als Stadt ein, als der Ort bei der Neuen Burg zur bedeutenden Stadt anwuchs. Sowohl aus dieser Thatsache als aus den Ortsnamen selbst muss man schliessen, dass Altenburg früher gegründet ist als die Neue Burg, also schon im zehnten Jahrhundert. Und wenn Bischof Uto II. von Naumburg in der Urkunde von 1168 den Ausdruck braucht: die nie wieder zu erbauende Stadt Altenburg, so spricht er damit eine

Urkunde vom J. 1194 bezeichnet (vergl. Lepsius, Burg Altenburg, Kl. Schr. II, 115 f.) Brothuf sagt im J. 1551, Erbbuch, Bd. I, Fol. 5: „bis zu dem Grunde under Aldenburg an den alten Wahl- oder Schantzgraben underm Berge, darauf ettwan das alte Schlos Aldenburg gestanden;" und im J. 1552, Transsumptbuch, Fol. 313: „bis an den Grunt under den altenn Schlosberge zu Aldenburg." Die Benennung Burgstatel für denselben findet sich in Gerichts- und Lagerbüchern (Lepsius, Gesch. d. Bisch. S. 194) und der Name Burgscheitel ist noch vor einigen zwanzig Jahren im Volksmunde gebräuchlich gewesen (Wolff, Chron. I, 82). Lepsius Vermuthung, dass das ungenannte Schloss an der Saale des Markgrafen Gunzelin, das dessen Neffen Hermann und Eccard II. zerstörten, Altenburg gewesen sei (Kl. Schr. II, 116 f.), ist nicht erwiesene Thatsache. Der Ausdruck Diethmars von Merseburg: castellum quoddam iuxta Salam situm, kann ebensowohl von der verschollenen Feste Heunenburg als von Altenburg verstanden werden. Ebensowenig ist die Annahme haltbar, die Citadelle von Altenburg habe früher Steinburg gehiessen (Lepsius, a. O. 117 f.). In den Worten der Urkunde des Bischofs Cadalus vom J. 1030: a loco, ubi confluunt Sala et Wetaa; inde contra descensum Saalae usque Steinburg, inde ad Steindorf, muss man folgern, dass diese beiden Ortschaften nahe bei einander lagen; ob sie aber im Saalthale oder auf dem Höhenrande zwischen dem Einfluss der Weta in die Saale und der Flemminger Flur lagen, ist ganz ungewiss. Auch ist es unglaublich, dass, während doch der Ort Altenburg von einer Burg den Namen erhalten hat, die Citadelle oder Burg desselben Steinburg geheissen haben soll.

« AnteriorContinuar »