Theil gelb angestrichen, während der vasenförmige Steinkern unter demselben eine dunkele, wie es scheint, schwarzblaue Färbung hatte, wodurch natürlich das zierliche Blätterwerk auf das schärfste hervorgehoben wurde. Die verschiedene Färbung dient hier zur Hervorhebung der Gliederungen des Bauwerkes wie die Polychromie in den Griechischen Tempeln. Die Abtskapelle zeigt also die reiche Ornamentik des spätromanischen Baustiles; aber die aus dem Zehneck geschnittene Chornische, das Radfenster an der vorderen Seite in der Mitte derselben und die Strebepfeiler an den Aussenwänden des Langhauses sind schon dem Spitzbogenstil entnommen. Die Abtskapelle ist ein Bauwerk aus der Zeit des Ueberganges vom Rundbogenstil zum Spitzbogenstil, also, da die Cisterzienser zur Pforte im Jahre 1251 den Grundstein zum hohen Chor der Spitzbogenkirche legten, in der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts erbaut worden. 1) Die Abtswohnung war ein zweistöckiges Gebäude, dessen unteres Stockwerk zur ebenen Erde der Länge nach durch eine Wand in zwei Hälften getheilt war, so dass der eine Theil der Gemächer mit der Fensterseite nach Süden, nach dem Klosterberge zu, lag, der andere nach Norden, nach dem Vorwerke hin. Im oberen Stockwerke zog sich zwischen zwei Reihen von Zimmern ein schmaler Corridor hin. Wie das Langhaus der Abtskapelle, so ist das untere Stockwerk der Abtswohnung längst in Schmutz und Dunkelheit versunken; die Prunkgemächer, wo einst der Abt des reichen Cisterzienserklosters St. Marien zur Pforte Bischöfe und Aebte, Fürsten und Herren empfing und zur Tafel zog, sind zu Holzställen, Kellern, Werkstätten und Rumpelkammern erniedrigt, und rings um sie hat sich der Erdboden um mehrere Fuss erhöht. Nur zwei reiche Rundbogenportale stehen dort noch wie trauernd im Halbdunkel verbauter, dumpfer Räume und bezeugen, dass dies einst lichte Gemächer waren, die in Bildwerk und Farbenschmuck prangten. Ein solches Prunkgemach lag nach Süden hinaus mit der Fensterseite nach dem Klosterberge zu, jetzt ein Holzstall. Von der schmalen Westseite her tritt man durch ein Rundbogenportal in dasselbe ein. Die Wölbung desselben ist von doppelten Rundstäben oder Wülsten mit zwischen 1) So urtheilt auch Lotz, Kunsttopographie v. Deutschl. I, 547. liegender Auskehlung umzogen. Der äussere Rundstab stützt sich auf beiden Seiten auf das Gesimse der äusseren Thürpfosten, deren Ecken ausgehöhlt und die Höhlungen mit schlanken Halbsäulen ausgesetzt sind. Der innere Rundstab der Thürwölbung wird getragen durch die beiden Säulen, welche die Ecken zwischen äusseren und inneren Thürpfosten ausfüllen, mit schlanken vasenförmigen Capitellen, deren schilfförmiges Blätterwerk nicht hohl liegt wie an den Capitellen der Abtskapelle. Auf dem halbrunden Thürstein unter dem Bogen des Portales sieht man in flach erhabener Arbeit von einer Mandola umzogen das Kreuz Christi mit der aufgemalten Gestalt des Gekreuzigten, von der nur noch ein matter Farbenschimmer den Umriss zeigt. Unter den Kreuzarmen in der Mandola sind noch die Umrisse zweier auf den Stein gemalten Brustbilder sichtbar. Das Siegel des Abtes von Walkenried zeigt einen Crucifixus mit der Ueberschrift: J. N. R. J; am Stamme des Kreuzes steht unter dem rechten Arme des Gekreuzigten der Jünger Johannes, unter dem linken die Mutter Maria;1) man darf also wohl schliessen, dass die beiden verblichenen Brustbilder unter dem Crucifixus an jenem Portal der Abtei zur Pforte ebenfalls einen Johannes und eine Maria darstellten. Dass das Gemach, in welches man durch dieses Portal eintrat, schon in der späteren Klosterzeit renoviert und entstellt worden ist, dafür liegen unzweifelhafte Kennzeichen vor. An vielen Stellen namentlich der Fensterwand zeigen sich nämlich auf dem erhaltenen Kalkbewurf die Reste einer Malerei von meist grünem Blätterwerk, von Weinlaub, schilfartigen Blättern, Staudenpflanzen und Arabesken. Diese Malerei befindet sich stellenweise auch auf dem rohen Flickwerk, durch welches die alten Fensterhöhlungen dieses Abteigemaches in späterer Zeit entstellt worden sind. Dass sie nicht erst aus Schulzeiten herrührt, beweist eine Inschrift auf demselben Kalkbewurf. Diese ist so verwischt, dass sich ihr Zusammenhang nicht mehr herstellen lässt; nur so viel scheint aus einzelnen noch lesbaren Wörtern hervorzugehen, dass in derselben vom Leiden Christi die Rede war. 2) Jedenfalls ist aber sicher, 1) Eckstorm, Chron. Walkenred. p. 43. 2) Trotz wiederholter Bemühungen habe ich von derselben nur die Wörter: passion.. Jhu (Jesu). bone oder domine.in sacris. totū herausgelesen, aber auch diese nicht mit völliger Sicherheit. |