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dass die Formen der Buchstaben die Minuskeln des funfzehnten Jahrhunderts sind. Da man seit der Reformationszeit nun durchweg wieder die altrömische Majuskel in Inschriften anwandte, wie auch die Inschrift an der Betsäule vom Jahre 1521 und die ältesten Grabschriften aus der Schulzeit zur Pforte zeigen, so kann jene Minuskelinschrift nicht erst aus Schulzeiten stammen. Wäre nun erst nach der Säcularisation des Klosters die angeführte Malerei des Abteigemaches aufgetragen worden, so würde man jene Inschrift übermalt haben, wie man zahlreiche Inschriften an den inneren Wänden der Kirche aus der Klosterzeit übertüncht hat. Daraus folgt, dass die Malerei wie die Minuskelinschrift aus derselben Zeit stammen, und zwar aus dem funfzehnten Jahrhundert. Wie in dieser späteren Zeit des Klosters in die rundbogige St. Maria - Magdalenenkapelle eine rohe Spitzbogenthür eingebrochen wurde, 80 ist es wohl glaublich, dass man damals auch die rundbogigen Fenster des besprochenen Abteigemaches durch schlechtes Flickwerk ausbesserte oder vielmehr entstellte.

Ein zweites grösseres Gemach im unteren Stockwerke der Abtei lag nach der Nordseite zu, der St. Maria-Magdalenenkapelle gegenüber, also an der Südseite des heutigen Wasserhöfchens, und wurde später zur Studierstube oder zum Gesellschaftszimmer eines Lehrers hergestellt, das oben beschrieben worden ist.

Von diesen beiden grösseren noch kenntlichen Abteigemächern ist das zuerst erwähnte jetzt ein Holzstall, das zweite ein Keller zu der Wohnung des Professors der Mathematik. Ob eines von beiden mit dem in der spätesten Zeit des Klosters erwähnten „Saal" der Abtei gemeint ist, muss dahin gestellt bleiben. 1)

Noch ist ein Portal in der nördlichen Zimmerreihe des unteren Stockwerkes der Abtei erhalten, durch welches man aus derselben in den südlichsten Theil des Vorrathshauses nach dem Klosterberge zu eintrat. Die Ornamentik dieses Rundbogenportales ist im Wesentlichen dieselbe wie an dem oben beschriebenen Portal, nur dass sich zwischen den Wülsten oder Rundstäben eine zickzackförmige Verzierung rings herum zieht. Jetzt ist der Raum, in dem jenes Portal steht, ein Keller unter der Professorenwohnung im ersten Stockwerke des Fürstenhauses.

1) Bertuch, Chron. Port. I, 166.

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Oberer Theil eines Portales der Abtei. (1/24 nat. Gr.)

Von dem oberen Stockwerke der Abtei hat sich nur die Angabe aus der spätesten Zeit des Klosters erhalten, dass dort sich die Schlafkammer des Abtes befand. 1)

In den Keller des Abtes kann man noch heut zu Tage von einem nach der Nordseite hin gelegenen Raum der Abtei durch eine Fallthür auf einer steinernen Treppe hinabsteigen; aber hier, wo vormals der Abt zur Pforte seinen guten Wein aufbewahrte, der einst den Abt von Volkenrode, wie erzählt wird, so heiter stimmte, dass er ,,ungern von dem Pförtner Weine schied, " 2) hausen nur noch Ratten in dem dumpfen, finsteren Raum.

Die beiden erhaltenen Portale der Abtei stammen aus demselben Zeitalter wie die Abtskapelle, also aus der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts. Da nun aber an dieser Stelle schon seit der Gründung des Klosters eine Abtswohnung bestanden haben muss, wahrscheinlich bescheiden und einfach wie die zu Pontigny, so muss man annehmen, dass dieselbe gleichzeitig mit dem Bau der Abtskapelle umgebaut, erweitert und ausgeschmückt worden ist.

1) Bert. Teutsch. Pfort. Chron. S. 84: Sabbatho post Assumtionis Mariae, wie gesagt, zwischen fünf und sechs Uhr ist Abt Petrus in seiner Schlaf-Kammer zu oberst in Gott verschieden.

2) Bert. Chron. Port. I, 192: Die Jovis post prandium valde hilaris erat Abbas de Volckenrode et aegre discedebat a vino Portensi.

5. Die ältere Spitzbogenkirche. 1251-1268.

Bis zum Anfange des dreizehnten Jahrhunderts hatte sich der Orden der Cisterzienser weit ausgebreitet über alle Länder Europas bis an die östlichen Grenzmarken des Christenthums, und von Päpsten und Bischöfen mit wichtigen Privilegien und Freiheiten ausgestattet, von Fürsten und Herrn mit reichen Schenkungen und Vermächtnissen bedacht, in sich fest gegliedert und geschlossen durch seine Statuten und seine Generalcapitel, in lebendigem Verkehr mit dem Volksleben nicht bloss durch die Seelsorge und die guten Werke der Kirche, sondern auch durch Landwirthschaft und Industrie, nahm er in Kirche und Staat eine einflussreiche und glänzende Stellung ein. Mit dem zunehmenden Reichthum der Klöster schwand nun aber allmählich die Einfachheit ihrer Einrichtungen und die strenge Regel, wie sie die Aebte Rudolf und Stephan von Citeaux begründet und die ältesten Generalcapitel des Ordens genauer bestimmt und wiederholt eingeschärft hatten. Insbesondere brach sich nun in den grösseren und reicheren Klöstern das Bestreben Bahn, ihre schlichten und ärmlichen Bethäuser aus alter Zeit durch grossartigere mit dem Schmuck der bildenden Kunst gezierte Gotteshäuser zu ersetzen, in dem Zeitalter, wo überall in Deutschland die romanischen Kirchen zu grossartigen Domen im Spitzbogenstil umgebaut wurden. Der herrschenden Richtung der Kirche, den Gottesdienst mit allem Schmuck der Kunst zu umgeben und so Sinne und Seelen der Gläubigen zu fesseln, konnte auch der Cisterzienserorden sich nicht entziehen ohne seine einflussreiche Stellung zu gefährden. Wenn ringsum prächtige Gotteshäuser ihre kunstreichen Portale öffneten, die Schaaren der Gläubigen zu empfangen, so mussten die grauen Brüder von Citeaux befürchten, dass ihre schlichten, ernsten alten Bethäuser leer stehen blieben, und die Laien dem Rufe ihrer Glocken nicht mehr folgten.

So kam es, dass im zweiten Jahrzehnt des dreizehnten Jahrhunderts zu Walkenried der Umbau der alten romanischen Klosterkirche zu einem grossartigen Dom im Spitzbogenstil in Angriff genommen wurde. Zu dem Zwecke sandte Abt Friedrich im Jahre 1216 zwei Brüder zu den Klöstern seines Ordens und nach den Seestädten,

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Lith.v. R Bormann.

a. Langhaus b. Querhaus c. Vierung d. Hoher Chor e. Hochaltar f. Evangelistenkapelle gg Sakrister (§1 früher St. Peter Paulskapelle )

h. Baptisterium i. St Moritzkapelle k. Kreuzgang 1. Refectorium m. Capitelsaal.

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Aufgen v J. Bormann.

GRUNDRISS DER KIRCHE.

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