die grosse Geldsummen zum Neubau der Klosterkirche sammelten. Unter Abt Heinrich III, der selbst der Baukunst kundig war, waren ein und zwanzig Conversen oder Laienbrüder als Steinhauer, Maurer, Bauführer und Schmiede bei dem Bau thätig; Abt Bernhard baute eine eigene Kapelle in der Nähe der im Bau begriffenen Hauptkirche, um mit den Brüdern, die denselben leiteten und beaufsichtigten, die Hora abzuhalten und Messe zu lesen, 1) und erst unter dem Abt Hermann im Jahre 1293 ward die neue Klosterkirche mit dem Kreuzgange vollendet. Der gesammte Bau hat über achtzig Jahre gedauert. Nach dem Beispiel des Mutterklosters begannen um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts auch die Cisterzienser von St. Marien zur Pforte ihr einfaches Bethaus zu einer Spitzbogenkirche auszubauen. Unter dem Abte Albero ward am 21. März des Jahres 1251 zuerst der Grundstein zu dem aus dem Achteck geschnittenen fünfseitigen hohen Chor derselben gelegt, wie die noch wohl erhaltene Inschrift des nach Südosten gelegenen Strebepfeilers desselben beweist. Sie lautet: Anno domini MCCLI. XII.Kl. Aprilis positum est fundamentum huius sanctuarii. Der nach der Grundsteinlegung beginnende Bau des hohen Chores war im Wesentlichen ein Neubau von Grund aus, bei dem die halbrunde Chornische der alten romanischen Kirche abgerissen werden musste. Bei dem Bau des Langhauses und des Querhauses hingegen wurden die Grundmauern, die Arkaden und die Pfeiler derselben benutzt und mit Beseitigung der wagrechten architektonischen Linien des Rundbogenstiles die senkrechte oder zum Senkrechten strebende Gliederung des Spitzbogen 1) Eckstorm. Chron. Walkenred. p. 65. 87. 96. baues auf denselben aufgeführt. Es galt also für den Baumeister die Seitenwände des alten Bethauses zu erhöhen, in den aufgesetzten Wandstücken grosse Spitzbogenfenster anzubringen und die erhöhten Seitenwände durch Kreuzgewölbe zu überdachen. Die ganze Tragfähigkeit, der feste Halt des kirchlichen Spitzbogenbaues liegt in seinem nach Aussen und nach Innen sichtbar hervortretenden Gerippe, nach Aussen in den Strebepfeilern und Strebebögen, nach Innen in den Bögen der Gewölbe und ihren Trägern, den Säulen und Pfeilern; alles Gemäuer zwischen denselben ist nur Füllung, die zum Abschluss dient. Dieses haltende, stützende Gerippe musste also auch für die neue Spitzbogenkirche zur Pforte geschaffen werden. Um den erhöhten Seitenwänden festen Widerhalt zu geben, damit sie nicht durch die Wucht der Kreuzgewölbe auseinander gedrückt würden, führte daher der Baumeister an der Seitenwand des südlichen Seitenschiffes, das er um 11/3' verbreiterte, Strebepfeiler mit Satteldächern auf und stämmte dieselben durch Strebebögen gegen die obere Wand des Mittelschiffes, so dass sie nun wie gegengestämmte Arme von Riesen die südliche Wand des Hauptschiffes halten und stützen. Hätte der Baumeister an der Nordseite der Kirche dasselbe Verfahren angewandt, so würde er durch die Strebepfeiler das Gewölbe der südlichen Halle des Kreuzganges durchbrochen und den Gang zum Theil verbaut haben. Er zog also hier die Strebepfeiler in die Seitenwand des nördlichen Seitenschiffes ein, führte sie über dieselbe bis zu gleicher Höhe wie an der Südseite auf und stämmte sie in derselben Weise wie dort gegen den erhöhten Theil der Wand des Mittelschiffes. 1) Eine Verbreiterung des nördlichen Seitenschiffes war nicht möglich ohne Zerstörung der daran stossenden Halle des Kreuzganges; deshalb unterblieb sie. Im Inneren der Kirche waren die weitgespannten auf Pfeilern ruhenden Arkaden der alten Basilika nicht stark genug die erhöhten Wände des Mittelschiffes und die Kreuzgewölbe zu tragen oder tragen zu helfen. Daher stellte der Baumeister unter die Mitte jedes Rundbogens einen Zwischenpfeiler mit einem Mauerstück über dem Sims desselben, das nach beiden Seiten zur Hälfte eines Spitzbogens ausgeschweift wurde. 1) Sowohl in der südlichen Halle des Kreuzganges als auf dem Bodenraum über dem ehemaligen mathematischen Auditorium, dem jetzigen Untertertianer - Auditorium, ist dieser Bau sichtbar, freilich nicht für jeden Touristen. Querdurchschnitt der Kirche. sonst haben sich ja die alten Meister nicht gescheut, bei ihren Neubauten im Spitzbogenstil Theile der alten Rundbogenbauten unangetastet bestehen zu lassen, und deshalb können wir gerade aus den Bauwerken des Mittelalters die Geschichte ihres Baues herauslesen, wenn wir diese Lapidarschrift sorgfältig studieren. Wir besitzen nun auch urkundliche Nachrichten über die Mittel, welche die Cisterziensermönche zur Pforte in Bewegung setzten, um den Neubau ihrer Kirche zu fördern. Dass hier wie in Walkenried Mönche und Conversen als Baumeister, Steinhauer, Maurer und Handwerker aller Art thätig waren, ist selbstverständlich. Diese Cisterzienser waren damals weder einsame, grübelnde Fakirs noch faule Bäuche, sondern thätige in Landwirthschaft, Handwerk und Kunstübung wohl erfahrene Männer. Zu allen Handlangerdiensten, Fuhren und ähnlichen Leistungen konnte das Kloster seine frohnpflichtigen Leute heranziehen, und wenn sie fremde Werkmeister, Handwerker und Arbeiter in Dienst nahmen, war der Arbeitslohn neben der Naturalverpflegung im Verhältniss zu den Einkünften des Klosters gering. Die Steine zu dem Bau konnten, wo nicht umsonst, so doch um geringen Preis aus den Steinbrüchen von Balgstädt bezogen werden, an denen dem Convent zur Pforte durch eine Urkunde vom 22. December 1278 von den Gebrüdern Ulrich und Friedrich von Balgstädt ein voller Antheil eingeräumt wurde. 1) Eine Hauptquelle aber, aus der die Mittel zu den grossen Kirchenbauten der damaligen Zeit flossen, war die Freigiebigkeit der Laien, und die Geistlichkeit benutzte die Lehre von der Verdienstlichkeit der guten Werke und von dem überfliessenden Gnadenschatz der Kirche, um Herzen und Hände zu frommen Gaben zu öffnen. Der Abt Albero und sein Convent haben es verstanden die Mittel aus dieser Quelle für den Neubau ihrer Kirche zur Pforte flüssig 1) Siehe Beil. II, 16. zu machen. Der Beweis dafür liegt vor in dreizehn Urkunden aus den Jahren von 1257 bis 1268, in denen hohe Prälaten die im Bau begriffene Klosterkirche mit Ablass ausstatten. Es waren dies der Bischof der Sakristankirche vom Thale Hebron, Erzbischof Rupert von Magdeburg, die Bischöfe Thomas von Breslau, Johannes von Prag und Heinrich von Brandenburg, der Erzbischof Wernher von Mainz, die Bischöfe Bertold von Bamberg und Heinrich von Havelberg, der Erzbischof Conrad von Magdeburg, der Diöcesanbischof Theodorich von Naumburg, der zugleich die Ablassbriefe der übrigen Prälaten bestätigte, die Bischöfe Friedrich von Karelien und Friedrich von Merseburg und der Cardinal-Legat des apostolischen Stuhles Guido, Titularpriester ven St. Laurentius in Lucina. Sie ertheilen in denselben allen die zu dem Bau der Kirche durch fromme Gaben beitragen oder hülfreiche Hand leisten würden und an bestimmten Tagen, namentlich an dem Tage ihrer Einweihung und an den Jahrestagen derselben, an den Festtagen der Jungfrau Maria und Johannes des Täufers, an den Bet- und Bitttagen, die Kirche besuchen würden, Ablass von den ihnen infolge von Vergehen und Sünden auf längere oder kürzere Zeit auferlegten Kirchenbussen. Von dieser Bussezeit wird ihnen Erlass eines Jahres oder von vier Wochen jährlich oder beides zusammen in Aussicht gestellt, und dabei werden mehrfach die vierzigtägigen Fastenzeiten hervorgehoben. Nur von dem Erlass der Kirchenbussen ist in jenen Urkunden die Rede, und als Vorbedingung zu demselben wird ausdrücklich aufrichtige Reue und Beichte verlangt. Erst in späterer Zeit kurz vor der Reformation erscheint der Ablass in der verzerrten Gestalt, dass er auch Strafen im jenseitigen Leben erlassen soll, und nach Reue und Beichte nicht mehr gefragt wird. Jene Ablassbriefe stehen noch auf dem Boden der alten Kirchenlehre, während die gedruckten Ablasszettel von Tetzel und Genossen nichts mehr sind als eine Waare, mit der die päpstliche Curie einen einträglichen Handel treibt wie einst mit den Reliquien, das heisst den Gebeinen und Knochenresten der römischen Katakomben. Mit den Privilegien des Cisterzienserordens überhaupt bestätigte Papst Urban IV durch eine Urkunde vom 1. December 1261 auch den Ablass, mit dem die Kirchen desselben ausgestattet worden waren. Auch das im Jahre 1260 unter dem Vorsitz des Abtes von Citeaux abgehaltene Generalcapitel der Cisterzienseräbte förderte den Neubau der Kirche, indem es allen, die zu demselben fromme Almosen und Liebesgaben |