Cisterzienser Mönche selbst nach dem Kloster bei Schmöllen führte, ferner die ganze Erzählung von dem Begräbniss des gebannten Slaven, die Bitte der Mönche, nach Walkenried zurückkehren zu dürfen, das Herumreisen derselben im Zeitzer Sprengel, um eine neue Klosterstätte zu suchen, endlich die Notiz, dass zu der Klosterstätte an der Pforte 50 Hufen urbaren Ackers gehörten, und dass zu den ältesten Besitzthümern des Klosters auch das St. Marienhospital zu Naumburg gehörte. Dass dem Abt Theodorich für seine Erzählung von der Gründung des Klosters auch ausser den oben besprochenen vier Urkunden noch andere gleichzeitige Aufzeichnungen zu Gebote standen, die uns verloren gegangen sind, ist eine Annahme, die in der Natur der Sache liegt. Nicht blos in seinem eigenen Kloster konnte der Abt dergleichen vorfinden, das Archiv des Mutterklosters Walkenried bewahrte Aufzeichnungen über die Aussendung von Walkenrieder Mönchen nach der Klosterstätte an der Porta, und eine solche ist auf uns gekommen, 1) das Domarchiv in Naumburg bot Aufzeichnungen über die Amtsthätigkeit und die Klostergründungen des Bischofs Uto I., und auch aus diesen ist eine für die vorliegende Untersuchung wichtige chronologische Notiz erhalten. 2) Wenn also die Angaben des Abtes Theodorich mit den gleichzeitigen Urkunden nicht in Widerspruch stehen, an sich glaubhaft klingen, einfach und schlicht erzählt sind, so ist kein Grund vorhanden sie zu bezweifeln, ja eine von seinen Nachrichten lässt sich aus bester Quelle bestätigen, die Heiligsprechung des Bischofs Gothehard von Hildesheim, die ein Zeitgenosse der Annalista Saxo unter dem Jahre 1132 erzählt. 3) Die Erzählung, dass einem gebannten Sorben nach seinem Tode vom Schmöllener Abte ein kirchliches Begräbniss verwehrt, die Leiche aus der Gruft wieder herausgeschafft und auf die Strasse gesetzt wird, und dass ein Verwandter desselben für den seiner Familie angethanen Schimpf sich an dem Abte zu rächen sucht, ist im Ganzen völlig glaublich. Man denke nur, wie die Geistlichkeit mit der Leiche des gebannten Kaiser Heinrichs IV. verfuhr. Aber die einzelnen Züge jener Erzählung bei Abt Theodorich sind rhetorisch ausgeputzt mit der geistlichen Schminke der Klosterlegende, welche die Gegner der Klöster in der Regel zu leibhaftigen Teufeln ausstaffiert wie hier im vorliegenden Falle den vornehmen Sorben, der sich zwar gewaltthätig benimmt, aber doch im Grunde nichts will als für seinen Verwandten ein christliches Begräbniss in geweihter Erde. 1) Vergl. Beilage V. 2) Vergl. Beilage VI. 3) Vergl. Beilage IV. Ungenau ist die Angabe des Abtes Theodorich, dass das Hospital der heiligen Maria zu Naumburg schon durch den Tauschvertrag des Bischofs Uto dem Kloster zugewiesen sei, da dieses Hospital erst nach 1140 vom Bischof Uto dem Kloster überlassen wird. 1) Eine Angabe findet sich nun aber in des Abtes Theodorich Erzählung, die mit der Urkunde des Bischofs Uto geradezu in Widerspruch steht. Der Bischof berichtet, dass der Graf Bruno in dem Kloster zu Schmöllen zuerst geistliche Personen: religiosas personas angesiedelt habe. Dass er mit diesem Ausdruck Männer bezeichnete, muss man daraus folgern, dass er mit den Worten ecclesiastica secularisve persona in derselben Urkunde Männer bezeichnet, und zwar geistliche oder weltliche Personen, die den Bezitz des Klosters nicht gewaltsam antasten sollen. Man muss annehmen, dass er das Wort persona dort in demselben Sinne brauchte wie hier, dass er, wenn er an der ersten Stelle Frauen gemeint hätte, dieselben auch durch einen bestimmten Ausdruck von den an zweiter Stelle genannten männlichen Personen geistlichen Standes unterschieden haben würde. Dieser bestimmte Ausdruck wäre sanctimoniales gewesen, den Abt Theodorich für Nonnen anwendet. Also Bischof Uto berichtet, dass die ersten Bewohner des Klosters bei Schmöllen Mönche waren, und das können nur die Benedictiner gewesen sein, von denen Theodorich die bestimmte Angabe hat, dass sie zuletzt bis auf den Abt und vier Mönche zusammengeschmolzen waren. Im Widerspruch mit der Angabe des Naumburger Bischofs erzählt der Pförtner Abt über vier Menschenalter später, dass im Kloster zu Schmöllen zuerst eine Sammung von Nonnen eingesetzt gewesen sei, die nicht gedieh, auf diese Benedictiner folgten, deren Convict ebenfalls nicht gedieh. Dass sich hier zweimal ganz derselbe Hergang kurz hintereinander wiederholt, ist dem Abte selbst auffallend, wie er dies zu erkennen giebt durch die Worte nescio quo infortunio, das heisst dort: ich weiss nicht durch welche unglückliche Fügung es kam, dass auch die Benedictiner eingingen. Nach dem was oben über die Stellung Bischof Utos zu der ganzen Kloster 1) Urkunde Diplomat. Fol. 11. Transsumptb. Fol. 9. Wolff. Chron. I, 106 f. 89 f. 97. 1 nem stiftung gesagt ist, kann es nicht zweifelhaft sein, dass derselbe Kenntniss davon hätte haben müssen, wenn im Kloster bei Schmöllen zuerst wirklich Nonnen gehaust hätten. Die Umwandelung eines ursprünglichen Nonnenklosters in ein Mönchskloster wäre aber für die Klostergeschichte ein so wichtiges Ereigniss gewesen, dass er es in seinem urkundlichen Bericht über die Stiftung nicht mit Stillschweigen übergangen haben würde. Man gelangt also zu dem Schluss, dass die angeblichen Schmöllener Nonnen des Abtes Theodorich keine historischen Personen sind. Wie konnte der Abt aber zu der Annahme derselben kommen? dass er bei der Abfassung des Exordium Portense die Urkunde Bischof Utos benutzte, zeigt die wörtliche Uebereinstimmung ganzer Stellen in beiden Schriftstücken, zumal ja diese Urkunde eine der ersten war, die er in sein Diplomatarium eintrug. Er fand in dieser also die personas religiosas als erste Ansiedler im Kloster bei Schmöllen angegeben; er schloss aus den beiden femininen Wörtern, dass mit denselben auch feminine Wesen gemeint seien, also Klosterfrauen Nonnen, und setzte für jenen Ausdruck in seiner Erzählung die Worte congregatiosanctimonialium ein. Nun lag ihm aber aus einer anderen älteren Quelle die bestimmte Angabe vor, dass in dem Kloster einmal nur der Abt und vier Mönche des Benedictiner Ordens gehaust hatten kurz zuvor, ehe die Cisterzienser von Walkenried dort eingeführt wurden. Er folgerte also, dass erst Nonnen, dann Benedictiner Mönche, dann erst Cisterzienser die Bewohner desselben gewesen seien. Die Schlussfolgerungen, die hier dem Abte Theodorich beigelegt sind, kann aber sehr wohl schon vor ihm irgend ein Leser der Urkunde Bischof Utos gemacht haben, und so schon im dreizehnten Jahrhundert die mündliche Ueberlieferung von drei verschiedenen Sammungen geistlicher Personen, die im Kloster bei Schmöllen aufeinander gefolgt seien, bei den Mönchen in Pforte gänge und gäbe gewesen sein. Jedenfalls kann die unrichtige Erklärung der Worte religiosas personas in Utos Urkunde den ältesten Benedictinern von Schmöllen in der Klostersage das Schicksal des Tiresias bereitet, sie in Klosterfrauen verwandelt haben, da Bischof Uto solche hätte kennen und in seiner Urkunde erwähnen müssen, wenn sie jemals wirklich existirt hätten. Aber diese Klostersage kann auch noch auf andere Weise zur Geltung gelangt sein. Umwandlungen von Nonnenklöstern in Mönchsklöster sind in der That vorgekommen, und zwar in der nächsten Nähe von der Pforte. So ward, wie 1 bereits oben erwähnt ist, das Nonnenkloster St. Moritz bei Naumburg im Jahre 1119 in ein Augustiner Mönchskloster verwandelt, auch zu Memleben sollen Nonnen vor den Mönchen gehaust haben, 1) obwohl diese Ueberlieferung nicht historisch begründet ist. Dass aber an die alte Klosterstätte bei Schmöllen sich eine solche Klostersage knüpfen konnte, dafür giebt es noch einen besonderen Anhaltepunkt. Auf dem Berge zu unser lieben Frauen bei Schmöllen lag eine berühmte Wallfahrtskapelle zu unser lieben Frauen, also an der Stätte, WO einst das Kloster der Cisterziensermönche stand, die nach Pforte übersiedelten. Diese Kapelle, wahrscheinlich das alte Gotteshaus des Klosters, der Maria geweiht wie hernach die Pförtner Kirche, ward dann dem Nonnenkloster Predigerordens zu Cronschwitz einverleibt, und später wohnten bei der Kapelle einige Predigermönche, die ohne Zweifel in derselben den Gottesdienst versahen, bis zum Jahre 1524.2) Es erhellt also, dass an dieser Stätte sich die Ueberlieferung bilden konnte und musste, sie habe Nonnen gehört, bevor Mönche dort einzogen. Was von Nonnen von Cronschwitz und Predigermönchen gesagt seine Richtigkeit hatte, ward dann leicht zurückdatiert und auf die Stiftung des alten Klosters auf dem Berge bei Schmöllen bezogen. Es ist also nachgewiesen, dass die vom Abte Theodorich im Exordium Portense zuerst erwähnten Nonnen im Kloster bei Schmöllen vor den Benedictinern nicht geschichtlich sind, sondern der Klostersage ihren Ursprung verdanken, die sich sowohl aus der falschen Erklärung einer Stelle in der Urkunde des Bischofs Uto als aus späteren Zuständen und 1) Schamelius, Beschreibung des Klosters Memleben S. 99. 2) Schöttgen und Kreyssig, Diplomatische Nachlese II, 263: Schmöllen, Stadt im Voigtlande eine Meile von Altenburg im Pleissner Lande Naumburger Bisthums an der Sprotta von grosser Walfahrt, die darneben auf dem Berge zu unser lieben Frauen erfunden, gebauet, und war nach Achen die erste Walfart in deutschen Landen. Da hatten die Mönche, so hernach zur Pforten, ihre Wohnung. Dieselbige Kapell unser lieben Frauen zusamt S. Martinus ward hernach dem Nonnencloster Prediger Ordens zu Cronschwitz mit aller Gerechtigkeit und Freiheit incorporieret, darauf folgendes etliche Brüder Predigerordens gewohnet, bis das man geschrieben hat a. 1524. Da ist auch ein alt verfallen Schloss, vor Jahren der Burggrafen zu Aldenburg gewes't. Dieser Stadt Pfarre rührt zu Lehn von dem Jungfrauenkloster zu Cronschwitz a. 1306, durch einen Landgrafen von Düringen ihnen vermacht. Der Berg zu unser lieben Frauen heisst jetzt Pfefferberg, aus Pfaffenberg verdreht (Limmer, Entw. ein. Gesch. des ges. Pleissner Landes, S. 66. Wolff. Chron. I, 49.) Ereignissen auf der alten Klosterstätte bei Schmöllen bilden konnte. Viel weiter erscheint die Klostersage zu Pforte ausgebildet in der späteren Erzählung von der Stiftung des Klosters, die nunmehr zur Sprache kommen wird. Der Bosauer Mönch Paul Lange, der in den zwanziger Jahren des sechzehnten Jahrhunderts im Auftrage des Abtes Johann Tritheim die bedeutendsten Klöster von Deutschland bereiste, um alte Manuscripte derselben aufzusuchen und zu sammeln, und auch Pforte besuchte, erzählt in seiner Chronik von Naumburg, die Gründung des Klosters durch Graf Bruno und seine Gemahlin Willa sei auf einer Wand des Klosters beschrieben und in einem Gemälde dargestellt, das noch vorhanden sei. 1) Der Rector Justinus Bertuch sagt, dass er seine Erzählung von der Stiftung des Klosters zum Theil entnommen habe aus Leoninischen Versen, die er abgeschrieben habe von einer Wand im Garten des Herrn Kantors zu Pforta, wo auch die ganze Geschichte der Gründung und der Tod des Oetwin in einem Gemälde dargestellt sei, aber schon verstaubt und verblichen, so dass man es nicht mehr deutlich sehen könne. Von dem ganzen Gedicht, das dort geschrieben stand, theilt Bertuch fünf und zwanzig vollständige Verse und einen halben Vers mit, den grössten Theil desselben, während er den Anfang und Schluss nicht mehr lesen konnte. 2) Leoninische Verse sind nicht erst von einem Französischen Dichter aus der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts erfundene, sondern schon im früheren Mittelalter gebräuchliche daktylische Verse, meist Hexameter, selten Pentameter, in denen das Wort vor der Hauptcäsur und das Schlusswort jedes Verses sich reimen, wie man solche schon bei den Römischen Dichtern der besten Zeit, ja in den Annalen des Ennius findet. 3) 1) Chronica Numburgensis. Script. rer. German. Mencken. T. II. p. 21. not. 9: Anno dom. MCXXXI facta est fundatio per Brunonem et Willam uxorem, sicut in pariete monasterii adhuc scriptum et pictum est. Vergl. Beilage III. 2) Vergl. Beilage III. 3) Enn. rell. J. Vahlen v. 90: Sic expectabat populus atque ora tenebat Ebensolche Verse finden sich auf Grabsteinen der Römischen Kaiserzeit, zum Beispiel: Corp. Inscr. Rhenan. Brambach, n. 1243: Hic tumulum titulumque mihi donavit honori. а. О. п. 1239: Hoc tibi pro meritis; Sit tibi terra levis. а. О. n. 1364: Tum rapuit fatis mors inimica suis. a. O: Flevisset genitor, occidit ipso prior. |