I. JURA ET LIBERTATES INDAGINIS. Das Original befindet sich im Stadtarchive, starkes Pergament, 15" hoch, 9" breit, ohne Rand, auf 27 mit Dinte gezogenen Linien grosse feste Urkundenschrift, durchweg von einer Hand und Dinte, die einzelnen Paragraphen weder gezählt noch abgesetzt. Das grosse runde Siegel aus gelbem Wachs, von welchem an der linken Seite fast ein Drittel fehlt, hangt an einem Pergamentstreifen. Es zeigt den links schreitenden Löwen mit einfachem ungezackten Zagel und die Umschrift, SIGILLV. OT..... DV . . . . . . . . . SVIC. Die Urkunde hat weder Aussteller noch Datum. Doch findet sich dasselbe Siegel an dem nachfolgenden Ottonischen Stadtrechte und ist dort unzweifelhaft von Otto dem Kinde. Von einem späteren Otto kann es nicht sein, da Nachträge dieses Stadtrechts schon in die 1265 von den Herzögen Albrecht und Johann besiegelte Urkunde aufgenommen sind. Der Kaiser Otto aber, von welchem die vorliegende Urkunde nach Schrift und sonstiger Ausstattung wohl ausgestellt sein könnte, hat sich nie eines Siegels wie das anhangende bedient, oder dux de Brunswic genannt. Allerdings wird ein gleiches Siegel an keiner der bekannten Urkunden Ottos des Kindes wiedergefunden. Aber dieser hat ausser seinem gewöhnlichen Siegel, welches sich von jenem kaum mehr als durch den gezackten Zagel des Löwen und durch geperlte Randlinien unterscheidet, noch ein kleineres gebraucht: rechts schreitender Löwe mit einfachem ungezackten Zagel, auf erhöhtem Rande die Umschrift SIGILLVM OTTONIS PRINCIPIS ET DOMINI DE LVNEBORG; und auch dieses ist nur in zwei Exemplaren erhalten. Ueberdies hat so wenig wie Otto IV ein späterer Herzog Otto das hier vorliegende Siegel geführt. Der Hagen, das nordöstliche der nachmaligen fünf Weichbilde Braunschweigs, ist eine Schöpfung Heinrichs des Löwen. Auf ihn führt denn auch § 1 den Inhalt unseres Statutes zurück. Dass Heinrich utgaf dat blech, dat geheiten is de Hagen, berichtet das Chron. rhythm. 29, 60 und zwar zu den letzten Jahren Kaiser Konrads III. Danach wäre mit dem Anbau c. 1150 begonnen. Schon aus den Worten § 1 a prima fundatione ergiebt sich, dass der Hagen gleich von Anfang an Stadtrecht bekam. Mit Bestimmtheit sagt dies Herzog Albrecht in dem weiterhin unter VII abgedruckten Privilegium für die Wantschneider im Hagen vom Jahre 1268: Noverint - presentes ac posteri, nos a quibusdam senioribus ac discretis de Indagine veraciter intellexisse, quod dum Henricus dux Bawarie et Saxonie Indaginem primo fundaret et construeret ac ei jura burgimundii et libertates daret sicut fieri solet, talem gratiam specialiter superaddidit etc. Damit ist freilich nicht bewiesen, dass Heinrich damals sofort alle in unserer Urkunde enthaltenen Rechte ertheilt habe. Nach dem Wortlaute § 1 können dieselben sehr wohl von der Gründung des Hagens an nach und nach verliehen sein. In $ 15 stimmen, abgesehen von dem übrigen Inhalte, keinesfalls die Worte sicut habere consueverunt zu der Zeit der prima fundatio. Die Katharinenkirche, deren § 11 Erwähnung geschieht, soll nach der niedersächsischen Chronik in Abels Sammlung alter Chroniken p. 142 im Jahre 1166, nach Botho sogar erst 1172 erbaut sein, wobei indessen zu beachten ist, dass beide Quellen für Chronologie wenig zuverlässig sind. Dies alles zusammengenommen, haben wir hier eine von Otto dem Kinde durch sein angehängtes Siegel anerkannte Aufzeichnung der Rechte, mit denen Heinrich der Löwe den Hagen im Laufe der Zeit begabt hatte. Weiterhin berichtet obiges Privilegium für die Wantschneider: Postmodum — a serenissimo imperatore Ottone prefati ducis filio fuit similiter confirmatum, deinde a duce Henrico comite pala tino; novissime autem cum pater noster felicis memorie intraret civitatem Bruneswich confirmavit eandem gratiam dies zwar nur vom Rechte der Wantschneider. Doch wird dieselbe Nachricht mit einiger Sicherheit auch von den in so engem Zusammenhange mit dieser gratia erwähnten Stadtrechten verstanden werden können. Die Frage, wann Herzog Otto dieselben bestätigt habe, scheint von jener Nachricht cum intraret civitatem beantwortet zu werden, zumal, wie oben bemerkt, das einzige gleiche Exemplar des anhangenden Siegels das am Ottonischen Stadtrechte ist, welches in das Jahr 1227 gesetzt werden muss. Vgl. die Einleitung zu II. Die Jura Ind. erscheinen somit als joyeuse entrée, blyde inkomst Herzog Ottos. Dux de Brunswic nannte er sich auch früher schon. Dieselben sind zuerst gedruckt: (Sack) Alterthümer der Stadt und des Landes Braunschweig. 1 Notum sit omnibus hanc paginam uidentibus cetero liber permanebit. Item quicumque do- 10 1) leso und se per grösstentheils durch Brand zerstört, aber wohl zu erkennen. |