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VII.

St. Helena und Ascension.

Von A. Bastian.

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Ein dunkler Punkt erhebt sich St. Helena aus dem Meere, in runden Kuppen, die eine niedrige Vegetation bedeckt. Wir segeln nahe dem Lande hin und sehen dann zwischen zwei mächtigen Felsmassen sich ein grünes Thal öffnen, aus dem die weifsen Häuser von Jamestown hervorschauen. Die Höhen sind mit Festungswerken gekrönt, auf allen Spitzen erheben sich Flagbäume und Signalstangen, um jeden Augenblick von einem Ende der Insel zum andern communiciren zu können. Der Weg vom Landungsplatze zur Stadt ist mit Batterien eingefasst, überall gähnen die offnen Kanonenschlünde aus den Felsen hervor; bombenfeste Kasematten schützen die Munition und Oefen stehen bereit, die Kugeln zu glühen. Die ganze Insel ist eine grofse Citadelle, und während der französischen Kriege war jedem Fremden das Betreten des Inneren (wie noch jetzt auf Gibraltar) verboten, weshalb der Botaniker der russischen Weltumseglungsexpedition (1806) dort nicht sammeln konnte, da ein Vorgänger die erhaltene Erlaubnifs zur Aufnahme von Karten benutzt hatte.

Die Strafsen der Stadt sind reinlich, aber wenig belebt, die Häuser niedrig und unscheinbar. Sie ziehen sich in dem engen Thale auf unterbrochenem Terrain an dem kleinen Flüsschen empor. Verschiedenfarbige Blumen und blühende Cactus schmücken die Gärten der Vorstadt, eine reiche Auswahl tropischer Früchte bietet der Markt.

In dieses freundliche Thal, von klaren Bächen durchrieselt, blickt man von dem steinigen Hügelpfade hinab, der nach Longwood führt. In der Nähe einer Schlucht, wo ein hoher Wasserfall in feinem Staubregen niederspritzt, wendet sich der Weg seitlich in ein Kesselthal, das zwischen nackten Felsen niederfällt und in seinem obern Abhange das Grab des grofsen Gefangenen umschliefst, dessen Name diese einsame Insel und vor Allem dieses einsame Thal durchweht. Als Abzugskanal für das Regenwasser der höheren Umgebung trägt der sumpfige Boden ein grünes Kleid, und aus ihm treten dunkle Cypressen hervor, hängen jene wohlbekannten Weiden ihre trauernde Zweige in den jetzt leeren Sarkophag nieder, den ein Eisengitter umgiebt. Daneben sprudelt ein frischer Quell in eine Cisterne, und von hier blickt man durch eine Spalte zwischen den Felsen in die weite See hinaus, die in der Tiefe schimmert. Das Schilderhaus des Aufsehers stand leer und schien verlassen, dagegen fanden sich aber in der Nähe

einige Bauerhäuser, in denen man auf den Empfang von Fremden eingerichtet ist. Von dort nach Longwood führen schmale Wege, welche die steilen Thäler hinauflaufen, und vielfach von Mauern eingefasst sind. Das Gebäude, das dem Kaiser zum Aufenthalt diente und das man durch einer Allee erreicht, ist in einem sehr verfallenen Zustande. Es ist von einem Pächter bewohnt und dient zugleich als Wirthshaus. Seitlich liegt die stattlichere Wohnung, welche die englische Regierung für ihn gegen Ende seines Aufenthaltes erbauen liefs. In dem Zimmer, in welchem Napoleon verschied, stand eine Maschine zum Reinigen von Weizen und sein Schlafzimmer diente zum Stall. Der hinter dem Hause gelegene Garten sah wüst und verwildert aus. Auf dem Rückwege passirt man mehrere englische Landhäuser, die an malerischen Punkten der Insel liegen und gelangt dann auf den Ladder-Hill, von dem eine fast 800 Stufen zählende Treppe in die Stadt hinabführt.

Die höchste Spitze der Insel ist der Dianenpik, den Brombeerstauden mit Farrnbäumen bekleiden. Die Hügel tragen Kiefernwaldungen und ihre Abhänge Ginster, der überall kräftig hervorwuchert. Nach Beatson sollen früher die Ebenen von Longwood und Deadwood mit Wald bedeckt gewesen sein, aber im Jahre 1724 waren die meisten Bäume umgefallen und der Nachwuchs wurde, wie Darwin bemerkt, durch das Benagen der damals frei umherlaufenden Ziegen und Schweine gehindert.

Die Bevölkerung der Insel ist sehr mannigfaltigen Ursprungs und hat sich vielfach im Laufe der Zeiten gemischt. Da sie der Sitz einer Mixed-Commission für Aburtheilung der gekaperten Sclavenschiffe ist, so gelangen noch jetzt beständig neue Neger dahin und werden meistens, wie in Sierra Leone, auf fünfjährige Lehrzeit (Apprenticeship) denen übergeben, die Diener bedürfen. Von den älteren Bewohnern der Insel waren noch manche in der Sclaverei geboren.

Die Portugiesen, die ersten Entdecker der Insel, hatten seit 1502 angefangen, sie mit vierfüfsigen Thieren zu bevölkern. Sie wurde von ihnen als eine Gesundheitsstation benutzt, auf der die von Indien heimkehrenden Schiffe ihre Kranken absetzten. Diese bauten sich Hütten im Lande und verweilten dort bis zu ihrer Genesung, worauf sie mit einem später kommenden Schiffe weitergingen. Dauernde Niederlassung war nicht erlaubt, damit jedes Schiff gleiche Freiheit habe, und Linschoten erzählt, dafs ein Eremit, der mehrere Jahre dort verweilt und die auf der Jagd erbeuteten Thierfelle verhandelt habe, desshalb auf Befehl des Königs von Portugal nach Lissabon zurückgebracht worden sei. Kurz vor dem Besuche dieses Reisenden (1589) hatten die Engländer eine Landung auf der Insel gemacht, und die Kapelle der heiligen Helena zerstört. Neben derselben standen einige alte

Bäume, die viele eingeschnittene Namen, von den Jahren 1510 und 1515 an, trugen. Die portugiesischen Matrosen trugen sich mit der Sage von wilden Menschen, die im Innern der Inseln hausten und von einigen Kaffern aus Mozambique, sowie von entlaufenen Sclaven aus Java herstammten. San Roman erzählt eine unheimliche Geschichte: wie bei der Belagerung Goa's einige Portugiesen zum Islam abgefallen seien, wodurch ihre Landsleute in noch grössere Bedrängnifs gekommen, dass aber der Herr, der in solchen Unglücksfällen seine Gnade zu zeigen pflege, sich ihnen gütig bewiesen, indem er sich eines gewissen Juan Machado, als Werkzeug seiner göttlichen Kraft, bedient habe. Juan Machado war mehrere Jahre früher durch Cabral aus Melinde verbannt worden, hatte sich zu den Türken begeben und sich unter ihnen mit einer Mohrin verheirathet, von der er zwei Söhne hatte, baptizados por su propria mano. Temiendose que con su ausencia volverian á la perfidia de su madre, olvidado del dereccho divino por el buen zelo de su sangre, los ahogó una noche secretamente. Dieser gottbegeisterte Kindesmörder begab sich zu den Apostaten und wufste sie zu einem neuen Abfall zu überreden. Nachdem es dann den Portugiesen möglich geworden war, Goa zu entsetzen, wurden die Türken zur Auslieferung der noch übrigen Renegaten gezwungen, und ihnen Allen liefs der Gouverneur Nasen und Ohren, sowie die rechte Hand nebst den Daumen der linken abschneiden, worauf er sie zur weiteren Bestrafung nach Portugal schickte (1512). Uno destos, llamado Fernan Lopez, se quedó con un su Esclavo en la isla de Santa Elena, donde dió en criar tantas hortalizas, que los Capitanes les dexaron, qudando despues aca de gran regalo para las naos, que alli aportan, quando vienen de la India, donde hazen aguada y se refrescan, de manera que los que passan de largo sin estos refrescos padecen notablemente en el camino. Hizo alli una ermita, en que se dize la misa, en la qual pasó su vida exemplarmente, hasta que, aviendo ydo á Roma y sacado perdon de su Santidad, se volvió y murió en ella con grandes señales de un verdadero penitente.

Vier Tage, nachdem wir St. Helena verlassen hatten, warfen wir Anker auf der Rhede vor Ascension. Eine Schlackenmasse roh und ungelockt, als ob sie so eben durch des Feuers Gluthen aus dem Meere hervorgeworfen worden, liegt vor uns, noch nirgends durch die zersetzende Einflüsse der Atmosphäre oder des organischen Lebens gemildert und erweicht. Schroff und hart starren überall die Ecken und Spitzen hervor, scharf wie eine Messerschneide ist der Rand der Felsrillen abgeschliffen und jeder Spaziergang, der von den gebahnten Wegen abweicht, opfert in wenigen Stunden auch das stärkste Schuhzeug. Ueber diesen schwarzen Lagerfeldern, die in unverhüllter Hässlichkeit

in der Sonne emporstarren, erhebt sich ein zuckerhutförmiger Kegel, schwarz und häfslich, auf seiner Spitze aber mit einem grünen Kranze gekrönt, und defshalb der Green Mountain genannt. Die macadamisirte Strafse, die mit Sitzbänken und Cisternen versehen, auf einen sieben engliche Meilen langen Weg zu ihm hinaufführt, lässt ein allmähliches Zunehmen der Vegetation bemerken, d. h. von niedrigen Kräutern, die hie und da in den Felsritzen hindorren, bis man die Höhe selbst erreicht und sich dort plötzlich in einem grünen Garten erblickt, unter dem Schatten von Bäumen und von fruchttragenden Feldern umgeben. Die Pflanzungen werden auf Anordnung des Gouverneurs unterhalten, zu dessen Amtswohnung das dort angelegte Landhaus gehört, obwohl er den gröfsten Theil des Jahres in der unteren Colonie wohnt. Kürbisse, Bananen, Bataten werden dort auf zersetztem Kalkboden gebaut, während am Strande und hie und da Ricinuspflanzen vorkommen. Auch eine hohe Aloe findet sich vor. An einigen Punkten sind Oeffnungen in den Felsen angebracht, um einen freien Durchblick zu haben; die weiteste Aussicht aber geniefst man von der höchsten Kuppe (der dritten), zu der eine Strafse theilweise hinaufgetunnelt ist. Es ist ein höchst eigenthümlicher Anblick, der sich von dem dort angebrachten Sitze aus darbietet und der kaum seinesgleichen haben dürfte. Ueber die wilddurchbrochene Insel hinweg, deren Felsen in den mannichfachsten Schattirungen zwischen Schwarz, Roth und Braun spielen und gegen die sandumzogene Ausbuchtung abstechen, schweift der Blick überall hinaus in den atlantischen Ocean, über den man sich, wie auf einer schmalen Säule, einige Tausende von Fussen erhaben sieht, und der ringsum mit der Luft in Eins zusammenzuschwimmen scheint. Die sonderbarsten Gestaltungen der vulkanischen Thätigkeit erheben sich auf den verschiedensten Punkten und am meisten wird der Kraterring, the Devils Riding School genannt, besucht. Indefs wird darüber gestritten, ob derselbe selbst ein thätiger Vulcan gewesen oder nur durch den Ausbruch eines naheliegenden ringförmig gehoben sei. In den Grotten der felsig zerrissenen Küste entfaltet sich das prächtigste Thierleben unter den in allen Farben schillernden Zoophyten und der sandige Strand wird Nachts zum Eierlegen von den Seeschildkröten besucht, die dort in grofsen Massen gefangen und theilweis in einem Bassin aufbewahrt werden. Schildkrötensuppe ist ein tägliches Gericht auf der Insel, aber ein sehr geschmackloses, wenn sie nicht durch die entsprechenden Zuthaten zur mock-turtle-soup gemacht wird. Die Steine zeigen vielfache Kalk-Incrustationen und sind aufserdem mit den weifsen Excrementen der Seevögel bedeckt, die in unglaublicher Menge an dem einen Ende der Insel hausen. Es ist die Wide-awake - fair, die sich eines Besuches wohl lohnt. Schon beim Näherkommen wird man so dicht

von den gestörten Vögeln mit wildem Geschrei umkreis't, dass es eines Stockes bedarf, sich ihrer zu erwehren und die Augen vor ihren Schnäbeln zu schützen. In langen Reihen sitzen die Weibchen auf ihren Eiern von den Männchen bewacht, und wenn man sie beim Vorübergehen mit dem Fulse fortstöfst, so laufen sie kreischend ein paar Schritte seitwärts, kehren aber sogleich zurück. Die Frauen nehmen, um die Eier zu sammeln, kleine Hunde mit, welche die Vögel forttreiben. Zu Linschoten's Zeit waren dieselben so zahm, dass sie sich selbst auf die Köpfe der Matrosen setzten. Ausserdem trifft man auch Ratten und verwilderte Katzen, die von den Schiffen dorthin gebracht wurden, dort an. Auch einige Esel und selbst Kühe finden schon allmählig ihr Futter auf der Insel.

Ascension, dieser nackte Stein im offenen Meere, den nutzbar zu machen nur ein Volk, wie die Engländer, auf den Gedanken kommen konnte, dient jetzt als Depot für Kohlen und andere Schiffsmaterialien, mit denen sich die Flotte versorgen kann. Es figurirt in den Büchern der Admiralität als das Proviantschiff Tortoise, das, ein altes Wrack, im Hafen liegt. Die Offiziere und Mariner desselben wohnen meistens am Lande, wo sich die Stadt Georges-Town gebildet hat, bestehend aus der Wohnung des Gouverneurs, dem Messhause der Offiziere, einem Hospital und mehreren kleineren Hütten, die von Handwerkern eingenommen werden. Grofse Cisternen sind erbaut, um jeden Wassertropfen auf der Insel zu sammeln, seit man am Fußse des grünen Berges eine Quelle entdeckt hat, während früher alles Wasser von St. Helena gebracht werden musste. Daneben findet sich ein grofser Apparat zum Destilliren von Seewasser, im Falle etwaigen Mangels. Die Offiziere stellten uns, mit gewohnter Zuvorkommenheit, die Spiel- und Lesezimmer für die Zeit unseres Aufenthaltes zur Verfügung, und fand ich in der Bibliothek des letzteren manches treffliche geographische Werk, das dorthin geschenkt war. Im übrigen ist das Leben natürlich ein höchst einförmiges. Spaziergänge von nicht allzulanger Ausdehnung sind nur längs des sandigen Strandes möglich, oder auf der zum grünen Berge führenden Kunststrafse, die sich in abschreckender Monotonie über die schwarzen Lavamassen hinzieht. Das Meer umbrandet wild diese trostlos einsame Felsen-Insel. Zu Zeiten erhebt sich eine so heftige Schwellung, dafs jede Landung mit der höchsten Gefahr verbunden sein würde, worauf dann am Flagbaume der Station ein Roller-signal" aufgezogen wird. Schon bei gewöhnlichem Wetter ist es nicht ohne Schwierigkeit, aus dem Boote die schwankende Treppe hinaufzusteigen, die von dem Landungsplatze herabhängt. Ein ähnlich periodisches Rollen macht sich an der amerikanischen Westküste bemerklich, wo der Einfluss der Ebbe und Fluth sehr schwach ist, sowie Zeitschr.f.allg. Erdk. Neue Folge. Bd. X.

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