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wenigstens gleichkam. Er ist in keinem Buche der Universität eingeschrieben und auch auf dem Staatsarchiv ist es mir nicht gelungen, etwas über ihn zu finden. Doch ist unzweifelhaft, daß er einige Jahre hier in der Medicin als besoldeter Lehrer öffentlichen Unterricht ertheilt hat. Als Feind aller Schulgelehrsamkeit hatte er ohne Zweifel verschmäht sich der Formalität der Immatriculation zu unterziehen und bei der bereits eingerissenen Desorganisation und Spannung zwischen Universität und Rath mochte Niemand daran denken, ihn dazu anzuhalten.

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IX.

Allgemeiner Entwicklungsgang der Universität. Bahl und Herkunft der Studierenden. Schließung der Anstalt bei der Reformation.

achdem wir die Einrichtung der Universität und die Entwicklung der vier Facultäten betrachtet haben, müssen wir nun zum Schlusse noch ihre allgemeinen Schicksale, namentlich die zuund abnehmende Frequenz, die Verhältnisse der Studierenden und die endliche Auflösung ins Auge fassen.

Die Gründer der Universität hatten mit richtigem Blicke erkannt, daß vermöge seiner Lage Basel vorzugsweise berufen sei zur Vermittlung der Gegensätze der verschiedenen Nationen, deren Gränzen in seiner Nähe zusammenstießen. Diese großartige Anschauung leitet unverkennbar die Verfügungen und Beschlüsse der ersten Zeit. Daß dabei die deutsche, freie Stadt, wenn auch an einer Ecke des Reiches gelegen, zuerst auf Deutschland gewiesen war, versteht sich von selbst. Unter den Städten der Wissenschaft in Deutschland, von denen sie ihre Kräfte zog, steht aber die damals ihrer höchsten Blüthe sich erfreuende Universität Erfurt in erster Linie. Nicht nur wurden die Statuten dieser Anstalt für Basel vielfach maßgebend, auch die ausgezeichnetsten Lehrer der theologischen und der Artistenfacultät, auch viele der juridischen waren in Erfurt gebildet, so daß Basel fast wie eine Erfurtsche Colonie dasteht. Nächst Erfurt war es be

sonders Heidelberg, das nach Basel zahlreiche Jünger sandte. Aber höher als Deutschland stand damals noch, wie in den schönen Wissenschaften, so besonders im römischen Rechte Italien, und dorther zog man daher eine Anzahl von Lehrern der Jurisprudenz, welche die sonst über die Alpen wandernde vornehme Jugend hier am Rheine festhalten sollten und einige Jahre durch das Leben und Treiben italienischer Schulen in der That hieher pflanzten. Aus Paris endlich wurde die realistische Lehre der Scholastik hieher gebracht und mit freiem Urtheile von Seite der vorstehenden Behörden, troß dem Widerspruche der einseitig in ihrer Richtung befangenen Lehrer zugelassen.

Diese große Aufgabe wurde aber nicht lange im Auge behalten. Die Nachfolger der Gründer scheinen sie nicht begriffen oder für unausführbar gehalten zu haben, und sie mochte in der That die Kräfte der einzelnen, durch mannichfaltige Bedrängnisse in Anspruch genommenen Stadt übersteigen. Auch stand ihrer Erreichung das überwiegende Element der deutschen Lehrer entgegen. Man zog sich in engere Gränzen zurück, die italienischen Lehrer verschwinden, die hohe Schule wird fast ausschließlich eine deutsche. Innerhalb dieser engern Gränzen aber ließ man den verschiedenen Richtungen freien Spielraum und die Scholastik hat ungehemmt ihren Kampf bis zur vollkommenen Erschöpfung der Parteien durchgekämpft. Nirgend ist eine Spur von Bevormundung durch die Obrigkeit, nirgend ein Aufdringen dieser oder jener Richtung sichtbar; wo eingegriffen wird, ist es im Sinne der Freiheit, zur Beschüßung der schwächern Partei gegen die Unterdrückung von Seite der stärkeren in der Anstalt selbst. Der eben erst nach Deutschland verpflanzte junge Humanismus wird wohlwollend gepflegt und im zweiten und dritten Jahrzehnd, ja noch im vierten bis gegen Ende des Jahrhunderts ist Basel eine der ersten Bildungsstätten Deutschlands, ein Mittelpunkt jenes noch im Mittelalter befangenen und unbewußt doch schon eine neue Zeit vorberei tenden Geisteslebens.

Und daß es in ganz Deutschland so betrachtet wurde, beweist ein Blick auf die Schüler, die Basel besuchten und die Ge

genden, aus denen sie kamen. Es ist zwar nie eine der Universitäten gewesen, die durch die Masse der Studenten sich auszeichnete, doch ist die Frequenz im fünfzehnten Jahrhundert keine unbedeutende gewesen, der anderer namhafter und in mancher Beziehung begünstig= terer Universitäten wenigstens gleich. Aber dadurch ragt es hervor, daß längere Zeit hindurch es aus einem sehr großen Theile Deutschlands und der ganzen Schweiz besucht wird. Es liegt in der Natur der Dinge, daß besonders viele Schüler aus der Schweiz und den oberrheinischen Landen, aus Elsaß und Schwaben kamen, aber das Gebiet, aus dem es nicht nur ausnahmsweise Schüler zog, hatte eine weitere Ausdehnung. Es erstreckte sich nach Osten weit nach Baiern hinein, nach Norden über die Mainlande hinaus nach Thüringen und Sachsen selbst Brandenburg, im Rheingebiete bis Aachen und an die holländische Gränze, und westlich nach Lothringen und Burgund. So sind zum Beispiel im Wintersemester 1461 auf 1462 zehn Studierende aus München immatriculiert, im Wintersemester 1462 auf 1463 sechs aus Aachen und im Sommersemester 1472 eilf eben daher. Besonders viele Schüler schicken die Orte, wo geistliche Stifte waren. Daß einzelne Schüler aus weitern Ländern kommen, fällt weniger in Betracht, doch ist auch das nicht immer zufällig, wie zum Beispiel das eine Zeitlang wiederholt vorkommende Erscheinen von Parisern offenbar mit der Einführung des Realismus zusammenhängt.

Wie stark die Zahl der zugleich anwesenden Studenten war, läßt sich nie sagen, oder mit einiger Sicherheit berechnen, weil wir nur die Inscriptionen kennen und nicht wissen, wie lange die Studenten blieben, aber im Ganzen müssen wir bei dem damaligen Studiengang einen viel längern Aufenthalt annehmen, als jeßt. Leider ist nicht angegeben, welchen Facultäten die Eingeschriebenen angehören und Facultätsmatrikeln der Studierenden fehlen ganz. Die Frequenz schwankt nun oft sehr auffallend, was nur zum Theil durch den Ruf der Lehrer bedingt ist, öfter durch äußere Umstände, Krieg und ganz be= sonders die sich so oft wiederholende Pest. Um die Blüthe der Anstalt zu beurtheilen, muß man daher etwas größere Perioden zusammenfassen.

In den ersten zehn Jahren') der Anstalt 1460 bis 1469 find 1199 Namen eingeschrieben. Am stärksten sind die Immatriculationen im zweiten Jahre 1461, wo sie sich auf 229 belaufen. Mit dem Jahre 1466 tritt eine sehr merkliche Abnahme ein. 1467 beträgt die Zahl, die schwächste im Decennium nur 41. Es scheint das mit dem Abgang der Italiener zusammen zu hängen; wenn ich nicht irre, herrschten aber zu jener Zeit auch Krankheiten.

Mit 1470 übersteigt die Zahl wieder stark und von 1470 bis 1479 find 1201 eingeschrieben. Die größte Zahl giebt das Jahr 1471, nämlich 187, die kleinste 1479, nämlich 80. Es war das Decennium, wo der Kampf des Realismus und Nominalismus in seiner Blüthe stand, der Besuch der stärkste, den die Universität je hatte.

Von 1480 bis 1489 find 690 eingeschrieben, am meisten, jedesmal 83, in den Jahren 1485 und 1486, am wenigsten 1480, nämlich 58.

Im nächsten Decennium steigt die Zahl wieder um ein Kleines, indem sie sich von 1490 bis 1499 auf 700 beläuft am stärksten ist sie 1495, in dem Jahre der Anstellung von Ulrich Krafft, nämlich 134, aber schon im vorhergehenden 103. Die schwächste Zahl, nur 35 zeigt das Jahr des Schwabenkrieges 1499.

Nehmen wir noch die 38 im Jahre 1500 eingeschriebenen dazu, so haben wir in den 41 Jahren des fünfzehnten Jahrhunderts im Ganzen 3828.

Ueber die Immatriculierten, unter denen eine Menge namhafter Personen sind, mögen nur einige wenige Bemerkungen gestattet sein. In besonders großer Anzahl finden sich unter ihnen hohe Geistliche, Pröbste, Decane, Domherren von kleinern und größern Stiften,

1) Dabei ist das Wintersemester vom 18. Oktober bis folgenden 1. Mai jeweilen zu dem Jahre gerechnet in das sein Anfang fällt, obwohl die Inscriptionen nicht wie jetzt in den ersten Wochen des Semesters geschlossen wurden.

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