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kapitel, zwei andere Chorherrenstifte und zahlreiche Klöster beider Geschlechter, Augustiner, Cisterzienser, Franciscaner und Dominicaner, zulezt, um die weiblichen nicht zu nennen, die schweigsamen Karthäuser jenseits des Rheins im Constanzer Bisthum; denn diesem gehörte die kleine Stadt an; der Fluß bildete die Gränze. Auch die geistlichen Nitterorden hatten die Stadt nicht verschmäht, sondern Johanniter und Deutschordensherrn an den schönsten Punkten, am Ufer des Rheins, ihren Wohnsitz aufgeschlagen.

Aber Bischof und Pfaffen hatten die kriegerische Tüchtigkeit und die freie Entwicklung der Stadt nicht aufgehalten, sondern vielmehr gefördert. Ein waffenkundiger Adel tummelte sich in derselben in Ernst und Scherz. Gern und oft veranstalteten benachbarte Fürsten hier Turniere. Und wie fast überall gerade in den bischöflichen Städten, hatte sich auch in Basel früh die Bürgerschaft durch Thätigfeit und Unabhängigkeitssinn hervorgethan. Ein lebhafter Handel nach Norden und Süden und blühende Gewerbe verbreiteten Wohlstand, und gaben dem Bürger das Bewußtsein seiner Bedeutung. Zahlreiche Fehden, in denen er unter den Bannern der nach und nach entstandenen Zünfte, aber geführt von den noch fast ausschließlich aus den Rittergeschlechtern genommenen Bürgermeistern auszog, gaben ihm Waffentüchtigkeit und Zuversicht im Kampfe, die natürlich ihre Rückwirkung auf die staatlichen Verhältnisse haben mußten. Es ist nicht unsere Aufgabe, hier nachzuweisen, wie die Stadt, seit Ertheilung der Handfeste durch den Bischof um 1260, ein Recht nach dem andern an sich zog und allmälig ein kleines Gebiet erwarb. Genug, sie nahm um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts als "freie Stadt" fast die Stellung eines unabhängigen Gemeinwesens ein. An der Spite standen der Bürgermeister, aus den Rittergeschlechtern gewählt, und der Oberstzunftmeister, aus den sogenannten Achtbürgern, dem städtischen Patriziate, mit dem Rathe, der zum kleinern Theile aus Rittern (4) und Achtbürgern (8), zum größern aus den Zünften (30) bestellt war. Er zählte, Bürgermeister und Oberstzunftmeister mitgerechnet, vier und vierzig Mitglieder. Nicht

immer, aber doch sehr häufig wurde mit dem neuen auch der vorjährige, sogenannte "alte" Rath versammelt, so daß die beiden Räthe" schon eine sehr zahlreiche für Erledigung der Geschäfte nicht eben geeignete Behörde bildeten. Daher fängt etwa seit der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts ein kleinerer Ausschuß, die „Dreizehner", an die laufenden Geschäfte zu leiten. Den großen Rath, der verhältnißmäßig selten berufen wurde, bildeten die sogenannten „Sechser“, das heißt die Versammlung von je sechs Vertretern der fünfzehn Zünfte. Alte und neue Sechser zusammen zählten also hundert und achtzig Mitglieder. Der Bischof führte troy alledem immer den Titel: unser Herr von Basel, dominus noster Basiliensis, bezog noch bis kurz vor der Reformation jährlich einen Zinspfennig von jedem Hause oder jeder Haushaltung und wurde nach seiner Erwählung feierlich empfangen und ihm eine Art von Huldigung dargebracht.

Aber nicht allein das bürgerliche Leben entwickelte sich in reicher Fülle, auch an geistiger Regsamkeit scheint Basel wenigen Städten diesseits der Alpen nachgestanden zu haben, natürlich im Geiste jener Zeit zumeist im Anschlusse an die Kirche oder auch im Gegensatz zu derselben. Wie einst einer der großen Meister der Scholastik Albertus Magnus den Chor der Predigerkirche eingeweiht hatte, so scheint die Tradition seines speculativen Geistes in dem Kloster der Prediger nie ganz ausgegangen zu sein.') Der Gegensatz zu den mit ihrer mächtigen, himmelanstrebenden Kirche in besonderer Gunst bei Hohen und Niedern stehenden Franciscanern führte zu Wetteifer und manchen tief in die Geschichte der Stadt eingreifenden Streitigkeiten, und unter beiden Conventen begegnen uns wiederholt nicht nur Männer, die sich durch Glaubenseifer und Kezerverfolgung waren ja ursprünglich die Orden dafür gestiftet auszeichneten, sondern auch solche, die als tüchtige Prediger Ruhm gewannen und

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1) Vgl. Fechter, Topographie von Basel, in Basel im vierzehnten Jahrhundert S. 126.

großen Zulauf hatten. War doch Otto von Passau im vierzehnten Jahrhundert Lesemeister der Franciscaner, Dr. Johannes Nider zwischen 1430 und 1440 Prior der Dominicaner,2) und im Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts wird der Dominicaner Johannes Mülberg als gewaltiger und fast reformatorischer Kanzelredner geschildert, der mit Ernst und Eifer nicht nur in Predigten, sondern auch in Disputationen Gebrechen und Laster der Zeit angriff und gegen das Unwesen der Beginen und ihrer geistlichen und weltlichen Freunde mit Erfolg auftrat.3) Während aber dieses Treiben der Orden und die Thätigkeit ihrer Prediger, wenn auch oft zur Mystik hinneigend und gegen die Entartung der Kirche ankämpfend, doch formell innerhalb ihrer Schranken blieb, begegnen wir andrerseits einem durchaus außerhalb der Kirche stehenden praktischen Mysticis mus, der geheimnißvoll weithin verzweigt seinen Mittelpunkt in dem Basler Kaufmanne Nicolaus zum goldenen Ringe, gewöhnlich Nicolaus von Basel genannt, hatte.4) Er mußte seine Kezereien in hohem Alter (1383) zu Lyon auf dem Scheiterhaufen büßen, aber der Geist und die Lehre der Gottesfreunde wirkte ohne Zweifel auch nach seinem Tode fort, wie sich überhaupt eine Neigung zu theologisch-biblischen Forschungen unter Laien schon vor der Reformation in Basel gezeigt hat.5)

Wenn so die kirchlich-theologische Gelehrsamkeit eine rege Thätigkeit entfaltete, so beweisen die Namen der Basler Dichter Konrad von Würzburg und Walther von Klingen, daß auch die Ritterpoesie hier ihre Pflege gefunden hatte. Und daß auch in andern Zweigen des Wissens Basel nicht zurückgeblieben war, ließe sich leicht

2) Wackernagel, Gesch. d. deutschen Litteratur S. 338. 340. 3) Ochs, Geschichte der Stadt und Landschaft Basel III. S. 28. 29. 4) Karl Schmid, Nicolaus von Basel und die Gottesfreunde, in Basel im vierzehnten Jahrhundert, S. 253 ff.

5) Ob der vom Concilium als Kezer verurtheilte Nicolaus von Buldestorf, auch ein Laie, mit den Gottesfreunden irgend im Zusammenhang stand ist mir unbekannt. Vgl. Ochs III. S. 487. Wurstisen I. S. 430 Ausg. v. 1765.

nachweisen. Wir erinnern nur noch an den Doctor des geistlichen Rechtes Heinrich von Beinheim, dessen Gelehrsamkeit bei den Vätern des Conciliums Anerkennung fand. Seine Chronik ist eine Hauptquelle unserer Geschichte.

Einen ganz besonderen Glanz und über die ganze Christenheit verbreiteten Ruf brachte nun der Stadt das große Concilium, das sie von 1431-1448, siebzehn Jahre lang in ihren Mauern versammelt sah. Hatte zunächst ihre Lage nahe den Gränzen der ger= manischen, gallischen und italischen Nationen ihre Wahl veranlaßt, so waren doch offenbar auch ihre sonstigen Vorzüge nicht wenig mit in's Gewicht gefallen. Der lebhafte Handelsverkehr und die fruchtbare Umgebung ließen die Herbeischaffung der nöthigen Bedürfnisse leicht erscheinen. Die erprobte Zuverlässigkeit und Mannhaftigkeit ihrer Bewohner gaben Bürgschaft für die Sicherheit der heiligen Versammlung, die sich vollständig zur Ehre der Stadt bewährte. Auch die im Ganzen gleichförmige und schöne Bauart") und bequeme Einrichtung der Häuser, wodurch Basel sich vor andern deutschen Städten auszeichnete, boten einen behaglichen Aufenthalt dar. Aeneas Sylvius fand die Häuser der Bürger ungemein wohl eingetheilt und so zierlich und sauber gehalten, daß es in Florenz nicht besser sein könnte. Er rühmt besonders, daß sie zum großen Theil Gärten, Höfe und Brunnen hätten, ein Vorzug, dessen bekanntlich bei allen Veränderungen Basel noch jetzt sich bis zu einem gewissen Grade erfreut. Selbst die Straßen findet der vielgereiste Italiener zwar nicht breit, aber auch nicht eng; die Stadt war eben nach dem großen Erdbeben von 1356 als eine ganz andere, neue, aus den Trümmern hervorgegangen. An Größe vergleicht sie Aeneas Sylvius mit Ferrara, doch sei sie von Ansehen schöner und vorzüglicher.)

6) Viri boni esse quam videri malunt. Aeneas Sylv. Basil. descr. 7) Facies urbis quasi uno contextu edita, nova undique nec domus ulla vetustatem indicat. Derselbe.

8) At siquis Italus magnitudinem civitatis huius exquirat hanc Fer

Diese Stadt war nun plößlich in den Vordergrund der Geschichte gestellt. Welches Leben brachten die Hunderte fremder Gäste aus allen Ländern, die Cardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe, die Aebte und Doctoren mit ihrem zahlreichen Gefolge, dazu die zu= und abgehenden Fürsten und Herrn, unter ihnen der Kaiser selber. Welch ungewohnter Anblick, als auf dem Rheine die Gesandten der böhmischen Dissidenten erschienen, als sie in ihren Herbergen ihren eigenthümlichen Gottesdienst hielten und wochenlang mit den gelehrten. Vätern der Synode disputierten. Dann die Abgeordneten der orien= talischen Kirche, die Absetzung eines Pabstes, die Wahl eines neuen und seine Einholung und Krönung. Die Vornehmen, Adel und Geistlichkeit, mochten sich des glänzenden Getreibes erfreuen, die Handelund Gewerbetreibenden fanden reichen Verdienst, an Alle aber kamen eine Masse neuer Eindrücke und erweiterten den Gesichtskreis; der unabhängige Geist gegenüber dem römischen Stuhle konnte nicht spurlos vorüber gehen, die Gelehrsamkeit vieler Mitglieder der Versammlung, die reichen Bücherschäße, die manche mit sich führten und zum Theil den Bibliotheken der Klöster hinterließen, die bei den Italienern sich schon lebhaft geltend machende Vertrautheit mit dem classischen Alterthum, das Alles wirkte in unberechenbarer Weise zusammen, und nun dazwischen noch die Schrecken des Zürcherkrieges, der Anzug des Dauphins mit den Armagnaken und die blutige Schlacht bei St. Jakob, die Basel vor dem größten Unglück bewahrte, vor dem Schicksal, in die Hände des Königs von Frankreich zu fallen und eine französische Provinzialstadt zu werden. War nun zwar allerdings in den letzten Jahren die von Pabst Eugenius IV. verdammte Versammlung von vielen Mitgliedern, besonders des hohen Clerus, verlassen und sehr heruntergebracht worden, so läßt sich doch leicht begreifen, daß der Rath höchst bestürzt wurde, als gegen Ende

rariae similem opinetur Pado adiacenti, politiorem tamen praestantioremque si faciem civitatis attendat. Derselbe.

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