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Außer der Erlaubniß der Promotionen stand dem Kanzler ein allgemeines Aufsichtsrecht über die Universität zu, das aber schwer im Einzelnen zu bestimmen ist. Nach Sage der Bullen hatte er eine Mitwirkung bei der Besetzung der der Universität incorporierten Pfründen. Wir haben gesehen, wie er davon im Jahre 1461 im Widerspruch mit Rector und Rath gegen Johannes von Wesel Gebrauch machte, ohne daß aber jene seine Berechtigung anerkannten. Später übte er noch das formelle Repräsentationsrecht aus,68) aber die Ernennung hatte der Rath in Händen.

Ferner betheiligte er sich ähnlich wie der Nath bei Statutenänderungen, wenigstens in der früheren Zeit. So hat er namentlich bei den Verordnungen über das Rectorat 1462 und bei den neuen Statuten von 1465 mitgewirkt, wie wir unten sehen werden. Später als die Spannung zwischen der Stadt und ihm einen hohen Grad erreicht hatte, scheint der Rath sich wenig mehr um ihn bekümmert zu haben. In einem Statutenentwurf der ersten Jahre ist auch ihm oder dem Vicekanzler die Leitung der Rectoratswahl übertragen. Wenn er sie wirklich je hatte, was aber sehr zweifelhaft ist, so be-= hielt er sie jedesfalls nicht lang.

Endlich war er für gewisse Fälle bei Meinungsverschiedenheit der Deputaten des Raths und der Universität zum Obmann bestimmt, auch finden wir, und das gerade in späterer Zeit, daß wiederholt in Rechtssachen von Sprüchen der Universität an ihn appelliert wird, wobei aber nicht klar ist, ob das ihm als Kanzler zustand, oder vielmehr ein Eingriff in die Privilegien der Universität war. Mehreremal wurde er auch zum Schiedsrichter berufen.

Gerhard In Curia von Bercka zum Licentiaten des canonischen Rechts promoviert. Wann er die insignia doctoralia annahm, ist nicht gesagt, doch wird er später als Doctor bezeichnet.

68) Der Bischof Christoph von Utenheim präsentierte zum Beispiel 1507 den Johannes Gebwiler. Vergl. oben S. 55.

Da übrigens schon damals der Bischof gewöhnlich nicht in Basel, sondern auf seinem Schloß zu Pruntrut residierte, übte er nur in den selteneren Fällen sein Kanzleramt persönlich aus; meistens ließ er sich durch den Vicekanzler vertreten, der sein Amt, so viel sich ersehen läßt, auf Lebenszeit bekleidete, in der Regel einer der Doctoren der juristischen Facultät. Der erste war Peter von Andlo, auf ihn scheint Dr. Bernhard Diglin gefolgt zu sein, den ich zuerst 1481 während seines Nectorats als solchen bezeichnet finde, nach seinem Tode 1506 wurde es Doctor Arnold zem Lufft, diese drei alle Juristen. Als Arnold zem Lufft 1517 starb, kam das Amt an den Theologen Doctor Ludwig Bär, welcher der letzte Vicekanzler war.69)

69) Eine kurze Nachricht im Deffnungsbuch 1478-1490 fol. 74 b. von 1483 scheint darauf zu deuten, daß der Nath, der mit Caspar ze Rhin, dem Nachfolger des 1478 gestorbenen Bischofs Johann von Veningen, vielfältige Streitigkeiten hatte, mit dem Gedanken umgieng, der Universität einen andern Kanzler als den Bischof geben zu lassen. Es heißt dort nämlich: „Von eines Kanzlers wegen der Universität an unsern Herrn von Basel statt.“ Die Nachricht steht aber zu vereinzelt um etwas Sicheres daraus schließen zu können.

IV.

Die Drganisation und die Statuten der Universität im Allgemeinen. Die vier Facultäten. Der Rector. Der Universitätsrath und das Confiftorium. Die Regenz. Die Universitätsbeamten. Der Universitätsfiscus und seine Verwaltung. Die Immatriculation und die Bursen.

In dem päbstlichen Stiftungsbriefe, worin der Universität ausdrücklich und zwar auf den Wunsch des Rathes die Privilegien des Studiums von Bologna verlichen und ihr gestattet, sich nach dessen Muster Sagungen und Ordnungen zu geben, und diese Bestimmungen wurden auch bei den Verhandlungen über die Organisation öfter als maßgebend geltend gemacht. Der Rath suchte sich daher die Privilegien jener Universität zu verschaffen, scheint aber nichts Anders erhalten zu haben, als den angeblichen Freiheitsbrief des Kaisers Theodosius II. vom Jahr 423, der noch bei den Acten im Staatsarchiv liegt. Mit diesem war nicht viel anzufangen. Nützlicher waren die wahrscheinlich gleichzeitig angeschafften Statuten von Pavia und der damals in ihrer Blüthe stehenden Universität Erfurt. Sie deuten gewissermaßen den Entwicklungsgang an, den die Universität in den ersten Jahren durchmachte. Es ist ein Kampf der italienischen und deutschen Einrichtungen. Die erstern, innerhalb des geschlossenen Kreises der Corporation mehr demokratisch, die Gewalt in die Hände der Schüler legend, suchten sich anfangs wiederholt und nicht ohne Erfolg geltend zu machen, die andern,

mehr aristokratisch, die Lehrer vor den Schülern bevorzugend, gewannen allmälig mehr und mehr die Oberhand.

Aus der Zeit der Gründung besitzen wir keine endgültig abgefaßten Statuten mehr, wohl aber eine Anzahl mehr oder weniger vollständiger, zum Theil sehr von einander abweichenden Entwürfe, in denen oft Abschnitte wörtlich aus den Statuten von Pavia oder von Erfurt entlehnt sind. Was davon in Kraft erwachsen, ist nicht nachzuweisen. Daß gleich im ersten Halbjahr unter dem Nector Georg von Andlo gewisse Statuten gegeben wurden, ist zwar sicher, da in späteren Ordnungen ausdrücklich davon gesprochen wird, aber zu einer Alles umfassenden, dauernden Verfassung kam es nicht sogleich. Die verschiedenen Grundsäge bekämpften sich mit wechselndem Erfolg sowohl in der Gesammtorganisation als in den einzelnen Facultäten, und besonders war die Wahl des Rectors cin Gegenstand des Streites und verschiedener schnell wechselnder Bestimmungen. Die erste Verordnung, welche wir darüber kennen, erließen der Kanzler und der Nath im Jahre 1462. Darauf trat im Frühling 1465 unter dem Nector Arnold Truchseß von Wolhusen mit Bewilligung des Kanzlers und des Nathes eine Commission der Universität von sogenannten Statutarii zusammen, um vollständige Statuten zu machen. Sie bestand aus zwei Mitgliedern der juridischen Facultät, dem Grafen Johannes Augustini von Vicomercato und Peter von Andlo, zweien der medicinischen, Dr. Wernher Wölflin und Dr. Heinrich de Saccis, und vieren der Artistenfacultät, nämlich Mgr. Joh. Heynlin de Lapide, Mgr. Blasius Meder, Mgr. Jacobus Philippi, die alle drei auch Baccalaureen der Theologie waren, und Mgr. Rudolf Ment; vermuthlich waren zwei der lettern Nealisten, zwei Nominalisten, obgleich ich mit Sicherheit nur Johannes Heynlin als Realist, Meder und Ment als Nominalisten nachweisen kann. Auffallend ist, daß die theologische Facultät gar nicht vertreten ist; denn wenn auch Joh. Heynlin, Blasius Meder und Jacobus Philippi Baccalaureen der Theologie waren, so fehlte ihnen doch der höhere Grad der Licenz, mit dem man erst in die Gemeinschaft der Facultät

aufgenommen wurde; sie waren in der Commission als Statutarii der Artistenfacultät. Die von dieser Commission verfaßten Statuten sind nicht in einer officiellen Reinschrift, sondern nur in einem vielfach corrigierten Exemplar von des Stadtschreibers K. Künlins Hand vorhanden, offenbar einem bloßen Concepte, aus dem sich nicht einmal mit Sicherheit schließen ließe, daß sie Gültigkeit erlangten. Doch geht dieß unzweifelhaft daraus hervor, daß in einem Actenstücke von 1466 ausdrücklich die Statuten des vorhergehenden Jahres erwähnt werden.') Indessen blieb es auch bei diesen Statuten nicht sehr lange. Es wurde der Natur der Sache nach bald da, bald dort etwas verändert, abgeschafft, neu beschlossen, und nach zwölf Jahren fand man es angemessen, eine Gesammtrevision vorzunehmen, das Gültige zusammenzustellen, Veraltetes zu entfernen und zweckmäßige Aenderungen vorzunehmen und die auf diese Art neu redigierten Statuten in einem officiellen, auf Pergament geschriebenen Exemplar bei dem jeweiligen Rector verwahren zu lassen. Dieses Exemplar ist erhalten, hat aber merkwürdiger Weise weder ein Datum noch eine indirecte Zeitbezeichnung irgend einer Art. Während in dem Concepte von 1465 der Rector und die Statutarii genannt sind, fehlt hier jeder Name und ist nur gesagt, daß die Statuten nach reiflicher Ueberlegung durch die Decane aller Facultäten und die Statutarii von der in gesetzmäßiger Weise versammelten Universität angenommen worden seien. Auch des Kanzlers und Rathes ist keine Erwähnung gethan. Die Zeit in der sie gemacht wurden erfahren wir nur aus der 1599 unter dem Rector Caspar Bauhin angelegten Sammlung des Archivum Academicum.2) Der Eingang ist zum größten Theil den Statuten von Erfurt nachgebildet,

1) Es ist das eine weiter unten genauer anzuführende notarialische Schrift, die sich auf die streitige Rectorwahl vom Jahre 1466 bezieht, im Staatsarchiv X.

2) Außer dem Originalexemplar auf Pergament finden sich diese Statuten in dem Archivum Academicum vol. I. fol. 37-53 und in einer besondern, ziemlich fehlerhaften Abschrift, wenn ich nicht irre vom Bibliothekar Prof. Joh. Zwinger.

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