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reich 11) und in der Mark Brandenburg 12) und cives, Das Wort civis kommt nämlich in den mittelalterlichen Rechtsquellen in einer sehr verschiedenen Bedeutung vor (§. 36). Namentlich wird auch jeder Bewohner einer civitas, einer Burg oder eines Municipiums abwechselnd civis, municeps und Burgmann oder burgensis genannt, sowohl in den alten Glossen 13) als in den städtischen Urkunden und in den alten Stadtrechten z. B. in Regensburg schon seit dem 9. Jahrhundert 14), in Worms und Würzburg seit dem 11. Jahrhundert 15) und seit dem 12. Jahrhundert in Freiburg 16), Augsburg 17), Münster 18), Zürich 19) u. a. m. Unrichtig ist es jedoch, wenn Arnold 20) und nach ihm auch Wittmann 21) das Wort civis und civitas mit einer städtischen Schußgenossenschaft in Verbindung bringt und daher die civitas für eine Gesammtheit aller Schußgenossen hält, wovon auch in den von Arnold angeführten Urkunden nichts steht. Die Bewohner eines Wiks wurden Wik männer genannt 22) und die Bewohner eines Castells castellani 23). Darum nannte man castellare in einer Burg wohnen 24). Nur allein castrenses hat man, meines Wissens, niemals alle Bewohner eines Castrums genannt.

11) Pertz, XI, 742 u. 831.

12) Dipl. von 1281 bei Gerden, vet. march. I, 17 u. 18.

13) Gloss. Rabani Mauri bei Eckhart, II, 967 u. 969. cives, purcliut. Municeps, civis. Glossen aus 8. und 9. sec. im Anzeiger, III, 83. cives loci, liuti dero steti, civibus, purusc liutim.

14) Anamodi lib. I trad St. Emeran, c. 27 bei Pez, thes. I, 3, p. 220. coram civibus urbis. Codex Trad. St. Emmeran. c. 63, bei Pez, 1. c. p. 113. urbis civis. Otto Frising; gest. Frid. I, 30. 15) Leges S. Petri von 1024, §. 12 u. 26. dipl. von 1069 in Diplomat. Gesch. der Abtei Vanz, p. 287. de urbanis civibus.

16) Städtr. von 1120 §. 47, 54-56 u. 60.

17) Stadtr. von 1156, 1. c. p. 332.

18) Ex miraculis saec. XII. bei Pertz, II, 425.

19) Dipl. von 1149 bei Neugart, II, 79.

20) Verfass.-Geschichte der Freistädte, I, 240 ff.

21) Quellen zur Bair. Gesch. I, 17.

22) Brem. nieders. Wörterbuch, V, 254.

23) Regino ad 939 bei Pertz, I, 618. Du Cange, h. v. p. 213.

24) Ecbasis, v. 192. quid hic castellat in antris?

Diese Benennung kam vielmehr erst später in Aufnahme, seitdem es in den Burgen Burgministerialen gab.

S. 33.

Es hat demnach ursprünglich in den Städten keinen Unterschied zwischen Bürgern und nicht Bürgern oder zwischen Bürgern und Beisassen gegeben, wie dieses auch in den alten Dörfern der Fall war. Alle Bewohner des ummauerten Ortes (omnes in opido nostro commorantes, wie es in Soest ), omnes civitatis habitatores, wie es in Worms 2), omnes qui in civitate habitant und omnes civitatis inhabitatores, wie es in Speier 3), omnes civitatem nostram inhabitantes cujuscunque fuerint conditionis, wie es in Lübeck heißt) 4), die Freien ebensowohl wie die in Grund und Boden angesessenen Hörigen, waren und hießen vielmehr Burgleute, burgenses oder Burger, urbani, civitatenses oder cives, und zwar aus keinem anderen Grunde, als weil sie in einer Burg, urbs oder civitas angesessen waren. (§. 25). Denn durch jene Benennung sollten nur die in der Burg Wohnenden von den auf dem Lande (in rure) Wohnenden, von den rurales 5), von den ruricolae 6), rurenses, rustici oder von dem ruris populus 1) und ́von den Landleuten unterschieden 8), keineswegs aber eine neue Klasse von Menschen bezeichnet werden. Wer sich daher in der Stadt aufhielt ohne daselbst angesessen zu sein, der war und hieß ein Fremder (extraneus, hospes oder advena). Jeder Fremde aber,

1) Stadtr. von 1120 §. 53 bei Seiberz, p. 55.

2) Dipl. von 1074 bei Boehmer, Frankfurt. Urkb. I, 12. dipl. von 1083 bei Morit, II, 139 u. 140.

3) Urk. von 1111 n. 1182 bei Lehmann, p. 306, 307 u. 466.

4) Freibrief von 1188 in Lüb. Urkb. I, 9.

5) Stadtr. von Dattenried von 1358 bei Schoefflin, II, 220.

6) Urk. von 1223 bei Scheid, orig. Guelf. IV, 99 similiter burgenses et ruricolas.

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7) Constit. sicul. I, 9. si burgensis duas, si rusticus fuerit unam Chron. Casinens c. 26 bei Pertz, V, 228. Stadtr. von Lübeck bei Westphalen, III, 636 μ. 637. civis rurensem si quis de rure

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in rure. Vergl. Du Cange, ed. Henschel, I, 812.

8) Stadtr. von 1293 §. 5, 10 u. 12 bei Schoepflin, II, 55. vergl. noch

Grimm, Wört. 11, 537.

9) Stadtr. von Freiburg von 1120, §. 17-19, 38, 43, 47, 55, 56, 69

welcher in die Stadt zog, sich daselbst ansiedelte, und die bürgerlichen Lasten trug, der hatte auch die Rechte eines Bürgers und wurde als Bürger betrachtet. Sogar entlaufene Hörige und Leibeigene machten hievon keine Ausnahme, wenn sie Jahr und Tag unangefochten in der Stadt angesessen waren 10). Die Angesessenheit oder der Besitz von Grund und Boden war jedoch, um Bürger zu werden oder zu bleiben, durchaus nothwendig "). Denn nur Grundbesizer (possessores) fonnten Markgenossen sein. Gleichgiltig war es jedoch, ob diese freie oder hörige Leute waren. Daher hat es in den meisten alten Städten neben den freien auch hörige Bürger gegeben (§. 23-25).

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Sogar die hörigen Handwerker wurden öfters, z. B. in Straßburg, burgenses und Burgere genannt 12), natürlich aber nur dann, wenn sie wie dies häufig der Fall war - in Grund und Boden angesessen waren. Alle übrigen auf den Fronhöfen arbeitenden Handwerker, so wie die Haus- und Hofdiencr, welche keinen Grundbesitz hatten, vielmehr bei ihrer Herrschaft in ihrem Hause oder Hofe wohnten, gehörten nebst den unverheiratheten Kindern zur Familie ihres Herrn oder Vaters. Sie famen in der Stadtmarkgemeinde gar nicht in Betracht und wurden auch, da sie keine selbständige Wohnung in der Burg hatten, nicht Burgbewoh

u. 70. Stadtr. v. Ulm von 1296, c. 6, 7 u. 10 bei Jäger, Ulm p. 780. Stadtr. von Lechnich von 1279 §. 19 bei Kindlinger, Sammlung merkw. Urk. I, 111. Handfeste von Bern von 1218, §. 15, 18, 25, 33, 36, 37, 72 u. 73. Freiheitsbrief von Neuenburg von 1214 bei Walther, Gesch. des Berner Stadtr. p. XXI u. XXII. Stadtrecht von Dattenried bei Schoepflin, II, 220. Justitia Lubecens. bei Westphalen, III, 624.

10) Handfeste von Bern S. 12-14 u. 25. Quicunque hospes in urbe residet, et omnia jura civitates adimplet, ille debet omne jus burgensis, sicut alter, burgensis, habere. Freiheitsbrief von Neuenburg bei Walther, p. XXI. Si aliquis advena ad villam nostram confugerit et ad ea, que communibus usibus sunt necessaria, juverit, burgenses deinceps eum pro comburgense habebunt Vergl. noch Stadtrecht von Freiburg von 1120 §. 51 u. 52, und Privilegium von Regensburg von 1230 §. 21 u. 22 bei Gaupp, I, 171. 11) Stadtr. von Freiburg S. 23, 67 u. 68. Handfeste von Bern, S. 24. 12) Altes Stadtr. von Straßb. c. 93 bei Grandidier, II, 79.

ner oder Burger, aber, da es neben der Bürgerschaft noch keine Gemeinde gab, auch noch nicht Beisassen genannt.

Erst später hat sich Alles dieses geändert. Erst seitdem nämlich zur Vertheidigung des befestigten Ortes Burgmannen in die Stadt gelegt worden waren, fing man an castrenses und oppidani von einander zu unterscheiden 13), eben so castrenses und cives 14), ministeriales und cives 15), ministeriales und burgenses 16), ministeriales und urbani 17), und in späteren Zeiten Burgmanne und Burger 18), dann Ritter und Bürger. Eben so begann man erst später, seitdem freie und hörige Leute in den Städten zusammenströmten und sich daselbst nicderließen ohne Grundbesig mit Marknußungen zu erwerben, zwischen den alten Einwohnern, welche solchen Grundbesitz hatten und den neuen Ansiedlern zu unterscheiden, und die Ersteren nach wie vor Bürger, die Leßteren aber, da sie keine Markgenossen waren, Beisassen zu nennen. Und so haben sich denn, wie wir sehen werden, im Laufe der Zeit auch in den Städten verschiedene Stände und neben den Bürgerschaften auch noch Gemeinden gebildet.

Einen Unterschied zwischen cives und burgenses, wie manche glauben 19), hat es, wiewohl es zuweilen den Schein hat 20), nicht

13) Stadtrecht von Lechnich von 1279 §. 21, 30, 32 u. 33 bei Kindlinger, Samml. merkw. Urk. p. 112.

14) Du Cange, v. castrenses, p. 218.

15) Altes Stadtr. von Straßburg bei Grandidier, II, 37. Kölner Urk. von 1169 bei Lacomblet, Urkb. I, 304. ecclesie nostre ministerialis. Cives Colonienses. Der Tert dieser Urk. bei Securis, p. 25. ist ungenau.

16) Wormser Urk. von 1156, 1220 u. 1236 bei Moriz, II, 147, 157 u. 171. Urf. von 1223 bei Scheid, orig. Guelf. IV, 99.

17) Augsb. Stadtr. von 1156 in M. B. 29, p. 329. Mainzer Urk. von 1127 bei Guden, I, 67.

18) Urk. von 1306 u. 1410 bei Schilter, glossar. p. 148.

19) Dreyer, Einl. in Lübische Verordn. p. 79, 80 u. 84. hält den Titel burgensis für vornehmer als civis und begreift unter den cives auch die nicht Vollbürger, Riedel, Mark Brandenburg p. 305. meint burgenses begreife bloß Inhaber des Burgerrechts, cives aber auch andere Bewohner der Stadt.

20) Urf. von 1352 bei Gercken, cod. dipl. Brandenb. V, 8. per mortem militum, militarium, vel civium et burgensium. - Urk.

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gegeben. Denn in den Urkunden und Stadtrechten werden beide Benennungen als ganz gleichbedeutend gebraucht 21).

9. Entstehung einer Stadtversassung.

S. 34.

Durch die Umgebung eines Dorfes mit Mauern wurde zwar der früher offene Ort zu einem befestigten, zu einer Burg, Stadt, Wit, urbs oder civitas. Eine von der alten Verfassung verschiedene Stadtverfassung erhielt der Ort dadurch aber noch nicht. Denn durch die Ummauerung allein wurden die alten Verhältnisse in keiner Beziehung, also auch nicht hinsichtlich der Verfassung geändert. (S. 19 u. 23). Da nun die alten Städte sammt und sonders aus Dörfern hervorgegangen sind (S. 7--11), so kann auch die alte Stadtverfassung nicht wohl etwas anderes als eine Dorfverfassung gewesen sein. Die frühere Dorfmarkverfassung muß vielmehr nun eine Stadtmarkverfassung geworden sein. Daß dem nun aber auch wirklich so ist und wie aus der alten Dorfmarkverfassung nach und nach die spätere Stadtverfassung hervorgegangen ist, wird im Laufe dieser Untersuchungen immer klarer und deutlicher hervortreten. Hier bemerke ich nur noch so viel, daß auch viele alte Dörfer mit Mauern umgeben und daher ebenfalls oppida und urbes genannt worden, nichts desto weniger aber dennoch bloße Dörfer oder Flecken geblieben sind, weil sie sich nicht in der Lage befanden ihre Dorfverfassung zu einer städtischen Verfassung zu erweitern 1).

von 1205 bei Schoepflin, I, 311. vel ipsi burgenses vel etiam quicumque ipsius civitatis cives.

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21) Dipl. von 1361 bei Ludewig, rel. Mpt. IX, 671. burgenses, cives aut subjecti alii Justitia Lubicens. bei Westphalen, III, 624. civis aut burgensis Viele Urk. bei Boehmer, Frankf. Urk. I, 40, 42, 49, 52, 54 u. 55, wo civis und burgensis abwechselnd und als ganz gleichbedeutend gebraucht wird. Eben so im Stadtrecht von Hagenau von 1164 §. 11 u. 17 bei Gaupp, 1, 97, im Magdeburger Schöffenbrief §. 1 u. 18 bei T. u. St. p. 271. in Erfurt nach Urk. von 1277 bei Mencken, I, 540.

1) Meine Gesch. der Dorfverf. I, 32-33.

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