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mark beschränkt. Das Kloster St. Michel an der Etsch gewann und behauptete die niedere Gerichtsbarkeit nicht auf seinen zerstreuten Besitzungen, sondern nur in dem einen größeren zusammenhängenden Bezirk bildenden Fennberg.1 Das Domkapitel von Trient erlangte vom kaiserlichen Podestà Sodegher die Anerkennung seiner grundherrlichen Gerichtsbarkeit auf allen Besitzungen außer in Judikarien. Später ist die Gerichtsbarkeit des Kapitels auf Sover, Sevignano und Montagnaga beschränkt.

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Den weltlichen Herren gegenüber hatte der Territorialoder Gerichtsherr freilich einen schwereren Stand. Das Privileg Herzogs Otto hat die grundherrliche Gerichtsbarkeit auch nur innerhalb geschlossener Hofmarken anerkannt. Erst viel später, im 16. Jahrhundert haben die Stände die Ausdehnung ihrer Gerichtsbarkeit über die Hofmarken hinaus erlangt. In Niederösterreich ist gewöhnlich in jedem Dorfe nur Ein Grundherr in den Besitz der niederen Gerichtsbarkeit gekommen, die übrigen behaupteten sie nur innerhalb der Dachtraufe ihrer Häuser, es ist also da ein Ausgleich unter den Grundherren erfolgt. Jedoch nicht immer. Viel zäher als die niedere Gerichtsbarkeit wurde die hohe über zerstreute Untertanen und Häuser behauptet. So gab es in Österreich exemte Kriminalgerichte mit einer Gerichtsbarkeit über die in verschiedenen Landgerichten und Pfarren zerstreuten Häuser des Gerichtsherrn. Ganz dasselbe finden wir auch in Südtirol. Der Landesherr von Tirol übte als Inhaber des kleinen Gerichtes Castello die hohe Gerichtsbarkeit in einer beträchtlichen Zahl von Häusern, die in den einzelnen Dörfern des bischöflichen Gerichtes Fleims zerstreut lagen und den Fleimsern als Asyl dienten. Die Herren von Spaur besassen als Herren des Ge

1 Der durch Eigenleute des Klosters gerodet wurde. Fennberg erhielt das Stift nicht von den Grafen von Eppan, wie Egger a. a. O. 420 meint, sondern vom Bischof von Trient; Bonelli, Notizie intorno al beato Adelprete 2, 392.

21254 April 20, Innsbruck St.-A., Trient C. 59, Nr. 42.

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Um 1536. Gutachten über einen Austausch von Castello gegen Truden.
Innsbruck St.-A., Trient C. 12, Nr. 80.

richtes Altspaur die Gerichtsbarkeit über vier Häuser in dem zur Prätur Trient gehörigen Mezzolombardo. Diese Häuser wurden in charakteristischer Weise als die Grafschaft la contà bezeichnet.1 Ahnliche Verhältnisse bestanden zwischen Flavon und Castelfondo einer- und dem bischöflichen Nonsberg andererseits, zwischen Nomi und Castelnuovo usw. Auf verschiedene Weise sind diese zerrissenen Gerichtsbarkeiten entstanden. Durch Verleihung der hohen Gerichtsbarkeit an Grundherrn, welche die niedere bereits besaßen, wie in Niederösterreich, durch Usurpation, wie vielfach in Südtirol, durch Bildung zersplitterter Burgfrieden, wie jene Höfe in Mezzolombardo, die einst mit dem Schlosse San Pietro einen eigenen Burgfrieden und ein eigenes Hochgericht gebildet hatten, endlich durch Vertrag. So haben die Herren von Castelbarco, als sie ihre Gerichte im Lagertale teilten, sich gegenseitig die Gerichtsbarkeit über einzelne Eigenleute und Häuser im Anteile der andern vorbehalten.3

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Solche Verhältnisse mußten den Keim fortdauernder Streitigkeiten in sich bergen. Es ist daher an anderen Orten zu einem Ausgleich, zu einer Konsolidation gekommen. Die Herren von Arco besaßen eine große Zahl von Eigenleuten und Höfen, die in ganz Judikarien zerstreut lagen. Über diese übten sie die Gerichtsbarkeit, während sie trotz aller Usurpationen bis ins 14. Jahrhundert in einem geschlossenen Bezirke eine solche nicht erwarben. Noch im Jahre 1315 ist dieser Zustand anerkannt. Doch schon zwei Jahre später wurde diesem unleidlichen Verhältnisse ein Ende gemacht durch einen Vergleich, nach welchem die Arco auf die Gerichtsbarkeit über ihre Eigenleute verzichteten, dafür aber als bischöfliche Vikare die Zivilund Kriminalgerichtsbarkeit, anfangs noch mit gewissen Beschränkungen, in der Pfarre Arco eingeräumt erhielten.5 Was hier nur für eine Anzahl von Jahren festgestellt wurde, ist dann dauernd Rechtens geworden trotz aller Versuche der Arco, den für sie günstigern früheren Zustand wieder herzustellen. So war hier an Stelle einer auf privatrechtlichem

1 1517 Mai 22 Zeugenaussagen, Innsbruck St.-A., Trient C. 35, Nr. 7. 2 Reich, Archivio Trentino 12, 254; Ders., I castelli di Sporo e Belfort 38. 3 1368 Dezember 2, 1436 August 13. Innsbruck St.-A., C. 32, Nr. 41. 41315 April 16, Wien St.-A.

5 1317 März 10; Postinger, Atti dell' Accademia dei Lincei III, 7, 173 f.

Titel beruhenden Gerichtsbarkeit über zerstreute Eigenleute und Güter der Erwerb der öffentlichen. Gerichtsbarkeit innerhalb eines geschlossenen Bezirkes getreten, es war ein neues Landgericht entstanden.

Ganz ähnlich war die Entwicklung bei den Herren von Matsch, denen ebenfalls die niedere Gerichtsbarkeit über ihre Eigenleute im Vintschgau zustand,1 bis ihnen 1498 der Blutbann, aber nur im Matscher Tale selber und in ihren Gerichten, Dörfern und Gebieten von König Maximilian I. verliehen wurde." Lamprecht hat ähnliche Fälle aus der Rheingegend angeführt,3 und so läßt sich vermuten, daß diese Vorgänge nicht vereinzelt geblieben sind, daß häufiger, als die Quellen erkennen lassen, Landgerichte entstanden sind, um eine zersplitterte Gerichtsbarkeit zu beseitigen.

Sowohl in diesem Falle, als in dem der Exemtionen gelangt die öffentliche Gerichtsbarkeit in private Hände, entstehen patrimoniale Landgerichte, Patrimonialgerichte in dem Sinne, in dem das Wort in der österreichischen Rechtssprache gebraucht wurde. Zur Ausbildung der Landgerichte in den landesfürstlichen Grafschaften gab den wichtigsten Anstoß wohl die Burgen verfassung. Es ist schon wiederholt auf die Bedeutung der Burgen für das politische Leben und ihren Zusammenhang mit den Verwaltungssprengeln und Landgerichten des spätern Mittelalters hingewiesen worden.5 Unzweifelhaft ist, als sich die Notwendigkeit ergab, für die wachsende Bevölkerung die Zahl der Gerichte zu vermehren, die allzugroßen Sprengel zu teilen, oft genug der Burgfrieden zum Landgericht geworden.

1 Ladurner, Zeitschr. des Ferdinandeums III, 17, 203.

2 Ladurner, Zeitschr. des Ferdinandeums III, 18, 143. Archivberichte aus Tirol 2, Nr. 940.

3 Deutsches Wirtschaftsleben 1, II, 1201 f.

4 Während man sonst unter Patrimonialgericht das grundherrliche Gericht versteht, bedeutet es in Österreich jedes hohe oder niedere Gericht, das sich zu dauerndem Rechte in den Händen eines Privaten befand. Aber auch in der Mark Brandenburg sprach man von patrimonialen Landgerichten, vgl. Kühns, Geschichte der Gerichtsverfassung Brandenburgs 2, 124 f. Vgl. übrigens auch Schröder, Rechtsgesch. 4, 604.

5 Schröder, Rechtsgesch. 4, 608; v. Below, Göttinger gelehrte Anzeigen 1890, 313 und anderwärts.

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Im bayrisch österreichischen Rechtsgebiete danken, von einigen Burgen in Tirol, die auf römische Kastelle zurückgehen, abgesehen, die Burgen geradeso wie in Sachsen den Ungarneinfällen ihre Entstehung. Denn nach der großen Schlacht in der Ostmark im Jahre 907 lag auch Bayern schutzlos den magyarischen Plünderern offen.1 Schon acht Jahre vorher, im Jahre 899, waren die Ungarn in Italien eingebrochen, hatten dem König Berengar an der Brenta eine vernichtende Niederlage beigebracht und das flache Land bis auf die ummauerten Städte verwüstet. Wie in Italien der Burgenbau, dem in den Küstenländern schon die Sarazeneneinfälle einen kräftigen Anstoß gegeben hatten, in den folgenden Jahren mit erneutem Eifer in Angriff genommen wurde, so entstanden damals auch in Bayern die ersten Burgen. König Ludwig IV. verlieh dem Kloster St. Florian 900 die Ennsburg, die nach dem ersten Einbruch der Ungarn zum Schutze der Grenze erbaut worden war, und gestattete nach der großen Ungarnschlacht dem Bistum Eichstädt im Jahre 908, auf seinen Besitzungen Burgen zum Schutze gegen die pagani anzulegen. Es wird nur dem zufälligen Mangel an Urkunden zuzuschreiben sein, wenn nicht mehrere ähnliche Fälle bekannt sind. Daß in den Marken nach ihrer Wiedergewinnung eine Reihe von Burgen zu Zwecken der Grenzverteidigung entstand, be

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1 Riezler, Geschichte Bayerns 1, 257; Dümmler, Geschichte des ostfränkischen Reiches 32, 547 f., nachdem die Ungarn bereits 900 über die Grenze gefallen und 906 in Sachsen eingedrungen waren, a. a. O. 515 und 546.

2 Dümmler a. a. O. 507.

3 Davidsohn, Geschichte von Florenz 1, 304. Das Recht, Burgen zu bauen, wird durch Berengar verliehen an Reggio, Schiaparelli Nr. 75 (911), 76 für Leo und Genossen (911), Padua 82 (912), Pavia 84 (912), in beiden letzten Urkunden mit besonderer Bezugnahme auf die Ungarn usw.; gebaute bestätigt für Modena Sch. 46 (904), usw.

4 Böhmer-Mühlbacher Nr. 1942 und 1992. Daß unter den pagani die Ungarn und nicht etwa Slawen zu verstehen seien, ergeben die ganz gleichen Wendungen der Urkunden Berengars und folgt schon aus der Sachlage, da Bayern damals nicht durch Slawen, sondern nur durch die Magyaren verwüstet wurde. Über den Burgenbau in der Rheingegend, dem in analoger Weise die Normanneneinfälle neuen Anstoß gaben, vgl. Lamprecht, Wirtschaftsleben 1, II, 1306 f. Im allgemeinen auch Hegel, Die Entstehung des deutschen Städtewesens 27 f.; Keutgen, Untersuchungen über den Ursprung der deutschen Stadtverfassung 42 f.

darf keines weiteren Wortes. Aber auch im altbayrischen Gebiete haben die zahlreichen Kriege und Fehden, insbesonders die stürmischen Zeiten des Investiturstreites zum Baue neuer Burgen geführt. Auf den Burgen und ummauerten Städten beruhte ja zum größten Teile die Landesverteidigung, die militärische Stellung des Landes wie der einzelnen Dynasten. Der Burghauptmann oder wer sonst mit dem Kommando in der Burg betraut war, nahm daher eine wichtige militärische Stellung ein.

Begreiflich, daß die Burgen wegen der Sicherheit, die sie boten, bald auch zu Mittelpunkten der Verwaltung erkoren wurden. Hier wußte man das Einkommen des Burgherrn, die Abgaben und Steuern der zins- und steuerpflichtigen Untertanen am ehesten in Sicherheit.

Die Burgen sind nun aber in unseren Gegenden1 in engste Verbindung mit den Landgerichten getreten, derart, daß das Landgericht in der Folge dann geradezu wie ein Zubehör zur Burg erscheint. Der Burghauptmann, Burggraf oder wie der Kommandant der Burg sonst heißt, wird häufig genug mit der Ausübung der hohen Gerichtsbarkeit in dem zur Burg gehörigen Landgerichtssprengel betraut. Allerdings erscheint in vielen Gerichten Bayerns neben dem Pfleger, der dann auf die Verwaltung beschränkt ist, ein eigener Landrichter betraut mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit. Doch ist dies sicher erst spätere Bildung. Auch darüber geben die Südtiroler Verhältnisse Auskunft. Zuerst erscheint hier der capitaneus der Burg oder, wie er bis in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts auch heißt, der Gastalde als Landrichter.

1 Auch sonst in Deutschland. An anderen Orten bildete die Burg den Mittelpunkt des Amtes, das ist des Verwaltungssprengels; das Amt umfaßte aber häufig mehrere Gerichte, vgl. v. Below, Territorium und Stadt 285. In Österreich fallen die Officia mit den Gerichten nicht zusammen; Dopsch, Urbare, Einl. 83. Dagegen wo Burgen bestanden, war vielfach der Burgwart auch Richter, vgl. Dopsch a. a. O. 167.

Rosenthal 54; Riezler, Geschichte Bayerns 1, 752, knüpft den iudex des 12. Jahrhunderts an den Schuldheißen; 2, 528, den Pfleger an den Vogt. Der brandenburgische Vogt, der seit dem 13. Jahrhundert in der Mark Brandenburg Landrichter ist, vgl. Kühns, Gerichtsverfassung der Mark Brandenburg 134 f., ist wohl auch nichts anderes als markgräflicher Burghauptmann gewesen, jedenfalls hat er militärische Gewalt, und häufig ist eine Burg oder Stadt Mittelpunkt des Vogteibezirkes.

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