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Keine bayrische Quelle kennt Hundertschaften und eine Glosse zu Hermann von Altaich bezeugt es ausdrücklich, daß die Bezeichnung Zent bei den Bayern nicht gebräuchlich war.2 Zwar kennt die lex Baiwariorum Zenturionen, jedoch nur als militärische Unterbefehlshaber unter dem Kommando des Grafen. Dem Grafen steht in Bayern allerdings ein Exekutivorgan zur Seite, der Vikar oder Schultheiß, wie er auch genannt wird, der frühzeitig mit dem Hunnen, dem Zenturio identifiziert wird, wie dies auch sonst der Fall war. Und solche Zenturionen werden nicht selten in den Urkunden erwähnt; nichts aber weist darauf hin, daß sie etwas anderes als Hilfsorgane der Grafen waren, daß sie etwa Gerichtsbarkeit in Unterabteilungen der Grafschaft gleich den fränkischen Zentenaren geübt hätten. Ebensowenig kann die Erwähnung von Dekanen für das Vorkommen von Hundertschaften sprechen. Denn die Dekane, die in Tirol nicht selten sind, sind Vor

1 Vgl. Waitz, Deutsche Verfassungsgeschichte 2, II3, 404; Dahn, Deutsche Geschichte 1, II, 431 und Urgeschichte der Germanen 4, 152.

2 MM. SS. 17, 357, n. e.: In quibusdam provinciis iudices provinciales appellantur centenarii, quia locus iudicialis, qui apud nos vocatur dinchstat, apud eos dicitur cend. Es ergibt sich somit, daß der Urheber der Glosse nicht einmal über die Bedeutung von Zent im Reinen war. 3 1, c. 5, 283; vgl. Waitz 2, II 3, 15, 212; Brunner, Rechtsgeschichte 2, 174, n. 2.

4 Wilhelm Sickel, Mitteil. des Inst. f. österr. Geschichtsf. 4, 628. In Bayern nennen bereits die Statuten der Synode von Aschheim: presides seu iudices, centuriones atque vicarios, MM. Ll. 3, 458. Entscheidend die decreta synodorum Bavaricarum aus dem 10. Jahrh. c. 3, MM. Ll. 3, 487; wenn der vom Priester Gebannte nicht Buße tut: exactor publicus id est centurio aut suus vicarius cum sacerdote pergat ad domum huiusmodi presumptoris. Der centurio ist also das Organ, das eine Pfändung vornimmt. Vgl. Beseler Zeitschr. für Rechtsgesch. 9, 250.

5 Zusammengestellt von Merkel MM. Ll. 3, 283, n. 4.; Riezler, Geschichte Bayerns 1, 127 und Forschungen zur deutschen Geschichte 18, 528; Egger a. a. O. 382. Die Erwähnung des Zenturio in D. O. II. 178 für Brixen ist vielleicht aus einer Formel eingedrungen, vgl. D. O. II. 73, könnte im übrigen nach dem Gesagten nicht auffallen. Darnach auch in späteren Kaiserurkunden für Brixen wie 1155 Friedrich I. Stumpf 3726. 6 Unterforcher, Zeitschr. des Ferdinandeums III, 41, 211 f.; Egger, ebendort 240 f., 251 f. Dekane und Dekanien finden sich vorwiegend im einst langobardischen Südtirol und in den Teilen des Landes, die länger mit Kurrätien in Verbindung standen, im Vintschgau und Oberinntale von Zams aufwärts.

nicht selten als Grafsc welche zu dieser Zers auf die Bildung und 1 gewirkt haben, liegen wicklung fällt in ein unseren Gegenden nu Grafen und Grafschaft letzt die Namen der L 10. bis 12. Jahrhunder Gerichtsbezirke in un Verschiedene E Landgerichte aufgest sich mit dieser Frag Hundertschaften i Riezler und ihm f Gelehrten. Ja Egg der späteren Tiroler Tirol bestanden ha! eben geneigt, den I Buche über die fr ohneweiters auch Sohm selber auf verfassung hingew die Bayern Hund Grafschaften nie! scheint, gemeing Haus aus gefehlt sie sich nicht na

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Hundertschaften absehen, wenn wir die Bildung der Landgerichtssprengel erklären wollen; wir dürfen in Bayern nicht, wie dies v. Below mit vollem Rechte für fränkisches Rechtsgebiet ausführt,1 von einer Isolierung der Hundertschaften sprechen.

Mit mehr Recht führt Luschin die Entstehung der Landgerichte auf die Zersetzung der Grafschaften durch Immunitäten und auf das Erstarken und die Fortbildung grundherrlicher Gerichtsbarkeit zurück. Doch werden wir diese Entstehungsgründe kaum als ausreichend bezeichnen dürfen. Denn Landgerichte treten auch dort auf, wo keine Immunitäten vorhanden waren, sie durchsetzen ja auch die in unmittelbarer Verwaltung des Landesherrn verbliebenen Territorien in Bayern, Tirol, Österreich, Steiermark, und wenn auch manche Patrimonialgerichte an vorhergegangene grundherrliche Gerichtsbarkeit anknüpfen, so doch durchaus nicht alle.

Es wird überhaupt nicht gelingen, die Bildung der Landgerichte mit einer einfachen Formel zu erklären. Auch diese Frage kann nur durch Detailforschung gelöst werden. Die Arbeiten an historischen Atlanten, die gegenwärtig in einigen. Teilen Deutschlands im Zuge sind, werden sicher unsere Kenntnisse über die Entstehung der Landgerichte und ihre Entwicklung in wünschenswerter Weise klären und vertiefen. Für die bayrisch-österreichische Gerichtsverfassung dürfen wir uns Ähnliches von dem großen Unternehmen des historischen Atlasses der deutsch-österreichischen Alpenländer versprechen.

Möge es gestattet sein, einige Beobachtungen, die sich dem Verfasser bei der Mitarbeit an diesem Werke aufgedrängt haben, hier anzuführen.

Allerdings gehört das italienische Südtirol, das ihm zur Bearbeitung zugewiesen wurde, nicht mehr dem bayrischen.

der Grafschaften annehmen, die freilich nicht Hundertschaften hießen und v. Below aus ihnen die Landgerichte hervorgehen läßt, muß doch eben bemerkt werden, daß wir von dem Bestande solcher Gebiete nichts wissen, daß wir sie zur Erklärung der Landgerichte auch nicht brauchen, und daß das Landgericht hier überall an die Grafschaft und das echte Ding und nicht an das Botding anknüpft.

1 Historische Zeitschr. 59, 222. Daher finden auch die Ausführungen Thudichums, Gau- und Markverfassung 86 auf das bayrisch-österreichische Rechtsgebiet keine Anwendung.

2 Geschichte des Gerichtswesens 105.

steher von Gemeindevierteln und haben mit der Gerichtsbarkeit nichts zu tun, finden sich übrigens nicht in den ursprünglich von Baiuwaren besetzten Gebieten des Landes. Egger glaubte vor allem jene Gerichte als Reste alter Hundertschaften in Anspruch nehmen zu können, die in der Folge insbesonders als Landgerichte, iudicia provincialia den einfachen Gerichten entgegengestellt werden. In der Tat wird diese Unterscheidung in den Quellen gemacht. Indes scheint sie sich auf Tirol zu beschränken, anderen Teilen des bayrischösterreichischen Rechtsgebietes fremd zu sein; und sehr wohl kann die Bezeichnung Landgericht, iudicium provinciale an der Schranne gehaftet und von ihr auf jene Gerichte übergegangen sein, die sich als Gerichtsstätte eine alte Schranne bewahrt hatten. Wie die Unterabteilungen der Grafschaften in Bayern hießen und welchen Umfang sie hatten, ist dunkel.2 Für die Gerichtsverfassung waren sie ohne Bedeutung; das Gericht war in Bayern Grafschaftsgericht und wurde an den einzelnen Malstätten, deren jede Grafschaft mehrere besaß, abwechselnd gehalten. Wir müssen daher von den

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1 Die Verlegung der Schrannen bedurfte noch im 14. Jahrhundert landesfürstlicher Ermächtigung: Markgraf Ludwig gestattet dem Perchtold von Gufidaun, seinem Richter zu Gufidaun, und allen den Richtern, die nach ihm gesetzt werden, daß sie: umb alle maleficzi mit vollem gewalt siczen und gerichten sullent an der schranne auf Camp . . in eleichstaiding an dem lantgericht mit vollem gewalt und an allen dem rechten', wie man früher auf dem dinsacker gerichtet hat. Wasserburg 1358 Juni 24. Handschr. 59, f. 74 Nr. 227, Innsbruck St.-A.

2 Vermutungen bei Dahn, Urgeschichte der Germanen 4, 152.

8 Entscheidend lex Baiuwar. 2, c. 14, MM. Ll. 3, 287; vgl. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte 2, 220; Schröder, Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte 4, 175. Der Einwand, den unter andern Richter a. a. O. 599 erhebt, daß die bayrischen Gaue zu groß gewesen seien, als daß monatlich eine Vollversammlung der Freien hätte stattfinden können, erledigt sich durch die Ausführungen von E. Mayer in den Göttinger Gelehrten Anzeigen 1891, 349. Die Freien hatten nur zu erscheinen ,wann und wo der Richter es befahl' (Brunner a. a. O.),,ubi iudex ordinaverit. Übrigens darf auch nicht übersehen werden, daß wir über die Größe der Grafschaften, die im 8. Jahrundert kaum mehr mit den Gauen zusammenfielen, vgl. unten, nicht unterrichtet sind, daß im 8. und 9. Jahrhundert weite Strecken noch unkultiviert und unbesiedelt waren und daß die Zahl der Freien vielleicht doch nicht so groß war, als allgemein angenommen wird. Wenn Dahn, Deutsche Geschichte a. a. O. und v. Below, Göttinger Gelehrte Anzeigen 1890, 310 n. 3 doch Unterbezirke

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Hundertschaften absehen, wenn wir die Bildung der Landgerichtssprengel erklären wollen; wir dürfen in Bayern nicht, wie dies v. Below mit vollem Rechte für fränkisches Rechtsgebiet ausführt, von einer Isolierung der Hundertschaften

sprechen.

Mit mehr Recht führt Luschin die Entstehung der Landgerichte auf die Zersetzung der Grafschaften durch Immunitäten und auf das Erstarken und die Fortbildung grundherrlicher Gerichtsbarkeit zurück. Doch werden wir diese Entstehungsgründe kaum als ausreichend bezeichnen dürfen. Denn Landgerichte treten auch dort auf, wo keine Immunitäten vorhanden waren, sie durchsetzen ja auch die in unmittelbarer Verwaltung des Landesherrn verbliebenen Territorien in Bayern, Tirol, Österreich, Steiermark, und wenn auch manche Patrimonialgerichte an vorhergegangene grundherrliche Gerichtsbarkeit anknüpfen, so doch durchaus nicht alle.

Es wird überhaupt nicht gelingen, die Bildung der Landgerichte mit einer einfachen Formel zu erklären. Auch diese Frage kann nur durch Detailforschung gelöst werden. Die Arbeiten an historischen Atlanten, die gegenwärtig in einigen Teilen Deutschlands im Zuge sind, werden sicher unsere Kenntnisse über die Entstehung der Landgerichte und ihre Entwicklung in wünschenswerter Weise klären und vertiefen. Für die bayrisch-österreichische Gerichtsverfassung dürfen wir uns Ähnliches von dem großen Unternehmen des historischen Atlasses der deutsch-österreichischen Alpenländer versprechen.

Möge es gestattet sein, einige Beobachtungen, die sich dem Verfasser bei der Mitarbeit an diesem Werke aufgedrängt haben, hier anzuführen.

Allerdings gehört das italienische Südtirol, das ihm zur Bearbeitung zugewiesen wurde, nicht mehr dem bayrischen

der Grafschaften annehmen, die freilich nicht Hundertschaften hießen und v. Below aus ihnen die Landgerichte hervorgehen läßt, muß doch eben bemerkt werden, daß wir von dem Bestande solcher Gebiete nichts wissen, daß wir sie zur Erklärung der Landgerichte auch nicht brauchen, und daß das Landgericht hier überall an die Grafschaft und das echte Ding und nicht an das Botding anknüpft.

1 Historische Zeitschr. 59, 222. Daher finden auch die Ausführungen Thudichums, Gau- und Markverfassung 86 auf das bayrisch-österreichische Rechtsgebiet keine Anwendung.

2 Geschichte des Gerichtswesens 105.

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