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Dornheim, Müllen. Nur in dem Orte Wisenstadt kommen 30 Settel vor, und zu Biengen wurde neben Bier auch Wein geliefert 7.

Dadurch werden obige Resultate über das Alter und die Verbreitung der Bierbrauerei bestätigt; die größere Ausdehnung des Ge= schäftes ergibt sich aus dem Güterverzeichniß der Abtei Prüm in der Eifel, worin nach der Abfassung des 13. Jahrh. bereits eigene Brauhäuser angeführt werden 8. Nach den Urkunden des Klosters St. Gallen war jedoch die Brauerei in Oberschwaben, der Schweiz, Baar, Hegau und Breisgau schon im 8. Jahrh. allgemein verbreitet und ein bäuerliches Gewerbe für jede Haushaltung, worüber sehr belehrende Angaben vorkommen.

Das Kloster St. Gallen hatte zu Ende des 9. Jahrh. eine große Brauerei, deren es auch für seine vielen Leute bedurfte, denn es wird eine Malzdarre für 100 Malter Haber erwähnt, woraus abzunehmen, daß der Bierkessel von Messing auch von großem Umfang war.

Wie bei den vorigen Klöstern, so war auch auf den Gütern von St. Gallen ein Haupthof (casa salica, Salhof oder Gut), an welchen die Lehenbauern ihre Zinse abtrugen 9. Sie bestanden in Bier und Bierfrüchten, Malz wird nicht genannt. Da die Ge= traidearten manchmal für den Bierzins gegeben wurden, so ist anzunehmen, daß man solche Früchte als Gleichwerthe zugelassen hat, wor= aus gewönlich das Bier gebraut wurde. Es ist daher der Sprach= gebrauch zu erforschen, um die Bierfrüchte kennen zu lernen. Das Wort annona bedeutet in diesen Urkunden gewönlich Waizen oder Spelz, und wird dem Kernen (altteutsch cherno, lateinisch cranum, granum) gegenübergestellt. Sowol annona als granum werden als Gleichwerthe des Bieres aufgeführt, woraus sich ergibt, daß man hauptsächlich W aizenbier gebraut hat, daher auch andere Frucht= arten (frumentum, Korn) nur selten oder an vielen Orten gar nicht erwähnt werden 10.

Die folgenden Belege gehen über 80 Jahre von 758 bis 838, das Bier heißt darin regelmäßig cervisa, auch cirvisa, selten cervice, das Maß desselben war überall der Seidel (sicla, sigla) und wie es scheint in zweierlei Größe, als Stadtmaß (sicla civitalia), wovon 33 ein Bürger- oder Stadtfuder (carrata civitalis), und 30 ein Landfuder machten, welchem wahrscheinlich ein Klostermaß gegenüber stand 11. Die gewönliche Abgabe war 30 Seidel; es kommen aber auch 20, 15 und 10 Seidel vor, ohne daß man daraus auf die Größe des bäuerlichen Lehengutes schließen kann. Es scheint aber in St. Gallen wie oben bei Lorsch und Weißenburg ursprünglich die Bierabgabe einfacher Huben in 15 Seideln bestanden zu haben.

Man ließ hie und da den Zinsleuten die Wahl, Gleichwerthe in Geld oder Naturalien zu geben. Beispiele kommen vor von 778 im Linzgau auf dem rechten Ufer des Bodensee's: 10 modios de anona, aut 10 siclas de cervisa; ferner von 826 im Thurgau: 15 Seidel Wein oder 8 Malter Kernen (granum), oder 30 Seidel Bier; und in Oberschwaben von 838: 10 Seidel Bier oder 10 Mutt Waizen oder 10 Denare; endlich von 792 in jener Gegend: 5 Malter Kernen oder 20 Seidel Bier 12. Bei den wechselnden Fruchtpreisen läßt sich natürlich kein ständiges Verhältniß dieser Gleichwerthe aufstellen, wenn man aber den Mutt zu einem Viertelmalter annimmt, wie es in jener Zeit und Gegend gebräuchlich war (Ztschr. 10, 20), so stan= den 32 Mutt Kernen im Preise gleich 30 Seideln Bier, 20 Mutt Kernen 20 Seideln, woraus sich ergibt, daß im ersten und dritten Belege unter 10 mod. annonae auch Kernen zu verstehen sei. Durch= schnittlich also war der Mutt Kernen einen Seidel Bier werth, und dieser einen Pfenning, und der Seidel Wein zwei Pfenning. Dies Preisverhältniß besteht noch jest, indem der geringe Wein doppelt so viel kostet als das Bier. Der Karolingische Pfenning war nach Guérard (Ztschr. 2, 394) in unserm Gelde 10320 kr. werth; das Malter Kernen stand also rund auf 41 kr.; das Bürgerfuder Bier auf 5 fl. 35 kr., das Fuder Wein auf 11 fl. 10 kr.

Im Thurgau, wo so viel Wein gepflanzt wird, kommen die Bierlieferungen der Lehenbauern vor in den Jahren 759, 779, 782, 791 und 826; im Gebiete des Kantons Zürich 762; in Oberschwaben 758, 764, 792-93, 812, 838; in den Oberämtern Balingen, Spai= chingen und Tuttlingen 770, 793, 797; im Linzgau 778, 784; und im Hegau 758, 773. Die einzelnen Orte will ich der Kürze wegen übergehen; es genügt schon an der Aufzälung dieser Gegenden 13.

Von den bedeutenden Klöstern Reichenau und Säckingen hat man keine alten Güterverzeichnisse mehr. In der Reichenauer Kellereiordnung von 843 kommt kein Bier vor, denn Reichenau selbst und seine Umgebung haben noch jetzt viel Wein; zu Bohlingen aber im Amt Radolfzell, nahe bei Reichenau, wurde im 9. Jahrh. für einen Bischof von Speier, der mit seinem Gefolge nach Nom reiste, 1 Fu= der Bier bestellt, welches aus 2 Frehten (Frachten, Karrenfuhren) oder 30 Seideln bestand, und nur 6 Seidel Wein, obgleich Bohlingen in einer Weingegend liegt. Der nicht unbedeutende Bierverbrauch in jener Zeit und Gegend ist dadurch hinlänglich erwiesen 14. In den Säckinger Urbarien des 14. und 15. Jahrh. ist aber manchmal die Rede von Bierhaber, welchen die argauischen und Schwarzwälder Lehenbauern an die Klosterhöfe zu liefern hatten. Man unterschied in jenen Gegenden Futterhaber und Bierhaber, nicht nur deshalb, weil jener zum Futter, dieser zur Brauerei verwendet wurde, sondern auch darum, weil der letztere ein bestimmtes Maß hatte. Fünf Mutt Haber machten nämlich 1 Bier, so viel mußte eine Schwein= hube zu Hornussen liefern, zu Mettau aber eine 2 Biere, wahrschein= lich, weil sie größer waren. Der Hof zu Ittenthal gab 1 Bierhaber, ebenso die Hube zu Kiesenbach, die 2 Huben zu Mandach 2, und von Schwörstadt werden 71⁄2 Mutt Bierhaber erwähnt. In dieser Gegend wurde demnach Haberbier gebraut 15.

Ob der Mutt Haber einem Seidel Bier gleich gestellt wurde, wie in obigen Beispielen, läßt sich nicht sagen, die Zahlen 5 und 10, die im Bierhaber festgehalten wurden, weisen aber auf jene Bierlieferungen hin, die sämmtlich aus fünftheiligen Zahlen bestanden und die durchschnittliche Mittelzahl von 15 Seideln als die einfache und voll= kommene Normalabgabe beweisen, die unter 15 herabsank, wenn das hörige Gut verkleinert wurde, und im umgekehrten Falle über 15 Seidel stieg. Diese Zahl war gesetzlich für die Kirchenhörigen (servi ecclesie), und schon im alemannischen Geseke vorgeschrieben, woraus sich ergibt, daß jene Hörigen zur Zeit der Abfassung des Gesezes (im 7. Jahrh.) gleich große Lehengüter hatten und die ursprüngliche Bier= lieferung lang beibehalten wurde 16.

Obige Klöster reichen in die Karolinger Zeit zurück; ihre Bierbrauerei mag daher mit der Landwirthschaft der königlichen Hofgüter zusammen hängen, was von Weißenburg sehr wahrscheinlich ist. Da. die Karolinger am Oberrhein viele Hofgüter hatten, so ist nicht daran zu zweifeln, daß die Vorschriften Karl's d. Gr. über deren Bewirth= schaftung bei uns befolgt wurden und die Klöster damit in Verbindung kamen. Es war dies ebenso in Frankreich, dessen alte Klöster von ihren Gütern Malz und Bier bezogen wie bei uns, daher die königlichen Brauereien nicht als eine außerordentliche Einrichtung zu betrachten sind 17. Die Bierbereitung wurde auf den Königshöfen in zwei getrennten Geschäften betrieben: 1) in der Production des Malzes (bracius); 2) in der des Bieres (cervisa). Die Brauer hieß Karl siceratores, welche nicht nur Bier, sondern auch Aepfelmost (pomatium) und Birnmost (piratium) zu machen verstanden. Jeder Oberbeamte (judex) eines Hofes mußte jährlich seine bestimmte Menge Malz an die kaiserliche Residenz einschicken, also in gedörrtem

Zustande, nebst einem Braumeister (magister), unter dessen Anleitung das Bier für den Kaiser gebraut wurde. Dadurch hatte Karl eine ständige und wirksame Controle über die Tüchtigkeit dieser Leute und den Zustand der Brauereien auf seinen Gütern 18.

Mit diesen Hofbrauereien hieng nun, wie ich vermuthe, die PechLieferung des Klosters Weißenburg zusammen. Es mußten nämlich die Klostergüter zu Edesheim, Hasloch, Oggersheim, Weinolsheim, Ungstein, Atdorf u. a. jährlich Pech zum königlichen Dienste (ad servitium regis) führen oder dafür Geld bezalen. Meistens lag diese Frohndschuldigkeit auf jenen Gütern, von welchen das Kloster Malz oder Bier bezog und daher ist anzunehmen, daß man das Pech zum Pichen der Bierfässer brauchte, und zu diesem Zweck es auch an die Königshöfe liefern mußte 19. Daß es auch von den Schuhmachern dieser Höfe benützt wurde, ist ebenso wahrscheinlich, die Lieferungen waren aber zu groß, als daß sie dafür allein bestimmt sein konnten.

Da die Domstifter bis zu Ende des 12. Jahrh. eine gemeinsame Haushaltung führten wie die Klöster, so hatten sie auch ihre Brauereien wie diese. Daher begreift man, daß um das Jahr 930 im Domstift zu Worms das Bier ebenso im Gebrauche war, wie im Kloster Lorsch, und daß man den Armen nicht nur Brot, sondern auch Bier zum Almosen gab. Also mitten im Weinland, aber es war ebenso in dem weinreichen Tirol, wo um die Jahre 1000 und 1029 Wein und Bier neben einander getrunken wurde. Desgleichen im Kloster Lichtenthal bei Baden, wo bereits im Jahr 1324 ein Siedoder Braumeister erscheint 20.

Ueber das Braugeschäft kenne ich zwar wenige alte Angaben, aber ich will sie doch nicht übergehen. Daß man Waizen- und Haberbier machte, ist oben gezeigt; Gerstenbier fand ich in alten Schriften nicht, was sich leicht daraus erklärt, daß die Gerst in geringer Menge und an vielen Orten gar nicht gebaut wurde. Auch der Hopfen wird am Oberrhein erst spät und nicht als Braustoff erwähnt, wol aber häufig in Oberbaiern schon im 9. Jahrh. gepflanzt in besondern Hopfengärten (humularii) 21. Ein Privatmann zu Pfungstadt bei Darmstadt hatte im Jahr 804 eine Brauerei, worin das Bier nicht im Kessel, sondern wie das Salz in einer Pfanne (padella) gesotten wurde. Daß man aber anderwärts auch Kessel dazu brauchte, scheint darus hervorzugehen, daß der Maier auf dem Lorscher Klosterhof zu Fürth im Odenwald das eine Jahr einen Kessel (caldaria), das andere eine Pfanne (padella) an das Filialkloster auf dem Heiligenberge bei Heidelberg abliefern mußte, um das Jahr 1090. Man hat wol mehr Grund anzunehmen, daß dieses Braugeschirre als Küchengeräthe waren, denn dafür schiene die Lieferung zu unbedeutend. Im 15. Jahrh. war es hie und da vorgeschrieben, das Dünnbier in Kesseln, das gute Bier in Pfannen zu brauen, vielleicht beruhte obige Lieferung auf einem ähnlichen Unterschied der Biersorten 22.

Ueber die Brauerei zum allgemeinen Bierschank gibt es am Oberrhein auch wenig alte Nachrichten, was wol daher rührt, daß sie nicht ständig war, sondern gewönlich nur beim Weinmangel betrieben wurde. In Basel wird 1380 eine Malzgasse erwähnt, was eine mehr oder minder fortgesekte Bierbrauerei anzeigt 23. Im nördlichen Frankreich scheint man die Brauerei hie und da ständig betrieben zu haben, aber auch wie bei uns, wenn der Wein mißrathen war. In Gegenden ohne Weinwachs wurde jedoch fortwährend Bier zum Verkaufe (questus) gebraut, wie an der Niedermaas bei Maestricht, wo das Kloster des h. Remigius zu Reims im 11. Jahrh. mehrere Güter hatte, von welchen es ständige Abgaben für den Bierschank bezog 24. Daher kommen auch am Niederrhein schon im Jahre 1320 Beweise des Bierhandels vor, indem zu Köln nicht nur ein Bierzoll, sondern auch eine Bieraccise oder Bierpfenning eingeführt wurde, was nur in Folge eines ständigen Bierverbrauches geschehen konnte 25. Seit dem Jahre 1453 waren die Brauer zu Frizlar die angesehenste Zunft. Viel später erscheinen die Brauereien für den Bierschank am Oberrhein, wie z. B. erst 1570 zu Frankenthal. Der Grund mag wol der sein, daß die Einrichtung einer größeren Brauerei für den Bierschank mehr Kosten und Risico machte, als ein Privatmann darauf verwenden konnte oder wollte, daher man findet, daß Städte die Brauerei im Großen als Monopol betrieben, wie z. B. Pforzheim seit 1676, aber für den Betrieb Geld leihen mußte, was kein vortheil= haftes Geschäft verräth, weshalb sie es wieder aufgab und den Einzelbrauern überließ 26. Bei dem jezigem Stande des Bierverbrauches ist die Brauerei ein Großgewerbe geworden, neben welchem die Haus= brauerei nicht mehr bestehen kann.

Den Ursprung des Bieres nachzuweisen ist sehr schwierig, für die provinziellen Verhältnisse aber, die ich zu berücksichtigen habe, genügt schon die Angabe, daß die drei Völker, welche am Oberrhein wohnten, das Bier gekannt und bereitet haben, und jedes gewisse Theile der Brauerei nach seiner Sprache eigenthümlich benannt hat, also damit vertraut war. Das Wort Cyder (zythum) bedeutete bei den Römern nicht Obstwein wie bei uns, sondern Bier, denn er wurde von Wai

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