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liche Stätten herausstellen. Es begreift sich hiernach, daß gewönlich die Aren solcher kleinen Tempel keine Inschrift haben, weil sie nicht von Privaten, sondern vom Tempelgut angeschafft wurden. Nach dem römischen Rechte durfte nämlich ein Privatmann nichts an heiligen Orten bauen oder machen; sie kamen daher ungeschmälert nach dem Zerfall des Heidenthums an die Kirche und wurden christianisirt 1. Dasselbe geschah im Mittelalter mit den Synagogen, manche derselben wurden nach der Judenverfolgung in Kapellen umgewandelt 2. Da die geweihten Pläße auch nicht verkauft werden durften, selbst wenn die darauf stehenden Gebäude durch Erdbeben zerstört waren, so ist es ebenfalls erklärlich, warum solche Pläße nicht in Privathände kamen, sondern nach dem Aufhören des Heidenthums an die Kirche übergiengen 3.

Von einem römischen Denksteine, der das Dorf Singen betrifft, war schon früher die Nede (Bd. 10, 201) und an der abgetragenen Kirche zu Remchingen war ein Ulyssesaltar eingemauert; eine Stunde füdöstlich davon liegt das Dorf Nöttingen, in dessen Kirche ebenfalls eine römische Ara von 1,20 Meter Länge eingemauert ist, und zwar an dem südlichen Ecke des Langhauses am Boden. Das nach Außen gekehrte Relief ist sehr verlegt, doch kann man auch noch etwas von Schlangenstabe erkennen; die Figur war also ein Merkurius, der mit andern Gottheiten häufig auf römischen Denkmalen vorkommt. Bei Nöttingen wurden auch zwei Leugenzeiger gefunden und einer bei Ellmendingen, denn zwischen beiden Orten geht die Römerstraße von Ettlingen nach Pforzheim quer durch das Pfinzthal und ist nah bei Ellmendingen noch streckenweis sichtbar. Die römische Ansiedlung dieser Gegend unterliegt daher keinem Zweifel, darum ist über die Lage der Dorfkirchen anzugeben, was auf die römischen Einrichtungen Bezug hat.

Der Thurm der Kirche zu Nöttingen bildete ebenso den Chor der alten Kirche wie zu Söllingen, desgleichen zu Weiler südlich von Nöt

1 Ne quid in loco sacro fiat, lautet der Titel 6 D. 43 und Ulpian fagt L. 2 §. 19 D. 43, 8. In loco sacro non solum facere vetamur, sed et fac tum restituere jubemur; hoc propter religionem. Auch wer ein Grabmal auf seinem Boden baute, verlor das Eigenthumsrecht an dem Areal des Mo= numentes, weil dies ein geweihter Ort wurde (locus religiosus). L. 4. D. 39, 3. Sogar das Grab des Sklaven war ein heiliger Plaß (locus religiosus), ob gleich der Sklave nicht als vollkommene Person betrachtet wurde. L. 2 D. 11, 7. 2 Freyberg reg. boic. 12, 82. 90. 222. 3 L, 22 und 72. 73. D. 18, 1. * Fröhner a. a. D. Nr. 33. 71. 72. 76.

tingen, dessen Kirchthurm 7,98 Meter breit ist, und zu Ellmendingen. wo er eine Breite von 8,33 Meter hat. Gegen die alten kleinen Kirchen haben diese Thürme eine zu große Dimension, welche bei ihrer geringen Höhe noch mehr auffällt. Darnach wird es wahrscheinlich, daß die Grundfläche dieser Thürme ebenso groß ist, als das Areal der römischen Sacella war, daß sie also auf dem Plaze derselben stehen und ihr christlicher Gebrauch als Chor genau der heidnischen Bestimmung eines Sacrariums entspricht. Die Sacella waren gewönlich unbedeckt, damit sie durch Feuer nicht zerstört wurden, bestanden also aus vier Mauern und einer Ara darin, woher es auch kommt, daß bei manchen Kirchen heidnische Altäre gefunden werden 1. Wenn auch an der Kirche zu Ellmendingen keine römischen Denkmale mehr sind, so wurde doch auf dem dortigen Kirchhofe ein Leugenzeiger gefunden, und ebenso beweist der Namen Weiler die römische Niederlassung an diesem Orte. Der Grundstein des Kirchthurmes zu Ellmendingen wurde am Fronleichnamstage (29. Mai) 1404 gelegt, laut folgender Inschrift an der südlichen Ecke in zwei Zeilen: anno dni m. ecce iiijo. 7. die corp, .x. Oben an der Nordseite ist auf einem Ecksteine ein roher Kopf aus dem frühen Mittelalter ausgehauen, der wol aus der älteren Kirche herrührt.

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Solche Chorthürme trifft man bei unsern ältesten Dorfkirchen an wie zu Burgheim bei Lahr, dessen Kirche und Thurm im 12. Jahrh. gebaut wurden und der Thurm gerade deshalb, weil er als Chor dienen sollte, ein längliches Viereck bildet, dessen schmale Seite 6,72 Meter lang ist. Viel älter, wol noch aus dem 9. 10. Jahrh., ist der Thurm der Kirchhofkapelle zu Oberndorf bei Oberkirch, der ebenfalls zum Chore dient. An Umfang übertrifft beide der Kirchthurm zu Oberachern, der 9,03 Meter breit ist. Wurde an der Ostseite solcher Thürme ein kleiner Chor angebaut, was hie und da im 15. Jahrh. geschah, so kamen sie ist die Mitte zwischen Langhaus und Chor zu stehen und machten den Kirchenbau unregelmäßig, wie es zu Ettlingen der Fall und oben bei Söllingen bemerkt ist. Weder im romanischen noch im gothischen Baustyle bildet der Thurm den Chor, sondern er steht entweder neben dem Chor, oder im Mittelpunkte des Kreuzschiffes oder am westlichen Portal; die durchgängige Abweichung von dieser Regel an den alten Kirchen im Pfinzthale ist daher nur aus der Benüßung der Ueberreste früherer Gebäude zu erklären.

1 G. Festus lib. 17 s. v. sacellum, und Gell. 6, 12. sacellum est locus parvus deo sacratus cum ara.

Es ist wol bekannt, daß man im Mittelalter Dorfkirchen und Kirchhöfe in Kriegszeiten wie Burgen zur Vertheidigung gebraucht hat, und bei welchen Kirchen wirkliche Kriegsbauten errichtet wurden, bei diesen ist auch ein militärischer Zweck der Anlage anzuerkennen. Wenn aber die Oertlichkeit nicht zum Kriege taugt, so muß ihre Anlage auch ursprünglich einem andern Zwecke gedient haben. Das ist der Fall, wenn von zwei oder allen Seiten der höher liegende Kirchhof von Wegen und Straßen umgeben, also überall zugänglich ist, oder wenn ihn nur ein künstlicher Hohlweg von einem anstoßenden Hügel trennt, so daß man von der Hügelseite des Hohlweges mit Pfeilen und Kugeln die Vertheidiger des Kirchhofes angreifen kann, ohne anderer Geschütze zu bedürfen. Unsere meisten Kirchhöfe gehören zu dieser Art und hatten ursprünglich keine kriegerische Bestimmung, sondern ihre höhere Lage und Umgränzung durch Mauern und Wege hatte den Zweck, sie von dem übrigen Areal des Dorfes auszuscheiden und die Privatleute davon abzuhalten. Dies geschah ebenso bei der Abgränzung der römischen geweihten Stätten, die ebenfalls auf höheren Punkten lagen als ihre Umgebung, weil es der Augurien wegen Regel war, die Tempel auf höheren Stellen zu bauen als die Privathäuser in ihrer Nähe. Die Kirchhöfe im Pfinzthal, worauf man römische Denkmale gefunden, sind nach dieser römischen Sitte angelegt, und daher in dieser Form in das Christenthum übergegangen; alle übrigen haben dieselbe Anlage und bei keinem läßt sich ein ursprünglich militärischer Zweck erkennen. Ich machte schon früher (Bd. 8, 426) auf die Aeußerung des h. Hilarius aufmerksam, der es (um 350) beflagt, daß noch überall die Anhöhen und Bergspigen mit Tempeln und kleineren heidnischen Gebäuden (fanis sacrisque) verunstaltet seien.

1 Nicht nur im Pfinzthal, sondern am ganzen Oberrhein läßt sich bei vielen Dorfkirchen erkennen, daß sie auf römische heilige Stätten gebaut sind, was sich auch durch Denkmäler erweist. Ich will nur ein kurzes Verzeichniß solcher Kirchen auf dem rechten Rheinufer herseßen, weil derjenige, der ihre Lage kennt oder untersucht, daraus die Regeln über die Wahl der loca sacra abnehmen kann. Dazu gehören die Kirchen zu Rohrbach bei Heidelberg, der Plaß, worauf die alte Kirche zu Nußloch stand, der noch jetzt am Kreuzpunkt eines alten Quadriviums liegt, die Kirche zu Malsch bei Wiesloch, Stettfeld, in dessen Kirchhofmauer ein Relief eingefügt war, Odenheim, Ubstadt, Weingarten, Eggenstein, Knielingen, Malsch bei Ettlingen, Sasbach, Hofweier u. a. Die Lage vieler Kirchen auf dem linken Rheinufer ist ebenso beschaffen, wie zu Jockrim, Kandel, Lauterburg, Selz u. a. Wo in neuerer Zeit die Dorfkirchen auf andere Pläße gebaut wurden als an die alten Stellen, da hören auch die römischen Merkmale der Lage auf.

Zeitschrift. XIV.

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Waren die Anhöhen in Gallien zu geweihten Orten bestimmt, so wird es auch am Oberrhein so gewesen sein, denn da wohnten auch Gallier und ein besonderer Beweis dafür ist der römische Stein des Merkurius auf dem großen Staufenberge bei Baden.

Von Singen geht ein Seitenthal nordostwärts, welches von dem Dorfe Königsbach an in zwei andere Thäler nach Ispringen und Stein süd- und nordöstlich ausläuft. Der kleine Bach, der aus diesen Thälern herabfließt und bei Singen in die Pfinz mündet, heißt Kämpfelbach, hat also einen celtischen Namen von caomh (flein, schmal) und bial (Wasser), woraus in der germanisirten Composition regelmäßig Kämpfel wird.

Die Kirche zu Königsbach liegt auf dem Vorsprung eines Hügels über dem Dorfe, der in die umgebenden Thäler eine freie Aussicht gewährt. An der nördlichen Kirchenwand ist ein römisches Relief eingemauert, das eine Frau zu Pferde sißend vorstellt und gut gearbeitet ist, aber keine Inschrift hat. Es ist 70 Cent. hoch und 50 Cent. breit. Vor der Kirche steht ein alter Lindenbaum, was ich darum anführe, weil vor vielen Kirchen und Kapellen Waldbäume gepflanzt wurden, was an die Sitte der Römer erinnert, die ihre heiligen Orte mit Fichten umgaben. Im Mittelalter hat man keine Obstbäume auf die Kirchhöfe geseht, wie man es jezt da und dort antrifft.

Die Kirche zu Bilfingen liegt von diesem Orte etwas entfernt ganz frei im Felde auf einer künstlich gebildeten Anhöhe im Durchschnittspunkte von vier Wegen, die nach Königsbach, Stein, Bilfin= gen und Wilferdingen führen. Nur der lezte ist jezt durch den Damm der Eisenbahn unterbrochen, aber auf der großen Karte von Baden noch als bestehend eingezeichnet. Der Kirchthurm bildet auch hier den Chor und es findet sich daran ein Eckstein, der als Ornament einer romanischen Kirche früherer Zeit gedient hat. Die Kirche steht also in einem Quadrivium, schon dieses leitet auf eine römische Anlage, und die Vermuthung wird bestärkt durch den römischen Stein, der an der Kirche zu Sandweier eingemauert war und folgende Inschrift hat: Diis quadrubîs vicani Bibienses de suo posuerunt 1. Das Dorf hieß also Bivium und widmete deshalb auch den Göttern der Kreuzwege ein Denkmal, das an dem Plaze der nachherigen Kirche aufgestellt war. Manche Kirchen stehen auch im Winkel eines alten Triviums.

1 Fröhner a. a. D. Nr. 58. Quadruvium ist die alte und Quadrubium bie bäuerliche Form, daher auch Vicani Bibienses statt Bivienses.

Zu Ersingen liegt die Kirche auf dem höchsten abgeschlossenen Punkte des Dorfes; sie ist neu, nur der Thurm, welcher den Chor bildet, aus dem 15. Jahrh. und 6,90 Meter breit. Bei Ersingen wurden zwei Erzmünzen von Maximian (aus den Jahren 276 bis 304) gefunden, die ich besize. Die eine, 26 Millimeter im Durchmesser, hat den Kopf mit dem Lorbeer und die Umschrift: imp. Maximianus p. f. aug. Auf der Rückseite einen stehenden nakten Genius mit Füllhora und Schale und den Buchstaben SF. Legende: Genio populi romani. Im Abschnitt: IITR (secunda Trevirensis officina). Die andere, 22 Mill. groß, zeigt den Kopf mit der Strahlenkrone und der Umschrift: imp. Maximianus aug. Rückseite stehende Frau mit einem Spieße und in der Rechten die Victoria oder Fortuna auf einer Kugel. Legende: (pax) augg.

Eine ähnliche Lage hat die Kirche zu Eisingen, dort ist der Chor. thurm aber am größten, denn jede Seite ist 9,80 Meter lang, und es wurden schon bei seiner Erbauung im 15. Jahrh. zu beiden Seiten gothische Fenster eingesezt, um dem Chor Licht zu geben. Die Lage der Kirche zu Stein stimmt mit obigen überein; sie hat aber die gewönliche Bauform aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts. Der neuesten Zeit gehören die Kirchen zu Langen- und Klein-Steinbach und Wilferdingen an; ihre Lage hat mit obigen Kirchen keine Aehnlichkeit.

Die Kirchen in sechs Orten des Pfinzthales sind durch Denkmäler als römische Stätten erwiesen, nämlich Söllingen, Singen, das ausgegangene Remchingen, Nöttingen, Ellmendingen und Königsbach und Erfingen durch Münzen; die übrigen, welche in Lage und Bauart mit diesen übereinstimmen, verrathen dadurch auch eine Entstehung in vorchristlicher Zeit. Das ganze Thal war demnach unter den Römern angebaut, wozu es auch sein ausgedehntes Ackerfeld, seine Wiefen, Weinberge und Waldungen vorzüglich eigneten. Es hatte sogar mehr Dörfer als jezt, denn Remchingen wurde mit Wilferdingen vereinigt, Neidlingen mit Stein und Trais mit Königsbach. Von Neidlingen ist nichts mehr übrig als der Namen der Feldgegend Neilinger Grund zwischen Stein und-Eisingen, von Remchingen noch ein Hof gleiches Namens und von Trais ebenfalls.

Von römischen Ortsnamen dieser Gegend ist nur Weiler übrig, celtisch sind Singen, Trais (von dreas Wohnort) und Bilfingen (von bille klein und fang Viehhof, Hürde), teutsch Königsbach, Wilferdingen, Stein, Berghausen, Steinbach, Dietenhausen, Remchingen, Nöttingen, die übrigen aus dem Celtischen germanisirt, denn die Umbildung der

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