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und 9 zu Fuss angelegt sei, könne aber keinen einzigen actus possessorius der erhobenen Steuer nachweisen, jedenfalls sei Saarburg im Westreich als Schlüssel und Vormauer des Landes Lothringen seit Menschengedenken von aller Steuer befreit und in quasi possessione libertatis. Es sei nicht zu ersehen, wie diese über Menschengedenken dem Herzogtum Lothringen zuständige Stadt dem Reiche contribuiren solle; wie in possessorio, so sei auch in petitorio nichts zu erhalten, da die Stadt nie contribuirt und deshalb nach dem Regensburgischen Reichsabschied von 1548 bei freiem Sitz unturbirt zu lassen sei. Deshalb, weil man im geringsten nicht fundirt sei und anders nicht denn endliche Verlustigung zu erwarten habe, sei man, um Schimpf, Spott und Schanden zu verhüten, bei Zeiten von dieser baufälligen Sache abgestanden und habe dieselbe tacite fallen und sitzen lassen.

Cum laudandus sit animus lites execrantis et sibi in tempore prospicientis, id tenta quod potes, ne ponderis onere pressus succumbat labor et frustra tentata relinquas.

Der Fiskus habe dem umsomehr nachgelebt, als der Vertrag mit Lothringen auf dem Reichstag zu Nürnberg anno 1542 die Ansprüche des Reichs ganz und gar zu Boden stosse, indem die Eigenschaft von Saarburg als Reichsstadt und mehrmalige Zahlung von Reichsanlagen nicht zu erweisen sei.

Nur um des Reiches Praesumtion zu wahren, habe er bei jeder Gelegenheit und insbesondere nach Beschlussfassung über Türkenhülfe auf den Reichstagen von 1594 und 1598 die Stadt Saarburg ad videndum vor das Kammergericht geladen, auf Excipiren der Gegenpartei duplicirt, auf Repliciren tripliciret, habe aber schlechte Hoffnung etwas zu erhalten, da kein actus possessorius perceptarum collectarum vorhanden, auch die Stadt nie auf Reichstagen erschienen, Session und Votum gehabt, Reichshülfe ihresteils bewilligt und jemals erlegt habe.

Der Kaiser möge nun ermessen, was zu thun sei, wenn er in seiner Kanzlei nicht andere Beweismittel habe, so werde im Recht nichts zu erhalten sein.

Die Namen Saarburg und Saarbruck würden durcheinander gebraucht und man könne nicht wissen, welche Stadt in der Reichsmatrikel gemeint sei.

Er habe alle Akten und Urkunden gelesen, aber nicht eines nestelwerths Beweises gefunden, deshalb billig die Stadt unturbirt zu lassen.

Seitdem scheint die Stadt wegen der Reichsanlagen nicht weiter in Anspruch genommen zu sein.

Aus dem Ausgange des Prozessverfahrens erhellt schon, dass auch in dem Beweisverfahren vor den Ensisheimer Beamten irgend welche Anhaltspunkte dafür, dass die Stadt jemals Reichsstadt gewesen, wie ja denn auch nach unserer heutigen Kenntnis nicht anders zu erwarten war, nicht zu Tage getreten sind. In der That bieten denn diese Beweisverhandlungen für die Behauptung des Fiskals weiter nichts, als dass einige ältere Personen von Dritten gehört haben wollen, dass man früher erzählt habe, die Stadt sei vor alten Zeiten reichsunmittelbar gewesen, dass ferner die Stadt in einem neueren gedruckten Werke als Reichsstadt genannt werde, ohne dass es noch feststehe, ob damit. die hier in Frage kommende Stadt oder eine andere gleichen Namens gemeint sei.

Dagegen hat das Beweisverfahren das negative Ergebnis gehabt, dass die Vertreter des Herzogs mit viel Geschick sowohl durch Zeugenaussagen als durch eine grosse Anzahl beigebrachter Urkunden und endlich durch den Augenschein in Saarburg selbst den vollen Beweis dafür erbracht haben, dass thatsächlich die Stadt schon lange unter der Botmässigkeit der Herzöge stand.

Endlich ist das Beweisverfahren aber auch für die Geschichte der Stadt von Bedeutung, indem durch die Verbriefung in dem Beweisprotokolle uns mancherlei Thatsachen und Vorgänge erhalten sind, deren Kunde ohnedem wohl verloren gegangen sein würde. Deshalb bietet dieses Protokoll auch heute noch ein lebendiges Interesse.

Das Beweisverfahren schliesst sich sachlich streng an die bereits erwähnten, von dem Lothringer Anwalte am 30. Juni 1554 eingereichten Defensional-Artikel an, deren Wortlaut in 25 Punkten der folgende ist:

Zunächst wird Protestation gegen Gericht erhoben, der Herzog will sich nur soweit eingelassen haben, als er zu thun schuldig Kläger müsse erst beweisen, dass die Stadt schuldig; jedenfalls sei dieselbe in quasi possessio libertatis; zum Ueberfluss stellt er folgende Sätze auf

1. Dass Fiscal ausdrücklich Bürgermeister und Rat der Stadt Kaufmannssarbruck verklagt habe.

2. Die Stadt in Lothringen heisse nicht Kaufmannssarbruck, sondern einfach Sarburg.

3. Die Stadt habe niemals einen Bürgermeister, sondern stets einen Schultheiss und Rat gehabt und noch.

4. Es gebe viele Städte, die Sarburg und Sarbruck heissen und unterschiedlich seien.

5. Schultheiss und Rat von Sarburg seien nicht geladen, sondern nur Bürgermeister und Rat.

6. In der Reichsordnung sei vorgesehen, dass allein die in des Reichs Anschlägen zu begreifen, welche keiner andern Herrschaft, sondern dem Reich unmittelbar unterworfen.

7. Die Stadt sei von Alters her dem Herzogtum Lothringen incorporirt und einverleibt.

8. Die Stadt habe dem Herzog als ihrem rechten Herrn geschworen und erkenne ihn noch als solchen.

9. In der Stadt habe der Herzog allerlei hohe und niedere Oberkeit, Buss und Frevel und allein die Delinquenten zu begnadigen. 10. In der Stadt habe der Herzog einen besonderen Amtmann, der dort zu gebieten und verbieten habe.

11. Die Bürger zu Sarburg halten sich für lothringisch.

12. Haben allezeit und noch dem Herzog als einzigem Herrn in Krieg und sonst als Unterthanen zu dienen und das gethan. 13. Herzog hatte und hat in der Stadt alle Ringmauern, Türme und Posten inne.

14. An den Stadtthoren standen immer und noch nur die alten lothringischen Insignia und sonst kein ander Wappen.

15. Die Stadt hat alle Freiheiten vom Herzog und kein andre als lothringische Fähnlein.

16. Die Stadt hat alle Lehen von Lothringen und weder Stimme, noch Stand, noch Lehen vom Reiche und ist nie Reichsstadt gewesen.

17. Die Stadt ist Eigentum des Herzogtums Lothringen und in dessen Anschlägen begriffen.

18. Wer nicht in den Anlagen und Zahlregister angeschrieben, ist auch zu zahlen nicht schuldig.

19. Stadt steuert nur dem Herzog und hat nie dem Reich Steuer gegeben.

20. Nach neustem Augsburgischem Abschied seien diejenigen, so hievor

eine Anlage nicht gezahlt haben, als in possessione vel quasi possessione libertatis vor endlichem Austrag der Sache zu Zahlung nicht anzuhalten.

21. Die Stadt Sarburg habe nie etwas gezahlt und sei also in possessio vel quasi libertatis.

22. Herzogtum Lothringen habe sich mit der Kaiserl. Majestät und Reichsständen hierüber schon vereinigt.

23. In diesem Vertrag sei das Herzogtum mit allem Zugehör, als ein frei uneingezogenes Herzogtum anerkannt.

24. Das Herzogtum mit allem, was dazu gehört, sei laut dieses Vertrages mit Ausnahme eines besonderen Falles von der Jurisdiction des Reichs ganz quit, ledig und los.

25. Da die Stadt ein Zubehör des Herzogtums, so könne Prozess nur gegen das Herzogtum gerichtet sein.

Demgemäss werde beantragt: Zu erkennen, dass die Stadt nicht Kaufmannssarbrück, sondern Sarburg genannt, dem Herzogtum Lothringen unmittelbar als Glied angehöre und gar nicht dem Reiche unterworfen sei, in dessen Anschläge nicht gehöre und nichts zu zahlen schuldig sei.

Diesen gegenüber hat der kaiserliche Fiskal ausser 8 sogenannten gemeinen Fragstücken über Alter, Stand, Vermögen, Landesangehörigkeit, Bedeutung einer Zeugenaussage, Beredung, Verabredung und dergl. noch 15 besondere Gegenartikel aufgestellt und zwar :

1. Ob die Stadt Kaufmanns-Saarbrück an der Saar liege.

2. Ob die Gegend nicht Westerreich genannt werde, und die Stadt Kaufmanns Saarbrücken im Westerreich und nicht in. Lothringen.

3. Ob es eine Brücke über die Saar gebe, nach der die Stadt auch Kaufmanns Saarbrücken von etlichen Leuten geheissen werde, und ob es eine andere Stadt Saarburg in Lothringen gebe.

4. Woher und weshalb die Stadt den Zunamen Kaufmanns Saarbrücken gehabt habe.

5. Ob die Stadt von den Bürgern und von den Nachbarn, von Adligen und Andern als eine Stadt des heil. Röm. Reichs angesehen werde und bisher gehalten sei.

6. Ob die Stadt in deutschen Chroniken als eine Reichsstadt, Kaufmanns Saarbrück in Westerreich, bezeichnet sei.

7. Ob nicht allein die Herzöge von Lothringen, sondern auch ein Bischof von Metz und die Herrschaft Finstingen sich des Schutzes und Schirmes und anderes an und in dieser Stadt angemasst habe, ob Zeuge darüber Urkunden gelesen oder gehört. 8. Ob nicht der Bischof von Metz selbst dem Herzoge von Lothringen einiger Gerechtigkeit in der Stadt nicht verständig « sei; sich selbst Recht anmasse und die Stadt Kaufmanns Saarbrück nenne.

9. Was Zeuge wisse über die angemasste Gerechtigkeit des Herzogs von Lothringen und des Bischofs von Metz in der Stadt und woher und auf was Titel.

10. Ob Zeuge gehört habe, dass sowohl die Stadt selbst, als Kaiser, König und Reich dem Herzog oder dem Stift Metz kein Recht zugestehe.

11. Ob Zeuge in der Stadt keine Anzeichen kenne, wie Reichsadler, gemalt oder anders, welche beweisen, dass die Stadt Reichsstadt sei.

12. Ob die Stadt nicht den Reichsadler als Insiegel für sich und andere Gewerbe führe.

13. Ob Zeuge wisse, dass die Stadt von Alters her zu Reichsversammlungen wie andere Städte eingeladen und gefordert sei. 14. Ob Zeuge wisse, dass die Stadt sich auf solchen Versammlungen habe vertreten oder entschuldigen lassen.

15. Ob Stadt nicht von Kaisern und Königen Privilegien erhalten habe und noch geniesse.

Ueber jeden einzelnen dieser zahlreichen Sätze haben die Ensisheimer Beamten den Beweis zu erheben.

In ihrem dickleibigen Beweisprotokoll beginnen sie mit dem Berichte, dass sie, dem Auftrage des Gerichts folgend, sich am 4. März 1560 nach Zittersdorf bei Saarburg, gräflich Salmscher und v. Landsbergscher Herrschaft, begeben haben. Sie bekunden dann, mit welcher Eidesformel sie die einzelnen Zeugen verpflichtet haben, geben Abschrift ihres reichskammergerichtlichen Auftrags sowie der Beweisartikel des Herzogs und der Stadt, bekunden die an den Fiskal ergangene Mitteilung über die beabsichtigte Beweisaufnahme und geben Abschrift der Antwort desselben und der von demselben aufgestellten Artikel, nehmen die Vollmachten der Vertreter des Herzogs (Generalprokurator Bertrand Hungari de Bernay und Rat Nicolas de l'Escut), sowie des Saarburger Schultheissen Volmar und des Stadtschreibers Eber in das Protokoll auf, ebenso Schreiben des ausgebliebenen Zeugen Deutsch-OrdensComthur v. d. Fels, der ohne Befehl des Deutschmeisters nicht erscheinen will, und eines richterlichen Dekrets, worin die Beweisfrist um einige Monate verlängert wird, und beginnen alsdann mit dem Verhör der Zeugen, deren 104 erschienen sind.

Da jeder einzelne Zeuge über jeden einzelnen Artikel gefragt wird, also z. B. 104 Male schriftlich bezeugt wird, dass die Stadt Saarburg an der Saar liege, und da die Protokollierung so gewissenhaft ist, dass, wenn ein Zeuge über einzelne Artikel nichts weiss, noch

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