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hunderts mit der Sigle B bezeichnete, habe ich oben bei der Uebersicht über den Inhalt des cod. 5435 (C2) sogleich vermerkt, welche Urkunden nach Colloz in seiner Vorlage enthalten waren und an welcher Stelle sie dort standen. Ein Blick auf jene Tabelle zeigt unwiderleglich, dass B die gleichen Stücke in der gleichen Anordnung gebracht hat wie der cod. 5435; dieser und mit ihm natürlich der cod. Dupuy 244 sind nichts anderes als Abschriften desselben Kartulars des 12. Jahrhunderts, das auch Dom Colloz im Jahre 1784 benutzt hat, und das wohl ebenso wie das nach Mabillon in Dijon beruhende Original der unter Abt Richard angelegten Sammlung in den Stürmen der Revolution untergegangen sein wird.

Indessen sind noch an anderer Stelle dürftige Spuren eben jenes Kartulars erhalten, die, für unsere Ausgabe nur gelegentlich von Bedeutung, für die Geschichte der Ueberlieferung nicht ohne Interesse sind. In dem aus cod. lat. 17639 abgeschriebenen Ms. 184 der Stadtbibliothek von Verdun sind nämlich am Rande bei einer Anzahl von Urkunden beachtenswerte Verbesserungen eingetragen, die zum Teile den Abschriften von Colloz in der Coll. Moreau, zum Teile aber aus einem Ms. A(rmand) Buvignier entlehnt sind. Da ich aus den Noten auf den Wert dieser Hs. und auf ihre enge Beziehung zu dem Kartular des 12. Jahrhunderts schliessen musste, wagte ich die jetzige Besitzerin der Sammlungen Clouët-Buvignier, Mademoiselle Buvignier, um Auskunft und Besichtigung des Ms. zu bitten. Aufs liebenswürdigste empfangen, konnte ich doch nicht Einsicht in die Hs. erhalten, die nicht in Verdun selbst aufbewahrt wird. Doch versicherte Mademoiselle Buvignier, dass sich nur einzelne Blätter des vorigen Jahrhunderts aus einem Kartular von S. Vanne in ihrem Besitze befänden.

Der Stand der Ueberlieferung zwingt unverkennbar dazu, als nächstes Ziel der Ausgabe die möglichst getreue Wiederherstellung des Kartulars des 12. Jahrhunderts in Angriff zu nehmen. Darüber hinaus wird der Versuch zu machen sein, so weit als möglich Inhalt und Form des Kartulars des Abtes Richard aus der Ueberlieferung herauszuschälen. Von der in den Hss. gebotenen Anordnung habe ich allerdings völlig abgesehen und die Urkunden nach ihrer zeitlichen Folge zusammengestellt.

Die wichtigste Ergänzung der durch die Handschriften C1 und C2 dargestellten Sammlung bilden die schon erwähnten Abschriften des Dom Colloz in der Coll. Moreau; so weit sie vorliegen, verdienen sie

sogar unbestritten den Vorzug, weil sie allein die in den beiden Schwesterhss. gekürzten Unterschriften vollständig wiedergeben und weil sie frei von den zahlreichen Fehlern und Entstellungen dieser schlecht geschriebenen und nicht leicht lesbaren Hss. sind. Um so lebhafter ist zu bedauern, dass ein Teil der Abschriften von Colloz verloren ist; die noch vorhandenen sind in der chronologisch geordneten Urkundensammlung der Coll. Moreau an zwei Stellen in zusammenhängenden Faszikeln eingebunden, in Band X zu fol. 48 und Band XLVI fol. 200; auf fol. 201 beginnt der Text mitten in einem Satze der Urkunde No. VII, ein deutlicher Beweis, dass die Arbeit von Colloz nicht vollständig auf uns gekommenn ist.

Nur verhältnismässig wenige Stücke hat der fleissige Subprior von S. Airy nicht aus dem alten Kartular, sondern aus den damals noch vorhandenen Originalen abgeschrieben; auch sie befinden sich in der Coll. Moreau. Doch ist zu beachten, dass Colloz' Angabe aus dem Original nicht zu streng genommen werden darf, da einzelne Fehler es wahrscheinlich machen, dass auch diese Texte zunächst aus dem Kartular des 12. Jahrhunderts abgeschrieben und dann mit den Originalen nur collationiert wurden; dabei sind Fehler des Kartulars nicht bemerkt worden und unverändert stehen geblieben.

Für die Herstellung der Texte habe ich, wo sie vorhanden sind, die Abschriften von Colloz zu Grunde gelegt 1), indem ich die den Originalen entlehnten mit A, die auf das ancien cartulaire« zurückgehenden mit B bezeichnete; in diesen Fällen habe ich die Lesarten von C1 und C2 nur bei den Ortsnamen angegeben, aber ein für alle Mal darauf verzichtet, mit ihren Fehlern die Anmerkungen völlig überflüssig zu vermehren 2).

Wo ich auf C1 und C2 angewiesen war, folgte ich zwar C1, habe aber seine Fehler stillschweigend aus C2 verbessert, da ja beide Hss. von demselben Manne herrühren; nur die beiden gemeinsamen Fehler habe ich in die Varianten aufgenommen, da sie zum Teil wenigstens auf die Vorlage des 12. Jahrhunderts zurückgehen könnten; doch habe ich eine Reihe von Orthographica, die in beiden Hss. wiederkehren, stillschweigend verbessert, so weit sie offenkundige Eigen

1) In der Orthographie bin ich nur darin von ihnen abgewichen, dass ich, dem Brauch des 12. Jahrh. entsprechend, stets >e« statt »ae< eingesetzt habe, das Colloz fast durchweg schrieb. Auch setzte ich stets die Zahlzeichen.

2) Gelegentlich habe ich eine Ausnahme gemacht, um die Beziehung der Hss. zu einander, insbesondere die Abhängigkeit des mit D bezeichneten cod. lat. 17639 von C2 deutlich zu machen.

tümlichkeiten des Schreibers von C1 und C2 sind 1). Nur wo ich C2 allein zur Verfügung hatte, habe ich alle seine Fehler in den Anmerkungen gebucht, um eine Kontrole und Verbesserung des schlechten Textes zu ermöglichen.

Neben der Collection Moreau und den beiden Hss. C1 und C2 kommen anderweite Ueberlieferungsformen nur bei einzelnen Urkunden in Betracht. Einige Male leisten die aus dem Ms. Buvignier entnommenen Anmerkungen im cod. 184 zu Verdun gute Dienste; ich habe auf sie unter der Sigle B1 aufmerksam gemacht, um auch äusserlich ihre enge Beziehung zum Kartular des 12. Jahrhunderts hervorzuheben.

Auch die Chronik des Hugo von Flavigny mit F bezeichnet deren Autograph jetzt in der Kgl. Bibliothek zu Berlin aufbewahrt wird,2) hat mehrfach zu Rate gezogen werden müssen; Hugo hat die beiden Urkunden Berengars und Johanns XII. vollständig in sein Werk aufgenommen, ausserdem aber noch den Inhalt einzelner älterer Urkunden angegeben; wenn ihm auch die Originale selbst zugänglich gewesen sein können, so hat er doch wenigstens die Papsturkunde sicherlich einer Abschrift entnommen 3); man wird jedenfalls die Möglichkeit ins Auge fassen, dass ihm das Kartular des Abtes Richard vorgelegen hat.

Verhältnismässig günstig steht es nur mit der Ueberlieferung der beiden Gesamtbestätigungen Heinrichs II. (No. XXIV) und Konrads II. (No. XXXIII); von beiden sind unmittelbar aus dem Original schöpfende Abschriften (A1) aus dem Jahre 1546 in den Papieren Zwichems auf der Universitätsbibliothek zu Göttingen vorgefunden worden1); für Konrad II. stand ausserdem noch eine aus dem Original abgeleitete Kopie in der Pariser Collection de Lorraine (A2) zur Verfügung 3).

Endlich sind für den Text weniger Urkunden auch ältere Drucke berücksichtigt worden: Baluze, Capitularia regum Francorum (K) und Calmet, Histoire de Lorraine (L), Bréquigny-Pardessus (P) und die Gallia christiana XIII (G) scheinen das Kartular des 12. Jahrhunderts benutzt zu haben. Auch bei ihnen habe ich mich begnügt, die kritisch

') Vor den Liquiden setzt der Schreiber sehr häufig »a« statt »e«, wie das auch sonst bei Romanen vorkommt; die Folge ist, dass auch an andern Stellen beide Buchstaben mit einander verwechselt werden.

2) Vgl. Rose, Verzeichnis der Meermanhandschriften des Sir Th. Philipps in der Kgl. Bibliothek zu Berlin 321 ff.

3) Vgl. darüber unten S. 362.

4) Vgl. W. Meyer, Verzeichnis der Hss. im Preussischen Staat. Göttingen. II, 192. 5) Vgl. Marichal, Catalogue de la Collection de Lorraine (Recueil de docu

ments sur l'hist. de Lorraine XVIII).

wichtigen Lesarten zu verzeichnen, da Vollständigkeit zwecklos gewesen wäre.

In wie weit bei einer Urkundenausgabe die Varianten der verschiedenen Ueberlieferungsformen anzuführen oder wegzulassen sind, wird nie in allgemein anerkannter Weise bestimmt, sondern vom individuellen Ermessen des Herausgebers entschieden werden. Für mich war schon der äussere Umstand massgebend, dass ich die Abschriften aus der Coll. Moreau nicht selbst genommen hatte, dass ich insbesondere C1 nur ganz kurze Zeit hatte einsehen können, dass endlich während des Druckes keine einzige Hs. mir zugänglich war, um mich bei der Angabe von Lesarten zur grössten Vorsicht zu zwingen. Ich bescheide mich damit, den Geschichtsfreunden einen möglichst zuverlässigen Text der interessanten Urkunden darzubieten und die damit verknüpften Fragen diplomatischer Kritik anzuregen und, wie ich hoffe, ihrer Lösung näher zu bringen.

II. Die Gründungsurkunden des Klosters.

Im 12. Jahre seiner Regierung führte Bischof Berengar von Verdun, der im Jahre 940 den bischöflichen Stuhl bestiegen hatte, in dem bisher von Klerikern besetzten Kloster des h. Vitonus in einer Vorstadt von Verdun die Benedictinerregel ein. Ueber die Neuordnung und die Ausstattung des Klosters stellte er selbst eine Urkunde aus und liess sie am 21. Januar 952 durch König Otto I., am 9. Januar 956 durch Papst Johann XII. bestätigen.

Die eigentliche Stiftungsurkunde Berengars (No. XI)1) ist in zwei Fassungen auf uns gekommen: die eine bisher unbekannte (XI) ist nur durch die Hs. C2, die andere (XI) ausser in ihr auch noch in der Coll. Moreau aus dem Originale« überliefert 2). Beider Einleitungen stimmen nahezu wörtlich überein, erst in der Besitzaufzählung gehen sie auseinander. XI ist hier formal vielfach gekürzt, enthält dafür jedoch zwei sachlich erhebliche Zusätze; in dem ersten gleich am Beginne werden der Kirche der Bann und andere öffentliche Rechte3) in dem sie umgebenden Stadtviertel Escance zugesprochen, in dem zweiten am Schlusse werden einige in XI nicht genannte Kirchen aufgezählt. Dafür bringt XIa eine Bestimmung über Leistungen der Klosterleute für die Stadtmauer, die in XI nicht enthalten ist, und bricht mit ihr ohne 1) Im folgenden bezeichnen die Zahlen durchweg die Nummer in unserer Ausgabe.

2) Ueber den Text des Hugo von Flavigny vgl. unten S. 355.
3) Darunter auch der Wasserlauf der Escance (,cursum aque').

irgend welchen Schluss ab; die ganze Dispositio mit allen Schlussformeln einschliesslich der Datierung ist nur durch XIb überliefert.

Die Entscheidung über das Verhältnis beider Fassungen zu einander hat sich auf die späteren Urkunden zu stützen, die auf das Privileg Berengars zurückgehen: das Besitzverzeichnis ist zum Teil 952 durch Otto I. (No. XII) und 980 durch Otto II. (No. XX) vollständig bestätigt worden; die nahezu wörtliche Wiederholung stimmt durchweg mit der formal ausführlicheren, sachlich engeren Fassung in XI überein und sichert damit deren Echtheit. Nur von einer Leistung für die Stadtmauer weiss keine der Bestätigungen etwas, und auch in dem Privileg Johanns XII. (No. XIII) ist davon keine Rede; da überdies nicht einmal in die zweite, durch XIb überlieferte Fassung der Berengarurkunde der darauf bezügliche Satz aufgenommen ist, so wird er nicht als echt zu betrachten sein. Er kehrt allerdings in der Urkunde des Bischofs Wigfrid für das Kloster (No. XV) wieder, aber indem er hier am Schlusse des Kontextes erst nach der Korroborationsformel angefügt ist, wird er schon von vornherein als spätere Zuthat charakterisiert. Und wenn Bischof Theoderich sich in seiner 1047-1053 den Mönchen ertheilten Urkunde (No. XL) ausdrücklich auf die Verfügungen seiner Vorgänger Berengar und Wigfrid beruft und nahezu wörtlich die Anordnung Wigfrids über die Verpflichtung der in der Vorstadt wohnenden Klosterleute zum Unterhalt der Mauer wiederholt, so liegt der Gedanke sehr nahe, dass die Mönche die ihnen erwünschte Bestimmung erst damals den Urkunden früherer Bischöfe hinzugesetzt haben, um sie sich von Theoderich bestätigen zu lassen; Misshelligkeiten zwischen der Abtei und den bischöflichen Beamten über jene Leistungen mögen den äusseren Anlass zu solchem Verfahren gegeben haben. Indessen abgesehen von dem hier besprochenen Schlusssatz wird die sachlich engere Fassung der Urkunde Berengars, No. XIa, durchaus für echt zu gelten haben.

Wie wir den in XI fehlenden Zusatz zu XIa als Fälschung ausgeschieden haben, halten wir auch diejenigen Abschnitte von XI, durch welche das Besitzverzeichnis von XI erweitert wird, für spätere Interpolationen. Der Schluss mit der Aufzählung von 4 durch Berengar geschenkten Kirchen: »in Piet villa ecclesiam I, in Donnaus ecclesia I, in Moruilla I, in Marua I« kann schon um deswillen der echten Urkunde nicht angehört haben, weil, wenn nicht alle, so doch sicher die drei erstgenannten Kirchen ') nicht durch Berengar, sondern erst durch seinen Nachfolger Wigfrid an S. Vanne gekommen sind. Unter dem.

1) Ueber Marre vgl. unten S. 363. 366 und No. XV; für die andern Kirchen die Urkunden No. XVII und XX.

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